RechtsfrageWen darf ich wann und wo fotografieren und wie darf ich es teilen?

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Darf ich ein Foto im Internet teilen, wenn darauf auch fremde Menschen zu sehen sind?

Halle – Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) hat im vergangenen Jahr mehr Verwirrung als Ordnung und Sicherheit gestiftet. Eine Kita schwärzte die Erinnerungsfotos in den Abschlussmappen der Kinder, bei der Einschulung hängen plötzlich Schilder, dass niemand mehr fotografieren darf - selbst im Urlaub ist man mittlerweile verunsichert, was ins Fotoalbum darf und was nicht.

Fakt ist: Wer Fotos im privaten Kreis zeigt, muss sich nichts vorwerfen lassen. Wer allerdings Bilder ins Internet hochlädt, begibt sich auf unsicheres Terrain. Denn werden dabei die Rechte Fremder verletzt, kann es durch Abmahn-, Prozess- und Anwaltskosten schnell zu Strafen im vierstelligen Bereich kommen. Daniel Heymann ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Er kennt die Fallstricke und weiß Rat.

Was ist beim Fotografieren von Kindern zu beachten?

Fotografieren und das spätere Veröffentlichen der Fotos sind zwei unterschiedliche Dinge. Während ersteres bisher nicht gesetzlich festgelegt war, regelt das Kunsturhebergesetz (KUG) die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bildnissen. Das hat sich durch die Datenschutzgrundverordnung geändert.

Nunmehr sei schon das Anfertigen auch Teil des Datenschutzrechts, es gelte das Recht am eigenen Bild, sagt Daniel Heymann. Wer eine andere Person fotografieren möchte, braucht demnach eine Einwilligung.

Bei noch geschäftsunfähigen Kindern - also Kindern bis sieben Jahre - genüge die Einwilligung der Eltern als gesetzliche Vertreter. „Bei Jugendlichen ist allerdings eine 'doppelte' Einwilligung erforderlich, das heißt die der Eltern und die des Kindes“, so Heymann. Das galt bisher ab einem Alter von 14 Jahren und sollte sicherheitshalber so beibehalten werden, rät der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Wichtig: Sind beide Elternteile gesetzlicher Vertreter, so ist auch die Einwilligung beider erforderlich.

Dürfen Eltern die Bilder ihrer Kindern bei Facebook hochladen oder über Whatsapp verschicken?

Ein paar Klicks und die Kinderbilder vom letzten Ausflug mit Freunden stehen online. Bevor Eltern solche Aufnahmen im Netz veröffentlichen, sollten sie sich aber kritisch damit auseinandersetzen. Rein rechtlich sei auch hier nach dem Alter der Kinder zu unterscheiden, sagt Heymann. „Bis 14 Jahre genügt die Einwilligung beider Elternteile, danach muss das Kind zustimmen.“

Die Initiative Klicksafe rät Eltern unter anderem, sich selbst kritisch zu fragen, ob es für sie akzeptabel wäre, wenn ein solches Kinderbild von ihnen im Internet zugänglich ist.

Darf ich die Einschulungsfeier meines Enkelkindes fotografieren?

„Selbstverständlich“, sagt Daniel Heymann. „Denn die DS-GVO ist gar nicht anwendbar, wenn die Datenverarbeitung - und nichts anderes ist auch das Anfertigen einer Fotografie - ,durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten' erfolgt“, erklärt Heymann. Das bedeute aber nicht, dass Bilder solcher Veranstaltungen ohne weiteres in sozialen Netzwerken verwendet oder veröffentlicht werden dürfen, so der Anwalt.

Wer die Bilder veröffentlichen möchte, benötigt in der Regel das Einverständnis - und zwar aller Abgebildeter. Zur Erläuterung: Das Hochladen in sozialen Netzwerken gelte meist als eine Form der Veröffentlichung, das Verschicken per Messengerdienst hingegen nicht unbedingt. Entscheidend sei jeweils der Empfängerkreis. „Handelt es sich dabei - ohne Ausnahme - um das persönliche oder familiäre Umfeld, dann dürfte die DS-GVO nicht anwendbar sein“, sagt der Fachanwalt.

