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Kleiner KüchentrickWie die Kristalle im Honig wieder verschwinden

Lesezeit 5 Minuten
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Der einstmals flüssige Honig ist grieselig geworden. 

Herrlich samtig und cremig auf der Zunge: So wünschen sich die meisten den Honig auf ihrer Frühstücksstulle. Knirscht die süße Spezialität hingegen fast wie Sand zwischen den Zähnen, sind viele Honig-Fans erst einmal skeptisch.

„Wenn Verbraucher nach einiger Zeit grobe Kristalle im flüssigen Honig entdecken, heißt es schnell: Das Produkt muss doch mit Zucker gepanscht sein“, berichtet Marion Hoffmann von der Honiguntersuchungsstelle des Deutschen Imkerbundes. Dabei ist bei der Kristallisierung der honigeigene Zucker am Werk – das Produkt ist weiterhin genießbar.

Honig besteht zu 80 bis 85 Prozent aus Zucker

Um zu verstehen, warum sich der Honig verändert, muss man wissen, was in der goldgelben Masse steckt. „Honig besteht zu 80 bis 85 Prozent aus Zucker und aus 15 bis 20 Prozent Wasser“, erläutert Hoffmann. „In geringen Mengen sind noch weitere Stoffe enthalten, zum Beispiel Enzyme oder Mineralstoffe.“

In naturbelassenem Honig stecken zudem oft Blütenpollen. Die sind so winzig, dass sie bei der Verarbeitung des Honigs nicht im Sieb des Imkers hängen bleiben. Aus dem industriellen Honig, den es meist im Supermarkt zu kaufen gibt, werden hingegen fast alle festen Bestandteile wie Pollen herausgefiltert.

Sie kommen vom Traubenzucker: Kristalle, die keiner mag

Mit Fruchtzucker und Traubenzucker tragen gleich zwei Zuckerarten entscheidend zur herrlichen Süße das Honigs bei. Doch nur der Traubenzucker kristallisiert: Mit der Zeit vernetzen sich die Moleküle und bilden Gitter. Startpunkt sind dabei die sogenannten Kristallisationskeime: „Das können etwa Pollen oder kleine Luftbläschen im Honig sein“, erläutert Hoffmann.

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Die Folge: Der Honig verändert seine Konsistenz. Einige Honige werden insgesamt fester, in ihnen haben sich kleine Kristalle gebildet, die auf der Zunge kaum zu spüren sind. Andere Honige bleiben flüssig, sind aber durchsetzt von groben Kristallen. Bei Supermarkt-Honigen lassen sich diese Prozesse fast nie beobachten, weil schlichtweg die möglichen Kristallisationskeime fehlen.

Bei Imker-Honigen ist die Kristallisation jedoch nur eine Frage der Zeit: Bei einigen Honigen bekommt man das aber gar nicht mit, weil das Glas dann schon längst ausgekratzt ist. Wie schnell sich der Honig verändert, hängt vom Traubenzuckergehalt der jeweiligen Sorte ab.

Akazienhonig bleibt rund drei Jahre klar

„Besonders schnell bildet Rapshonig Kristalle, das dauert nur ein paar Tage. Generell neigen Frühlingshonige eher dazu, fest zu werden“, weiß Joachim Kieschke, Imker in Biberach an der Riß (Baden-Württemberg). Dazu zählen etwa auch Löwenzahn- oder Obstblütenhonige. In Waldhonigen, die meist eher flüssig sind, steckt hingegen nur wenig Traubenzucker. Bei Akazienhonig dauert es rund drei Jahre, bis man erste Kristalle sichten kann.

Übrigens: Der Imker oder die Imkerin kann Einfluss darauf nehmen, wie sich die Kristallbildung entwickelt. Vor dem Abfüllen ins Glas wird der Honig in der Regel gerührt, wie Sebastian Faiß, Imker in Aichwald (Baden-Württemberg) erklärt: „Man kann sich das bildlich gut vorstellen: Durch das Rühren werden die Ecken und Kanten der Zuckermoleküle rund geschliffen. Sie können sich nicht mehr so gut verbinden.“ Die Folge: Der Honig wird cremig und bleibt es zumeist auch.

Mit Wärme wird der Honig wieder cremig oder flüssig

Wurde der Honig nicht ausdauernd genug gerührt, läuft die Kristallbildung unkontrollierter ab. Dann entstehen die eher groben Kristalle, die unangenehm auf der Zunge piksen und die Frage „Was nun?“ aufwerfen. Dabei gibt es ein Mittel, um den Honig wieder flüssig und cremig zu bekommen: Wärme. „Man kann den Honig für mehrere Stunden auf etwa 30 bis 35 Grad erwärmen“, erklärt Kieschke.

Höhere Temperaturen sollte man dem Honig jedoch nicht zumuten: „Sonst werden die guten Inhaltsstoffe wie Enzyme, Vitamine und Aminosäuren zerstört“, so der Imker. So verlockend es auch erscheinen mag, die Abkürzung über die Mikrowelle zu nehmen: Die Honig-Experten raten nicht nur aufgrund der hohen Temperaturen davon ab. „Der Honig neigt in der Mikrowelle dazu, überzukochen, das wird eine klebrige Angelegenheit“, warnt Hoffmann.

Besser ist es, den Honig mit ordentlich Geduld im Wasserbad, auf der Heizung oder auf der sonnigen Fensterbank zu erwärmen. „Man kann ihn auch bei 50 Grad kurz in den Backofen stellen – sollte ihn dann aber im Auge behalten“, sagt Faiß. Egal, auf welchem Wege der Honig in die Wärme geschickt wird: Wichtig ist, ihn regelmäßig mit einem Löffel durchzurühren.

Knusperflakes-Gefühl für Hautpeelings gefragt

Übrigens: Honig mit groben Kristallen hat auch seine Fans. „Immer wieder bekommen wir Anfragen von Liebhabern, die gezielt nach grob kristallisiertem Honig suchen und keinen finden“, berichtet Faiß. Diese Kunden schätzen das „Knusperflakes-Gefühl“ auf der Zunge. Auch als Zutat für selbstgemachte Hautpeelings ist der kristallisierte Honig durchaus gefragt.

Wie sich ein Honig mit der Zeit entwickelt, lässt sich beim Kauf kaum absehen. „Wenn man weiß, aus welcher Imkerei der Honig stammt, kann man versuchen, ihn dort zu reklamieren, wenn sehr grobe Kristalle entstanden sind“, schlägt Hoffmann vor. Ein Grund zur Beanstandung ist auch, wenn sich der Honig in zwei Schichten teilt. „Auch das kann passieren, wenn der Honig nicht lang genug gerührt wurde“, erklärt Hoffmann.

Bei der sogenannten Entmischung setzt sich der Fruchtzucker deutlich erkennbar über dem Traubenzucker ab. Die obere Schicht hat einen hohen Wassergehalt – und bietet ein optimales Umfeld für Gärungsprozesse. Hat sich oben ein fluffiger Schaum gebildet, zeigt das, dass eine Gärung eingesetzt hat. Um dem vorzubeugen, sollte man den Honig richtig lagern. „Am besten kühl, trocken und schattig bei sieben bis zehn Grad“, fasst Kieschke zusammen. (dpa/tmn) 

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