GeldanlageWas genau sind ETFs und ist es klug, gerade jetzt einzusteigen?

Lesezeit 6 Minuten
ETF Getty Images

Sogenannte ETFs werden immer beliebter, weil sie als sichere Geldanlage gelten.

  • Finanzexperten empfehlen ETFs schon seit Jahren als gute Geldanlage für einen langfristigen Vermögensaufbau.
  • Gerade in der Corona-Krise haben die Indexfonds an Beliebtheit gewonnen und werden zum Beispiel für die Altersvorsorge angelegt.
  • Aber was sind ETFs eigentlich genau und wie sicher sind sie? Wir Checken die Fakten und klären die häufigsten Fragen.

Düsseldorf/Bremen/Berlin/Köln – Finanzexperten empfehlen ETFs seit Jahren als Geldanlage für den langfristigen Vermögensaufbau und sogar als Altersvorsorge. In der Corona-Krise sind sie besonders beliebt bei Neu-Anlegern – aber was sind ETFs eigentlich genau? Und wie klug ist es, gerade jetzt in die Indexfonds zu investieren? Das erklären Experten für Geldanlagen.

Was sind ETFs?

Exchange Traded Funds, kurz ETFs, sind an der Börse gehandelte Indexfonds. Sie bilden einen Index nach, zum Beispiel den Deutschen Aktienindex (Dax) oder den MSCI World. Somit sind sie breiter gestreut als Aktien einzelner Unternehmen. Sie sind passiv gefasst, vereinfacht heißt das: Steigt der Index im Wert, legen dessen Indexfonds zu. Ein aktives Management durch einen Fondsmanager entfällt.

„Das spart Kosten“, erklärt Prof. Ingrid Größl, Vorstand des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg. „Dafür gibt es jedoch im Umkehrschluss keinen Manager, der in gewissen Situationen mit guten Entscheidungen das Ruder in die richtige Richtung lenken könnte“, gibt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu bedenken.

Was macht ETFs so beliebt?

In Zeiten der Niedrigzinsphase empfehlen viele Experten die Indexfonds als vergleichsweise sichere Geldanlage mit guten Renditechancen. Sie lassen sich außerdem mit geringem Aufwand selbst verwalten, etwa über ein Wertpapierdepot und gegebenenfalls einen Sparplan.

Wer in ETFs investieren möchte, muss ein Wertpapierdepot eröffnen und kann dann Einmalbeträge investieren oder einen Sparplan anlegen: In den zahlen Sparer dann Monat für Monat kleinere Beträge ein, wovon ETF-Anteile gekauft werden. Bei vielen Banken ist das bereits ab einem Anlagebetrag von 50 Euro monatlich möglich, bei manchen schon ab 25 Euro. Ausschüttende Sparpläne zahlen Dividenden aus, thesaurierende Sparpläne behalten sie ein und legen sie wieder an, sodass eine Art Zinseszins-Effekt entsteht, erklärt Finanztip.

Auch für die Altersvorsorge empfehlen Experten ETFs in Kombination mit einer langfristigen Anlage. „Wer lange angespart hat, kann den Spieß später umdrehen und sich eine Fondsrente auszahlen lassen, ohne gleich alles zu verkaufen“, rät Thomas Mai von der Verbraucherzentrale Bremen. Auch als Rentner können Anleger ihr Erspartes also noch lange halten und müssen nicht alles aufs Sparbuch packen.

Was müssen Anleger beachten?

Breit streuen und lange halten, sind die wichtigsten Regeln der Experten. ETFs sind langfristige Anlagen: „Das in Aktien und ETFs angelegte Geld muss mindestens 10 bis 15 Jahre unangetastet bleiben“, rät Verbraucherschützer Mai. Anleger sollten für den Notfall über genügend finanzielle Reserven verfügen.

Und Finanztip erinnert daran, dass dasselbe für einen Sparplan gilt, „15 Jahre sollten Sie idealerweise durchhalten.“ Dafür habe in der Vergangenheit ein weltweiter ETF auf den MSCI World über 15 Jahre nie einen Verlust gemacht – sondern im Schnitt 8 Prozent Plus pro Jahr. Selbst in Zeiten globaler Wirtschaftskrisen wie der Dotcom-Blase oder der Weltfinanzkrise.

Welcher ETF ist der richtige?

„Anleger sollten breit über Regionen und Branchen streuen, also ETFs mit vielen Titeln wählen“, rät Thomas Mai. Der MSCI World Index fasst zum Beispiel Aktien der 1.600 größten Unternehmen weltweit zusammen, der Dax dagegen nur Titel der 30 größten Deutschlands. Statt auf Eurostoxx 50 setzen Anleger beispielsweise besser auf Eurostoxx 600.

Bei der Wahl des ETF lohnt außerdem ein Blick in die Details. Datenblätter beschreiben Wertentwicklung, Anlageziele, Vermögensaufteilung sowie Chancen und Risiken des Fonds. Oft wird ein Risiko-Ertrags-Indikator angegeben, der die Gefahr von Verlusten und die Optionen von Gewinnen auf einer Skala taxiert, erklärt Verbraucherschützer Scherfling. Für sich allein bringt diese Information aber wenig. Stattdessen sollte man im Faktenblatt genau nachlesen, was der Fonds mit dem Geld macht.

