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StilkolumneSchluss mit Schlabberlook – demnächst geht's im Tüllrock in den Supermarkt

Lesezeit 3 Minuten
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Hoffentlich müssen Geschäfte nicht mehr lange geschlossen bleiben.

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • Diesmal erklärt Eva Reik, was modemäßig im Frühjahr diesen Jahres passieren wird – nach 12 Monaten Jogginghose im Homeoffice.

Köln – Neues Jahr, neues Glück, neuer Tüllrock. Zugegeben, im Moment ein Kleidungsstück, das selbst passioniertesten Modeliebhabern viel Vorstellungskraft abverlangt. Aber der Ausblick auf bauschige, knallige Stoffgebilde, die einen aussehen lassen wie mehrstöckige Hochzeitstorten, machen doch im festgefrorenen Januar schon mal Hoffnung auf luftigere Zeiten.

Erwartungsgemäß bietet der Jahresanfang 2021 wenig crazy Chic. Noch weniger als sonst sogar, weil durch die ausgefallene Möbelmesse eben auch keine gut gekleideten Designer, Architekten, PR-Ladys samt Entourage durch die Stadt pilgern. Von Event zu Event, von Design-Happening zu Design-Happening. Nicht dass sich die Möbel-Elite in herkömmlichen Zeiten durch Farbenpracht auszeichnete. Kollektiv schwarz gewandet, erregt sie dennoch Jahr für Jahr im Januar Aufsehen durch Mailänder Schnitt und lässige Haltung. Ach ja… nächstes Jahr.

Klobige Schuhe, Mütze, Schal, Handschuhe

Stattdessen erledigt man in diesen Tagen blass und fahl den Gang zum Supermarkt oder was einem sonst einfällt, um die eigenen vier Wände zu verlassen, im nichtssagenden Einheitslook, der der Optik eines Michelinmännchens recht nahe kommt: klobige Schuhe, Mütze, Schal, Handschuhe, samt übergeworfenem wattiertem Kälteschutz, der seine Träger zur vollständigen Unkenntlichkeit degradiert.

Aber, was haben wir 2020 gelernt? Zuversicht, Hoffnung! Kürzlich schrieb mir eine Bekannte mit beachtlichem, aber doch gebeuteltem Business im Hintergrund, sie sei grundoptimistisch. Das nehme ich mir mal zu Herzen und erkläre hiermit den Einkauf dreier lascher Petersilienstängel zum Highlight des Tages. Passiert ja sonst nicht so viel, wenn man im bewegungsarmen Lockdown im dicksten Strick versucht, nicht an der Tastatur festzufrieren, und schon der Gedanke an farbenfrohen Tüll Höhenflüge der Vorfreude auslöst.

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Nun also der Ausblick – auf ein Frühjahr zwischen Bonbonrosa und Knallgrün. Die Röcke sind entweder zart und fast durchsichtig, was der Trägerin eine ballerinagleiche Anmutung verleiht. Oder sie fallen, noch viel besser, bodenlang aus mit maximalem Volumen. Das wäre dann eher so die Hochzeitstortenoptik. Christian Siriano oder Elisabetta Franchi sind die Designer der Stunde fürs Maximum. Schwarze, bestickte oder mit langem Schlitz versehene Modelle findet man dagegen bei Dior oder Giambattista Valli. Es sind die eher schlichten Ausführungen in Tüll, wenn dieser Stoff überhaupt ein solches Adjektiv zulässt.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Stellt sich natürlich noch die Frage: Wie kombiniert man diese Stoffgebilde? Um es kurz machen: kontrastreich und bis zur Taille knapp gekleidet. T-Shirt, enger Blazer, optional Jeansjacke, Sneaker oder flache Sandalen sind gute Begleiter, um nicht Prinzessinnenprunk vorzutäuschen. Sie halten dagegen, es fehlten die Anlässe, um bauschige Tüllröcke auszuführen? Im Frühjahr/Sommer 2021 wird es keine Anlässe brauchen. Wirklich nicht. Nach einem Jahr Homeoffice-Tristesse in Jogginghose reicht der Supermarktbesuch für den ersten Fashion-Exzess. Die Petersilie sieht Anfang April dann auch wieder besser aus. Man muss nur daran glauben.

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