Darf die Schule Fotos von der Klassenfahrt auf deren Website stellen?

Hierbei handele es sich ganz klar um eine Veröffentlichung, erklärt der Leipziger Fachanwalt Daniel Heymann. Das Vorliegen einer Einwilligung - bei über 14-Jährigen der abgebildeten Schüler selbst und ihrer (sorgeberechtigten) Elternteile - ist zwingend notwendig.

In der Regel sind Schulen und Kindergärten mittlerweile gut vorbereitet und geben schon zu Beginn des Schuljahres eine entsprechende Erklärung zur Unterschrift mit.

Dürfen Fotos von Mitarbeitern auf der Firmenwebsite veröffentlicht werden?

Auch dafür ist eine (schriftliche) Einwilligung der Mitarbeiter erforderlich.

Darf ich Selfies vom Konzert veröffentlichen, wenn im Hintergrund andere Konzertbesucher zu sehen sind?

„Das halte ich für zulässig, solange die anderen Konzertbesucher tatsächlich nicht im Fokus der Aufnahme stehen, also etwa nur am Rande erscheinen“, sagt Daniel Heymann. Da sich darüber gut streiten lasse, berge eine solche Veröffentlichung aber natürlich Risiken, erklärt der Fachanwalt.

Muss ich Fotos aus dem Urlaub vernichten, bei denen zufällig jemand Fremdes durch das Bild läuft?

Auch hier komme es darauf an, ob die fremde Person den Gesamteindruck der Aufnahme präge oder nur „Beiwerk“ ist, sagt Daniel Heymann. Und weil es sich hier wieder um einen Fall handeln dürfte, der als „persönliche Tätigkeit“ gar nicht der DS-GVO unterliegt, sei auch erst eine Veröffentlichung problematisch, nicht schon das Speichern, Archivieren und spätere private Ansehen der Urlaubsfotos, so der Fachanwalt.

Was ist beim Fotografieren von Skulpturen, Gebäuden oder Kunstwerken zu beachten?

Solche Gegenstände sind nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) urheberrechtlich geschützt. Ihr Schöpfer hat in der Regel die Nutzungsrechte an Dritte vergeben - etwa der Architekt an den Eigentümer oder der Künstler an das Museum. Es drohen Unterlassungsklagen und Lizenzgebühren.

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Allerdings: „Sind Gebäude oder eine Skulptur dauerhaft im öffentlichen Raum sichtbar und werden von dort aus fotografiert, bedarf es für die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung im Internet keiner Zustimmung des Urhebers oder Nutzungsberechtigten“, sagt Daniel Heymann. Unter Umständen müsse man die Urheber aber benennen - etwa wenn der Bildhauer seinen Namen am Denkmal angebracht hat. Zudem dürften keine Änderungen oder Entstellungen vorgenommen werden, so der Fachanwalt.

Wenn im Museum nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird: Darf ich Bilder mit entsprechendem Verweis ins Internet stellen?

„Grundsätzlich nein“, sagt Daniel Heymann. Nach seiner Einschätzung wird Fotografieren nur noch selten nicht reglementiert. Auch Piktogramme oder ein Schild mit durchgestrichener Kamera sind solche Hinweise. Auch ohne Beschränkungen sei das Urheberrecht zu beachten, gibt Heymann zu bedenken. Für Gegenstände oder Ansichten innerhalb eines Gebäudes könne der Hausrechtsinhaber im Übrigen immer bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen Fotos angefertigt und wofür diese später verwendet werden dürfen.

Daneben habe auch der Urheber, soweit er nicht ohnehin Nutzungsrechte an den Hausrechtsinhaber vergeben hat, innerhalb einer Ausstellung den vollen urheberrechtlichen Schutz. Das Fotografieren kann also entweder ganz verboten oder – wie häufig in Museen – von der Zahlung für eine Fotoerlaubnis abhängig gemacht werden. 

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