Für Scherfling liefert das Fondsvolumen einen wichtigen Eindruck. Wurden 20 Millionen Euro oder eine Milliarde Euro investiert? Bei einem schon länger am Markt agierenden Fonds sei ein vergleichsweise geringes Volumen tendenziell ein Warnsignal. „Da hat wohl etwas nicht funktioniert und diejenigen mit größerem Volumen haben im Vergleich wohl etwas besser gemacht."

Wie riskant sind ETFs?

Der wesentliche Risikofaktor ist der Index, da sind sich die Experten einig: „Das Risiko, das man mit einem ETF eingeht, ist das Risiko der Aktien, die im Index sind“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Generell gilt laut Vermögensverwalter Markus Richert aus Köln: Je breiter der Index ist, desto höher ist die Liquidität des abgebildeten Marktes. Umgekehrt steigt mit der Spezialisierung das Anlagerisiko. Denn bei sehr breiten ETFs fällt es weniger ins Gewicht, wenn die Aktie eines Unternehmens im Index in den Keller geht. Umfasst der Index aber nur zehn Titel, hat eine Niete stärkere Auswirkungen auf die Entwicklung des ETF.

Vermögensverwalter Markus Richert beobachtet, dass ETFs inzwischen „für mehr oder weniger alles Mögliche“ aufgelegt werden, wie er es formuliert. „Wer darin investiert, muss schon genau wissen, was er macht“, sagt der Experte. Er rät Anlegern: Kaufe nur das, was du kennst und für das du ein Gefühl hast.

„Physisch oder synthetisch replizierend“ – was soll das heißen?

Das sind zwei Möglichkeiten, wie der ETF den Index nachbildet. Davon hängt auch ab, wie die Risiken des Indexfonds abgesichert sind. Repliziert er physisch? Dann kauft er entsprechend ihrer Gewichtung im Index die Aktien der Unternehmen und hält sie im Depot. Ein physisch replizierender Dax-ETF besitzt tatsächlich die Titel der 30 Dax-Konzerne im entsprechenden Verhältnis in seinem Portfolio. Synthetisch replizierende Fonds dagegen bauen den Index mit Finanzinstrumenten nach, erklärt Jürgen Kurz. Das können zum Beispiel Optionsscheine sein.

Das könnte Sie auch interessieren:

So oder so: Die Risiken bei einer Pleite der Fondsgesellschaft sind ähnlich, erklärt Jürgen Kurz. Physisch replizierende Fonds gehörten zum Sondervermögen und seien nicht Teil der Insolvenzmasse. Synthetisch replizierende ETFs gehörten zwar theoretisch zur Insolvenzmasse, müssten aber zu 100 Prozent abgesichert sein, in der Regel mit Staatsanleihen oder Bargeld, so Kurz.

Was muss man bei ETFs in der Corona-Krise beachten?

Nicht von starken Schwankungen verunsichern lassen und möglichst langfristig anlegen, raten Experten. Prof. Ingrid Größl warnt: Es wäre ein Fehler, Aktien, die für lange Zeit im Depot liegen sollen, wegen der Corona-Krise zu verkaufen. „Auch diese Krise wird eines Tages ausgestanden sein, und die Lage an den Börsen wird sich wieder normalisieren“, so Größl. Ein ständiges Auf und Ab an den Aktienmärkten sei letztendlich nichts Ungewöhnliches.

„Die Corona-Krise hatte an der Börse eine erstaunlich kurze Lebensdauer“, berichtet Jürgen Kurz. Auf einen massiven Absturz sei ein ebenso schneller Anstieg gefolgt. Manche Indizes seien wieder auf Vor-Corona-Niveau und sogar darüber hinaus gestiegen. „Und das obwohl die wirtschaftlichen Folgen der Krise sich bereits deutlich in den Unternehmensergebnissen zeigen“, sagt Kurz. Er führt das auf die staatlichen Hilfsprogramme zurück, die Hoffnung auf eine schnelle Erholung der Konjunktur machten, und auf das viele billige Geld im Markt. „Viele Marktteilnehmer trauen dem Frieden allerdings nicht wirklich“, warnt Kurz. „Anleger sollten daher in den kommenden Monaten mit stärkeren Schwankungen rechnen und auch mit dem ein oder anderen Rückschlag."

Wie klug ist es, genau jetzt in ETFs zu investieren?

Wann genau man einsteigt, ist bei ETFs nicht wichtig, solange man sie lang genug hält und nicht vorzeitig verkauft. „Grundsätzlich gilt auch jetzt – Krise hin, Krise her: Je länger die geplante Anlagedauer ist, desto weniger spielt der Anlagezeitpunkt eine Rolle“, erklärt Jürgen Kurz. Das bestätigen die Experten von Finanztip: Selbst auf dem bisherigen Tiefpunkt des Weltindexes MSCI World im März 2020 habe er noch acht Prozent über seinem Stand zehn Jahre zuvor gelegen.

Ein abschließender Tipp der Experten?

Der Rat von Finanztip: Anleger sollten bei dem derzeitige Auf und Ab nicht täglich ins Depot schauen und Angst bekommen, wenn ihre Anlage an Wert verloren hat. „Schauen Sie stattdessen in einem Jahr mal wieder rein.“

Ähnlich der Tipp von Finanzplaner Richert: „Anlegen, zehn Jahre warten – und dann schauen, was aus der Anlage geworden ist.“ Kaufen und halten, diese Devise sei über alle Marktphasen hinweg immer noch die beste. (mit dpa/tmn)

KStA abonnieren