StilkolumneWie reagiere ich, wenn ich mich im Restaurant schlecht behandelt fühle?

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Restaurant Kellnerin Gäste Getty Images

Reklamieren Sie freundlich, keine Kellnerin und kein Koch möchte wie ein Vollidiot behandelt werden.

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • In dieser Woche: Sterne-Gastronom Vincent Moissonnier erklärt, wie Sie eine Reklamation elegant anbringen.

Die schlimmste Form der schlechten Behandlung ist, wenn Sie etwas serviert bekommen, was misslungen ist. Das ist der klassische Moment für eine Reklamation. In der gehobenen Gastronomie geraten wir bisweilen an das Lager der – wie ich sie nenne –„gescheiterten Gastrokritiker“. Die wollen sich mal fühlen wie Carsten Henn oder Julia Floß, Gastrokritiker dieser Zeitung, oder andere Experten – das aber im Restaurant vor allen Leuten. Das müssen wir wohl oder übel über uns ergehen lassen.

Dann aber gibt es das Lager der Gäste, bei denen es tatsächlich ein Problem gibt mit dem, was sie im Teller oder im Glas haben. Das muss ausgeräumt werden, völlig klar: zu viel gesalzen, zu kurz gegart… Solche Fehler können, dürfen aber nicht passieren. Wenn Ihnen so etwas unterkommt, sprechen Sie direkt jemanden vom Service-Personal an. Mein Rat aus langjähriger Erfahrung von der „anderen Seite“: Tun Sie das in aller Freundlichkeit. Keiner, auch kein Koch und keine Kellnerin, möchte wie ein Schulkind, ein Vollidiot oder ein auf frischer Tat ertappter Verbrecher behandelt werden.

Zu Konflikten gehören (fast) immer zwei

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Vincent Moissonnier 

Aber natürlich kann es auch vorkommen, dass eine Servicekraft auf eine Reklamation schnöselig, unwirsch oder gar aggressiv reagiert. Ganz ehrlich gesagt: Auch mir ist das schon passiert. Und warum? Nun, wir sind hier zwar nicht in der „In Sachen Liebe“-Kolumne, doch im Grunde ist die Ausgangslage im Restaurant die gleiche wie in einer Beziehung: Zu Konflikten gehören (fast) immer zwei. Oder: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.“

Im Restaurant sind Sie aber auch und vor allem zahlender Kunde – und deshalb in der stärkeren Position. Bitten Sie also die Bedienung im Zweifel, ihren Vorgesetzten zu rufen, um eine für Sie ungute Situation zu klären. Dabei sollten Sie immer deutlich machen, dass Sie nicht Recht behalten, sondern als Gast ernst genommen werden wollen. Darauf haben Sie einen Anspruch – für unsereins eigentlich eine Frage der Berufsehre.

Jeder Wirt wird versuchen, Sie bei einer Reklamation zufrieden zu stellen

Auch dazu eine kleine Geschichte aus eigenem Erleben: Ich war Sonntagabend zu einem Geschäftsessen in einem namhaften Berliner Restaurant und fragte beim Bezahlen nach einem Bewirtungsbeleg. Das lehnte der Kellner ab. Es sei doch Sonntag, da könne ich ja wohl kaum geltend machen, dass ich gearbeitet hätte. Ich antwortete irritiert, aber noch einigermaßen ruhig: „Das lassen Sie mal ruhig meine Sorge sein.“ Der Kellner blieb aber dabei: kein Beleg. Da habe ich mich an den Chef gewandt, der den Fall umgehend in meinem Sinn geklärt hat.

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Jeder Wirt, der etwas auf sich hält, wird versuchen, Sie bei einer Reklamation zufrieden zu stellen. Es sind noch andere Gäste da, er hat einen Ruf zu verlieren. Da fällt es nicht so sehr ins Gewicht, wenn er einmal ein Gericht ersetzen oder ein anderes Glas Wein bringen muss. Aus Sicht des Wirts ist es übrigens einfacher, mit einer Getränke-Reklamation umzugehen als mit einer Beschwerde übers Essen. Wenn ein Gericht komplett neu zubereitet werden muss, entstehen Wartezeiten, der Gast fühlt sich unwohl, am Ende ist womöglich alles schlimmer als vorher. Ein Getränk ist schnell ausgetauscht. Diese Lösung ist mir wichtiger als die Frage, ob der Wein nun wirklich drei Grad zu kalt oder zwei Grad zu warm war.

Es kommt vor, dass jemand sagt, „dieser Wein ist so gar nicht mein Geschmack“. Ich nehme dann sofort das Glas und bringe ein neues. Der Mensch ist ein bequemes Wesen. Warum mir und den Gästen mehr Ärger machen als notwendig? Ruhe bewahren ist in allen Lebenslagen die höchste Form der sozialen Intelligenz. So auch hier. Ich gehe jede Wette ein: Mit einer ruhig und bestimmt vorgetragenen Reklamation werden Sie immer gewinnen. (Aufgezeichnet von Joachim Frank)   

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