DenkmalschutzStreit über Patenschaftsgräber

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Diese Grabstätte würde Botschafter a.D. Jürgen Steinkrüger gern restaurieren. (Bild: Rakoczy)

Diese Grabstätte würde Botschafter a.D. Jürgen Steinkrüger gern restaurieren. (Bild: Rakoczy)

Der Grabstein der Familie Oebel ist verwittert, die Grabstätte wild zugewachsen. Heruntergekommen ist wohl die treffende Bezeichnung für die denkmalgeschützte Anlage auf dem Südfriedhof. Jürgen Steinkrüger würde an diesem Zustand gerne etwas ändern. Der Botschafter a.D., der in Bonn wohnt, ist bereit, eine Patenschaft über das Grab zu übernehmen, dessen Ruhefrist abgelaufen ist. Mehr als 4000 Euro will er in die Restaurierung des Jahrzehnte alten Steins investieren, außerdem die Kosten für die gärtnerische Gestaltung und die Pflege übernehmen.

Doch wie es aussieht, wird Steinkrüger von seinem Vorhaben Abstand nehmen. Denn die Stadt Köln hat eine neue Regelung für die Übernahme von Patenschaftsgräbern erlassen, die der ehemalige Botschafter schlicht als „Ausbeutung“ bezeichnet. Zwar darf er, wie alle Paten, das Grab als letzte Ruhestätte für sich und seine Familie nutzen – die Namen der künftigen Verstorbenen dürfen allerdings aus Denkmalschutzgründen nicht auf dem Stein verewigt werden.

Vergraulte Paten

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Die „höchste Konzession“ der Stadt sei das Angebot gewesen, eine Platte mit den Namen der Familie Steinkrüger vor dem Stein auf der Grabstätte zu platzieren. Doch damit will sich der potenzielle Pate angesichts der hohen Investition nicht begnügen. Er wirft der Kölner Denkmalschutzbehörde „Fundamentalismus“ vor, sie betreibe „Zerstörung durch Vernachlässigung“. Denn die Konsequenz des städtischen Handelns sei klar: Die Denkmäler würden mehr und mehr verfallen, wenn Paten auf diese Weise vergrault würden.

Die Stadt verteidigt ihr Vorgehen. In der Vergangenheit sei es im Zusammenhang mit der Vergabe von Patenschaften immer wieder vorgekommen, dass „die historische Substanz und das Erscheinungsbild der Denkmäler durch Vernachlässigung der Restaurierung, Veränderungen wie Drehen, Versetzen an andere Standorte oder Entfernen historischer Inschriften geschädigt wurden“, teilte das Presseamt mit. Dem wollen die Denkmalschützer einen Riegel vorschieben. So informierte die Denkmalschutzbehörde Anfang des Jahres alle Beteiligten – unter anderem auch Steinmetze und Friedhofsgärtner – dass die Grabsteinekünftig nicht mehr verändert werden dürfen.

Steinkrügers Bruder hat vor einigen Jahren wenige Meter von der Grabstätte Oebel noch zu den alten Bedingungen ein Grab in Form eines kleinen Tempels übernommen und instand gesetzt. Damals war es noch erlaubt, die Namen der Vornutzer auf einer Platte auf der Rückseite des Grabes zu verewigen. Ein Kompromiss, der nach den neuen Bestimmungen nicht mehr möglich ist. Die Konsequenzen der Verschärfung hat die Stadt bereits zu spüren bekommen. Wurden 2008 noch 30 Patenschaften vergeben, waren es im vorigen Jahr nur noch drei. Und auch im laufenden Jahr sind nach Angaben der Stadt bereits drei Patenschaftsvereinbarungen geschlossen worden. Diese Paten seien bereit, den eigenen Namen auf den Gräbern „nur noch mit größerem Respekt vor dem gesicherten historischen Bestand wiederzufinden“.

Dombaumeisterin hält rigiden Kurs für falsch

Birgit Dircks-Menten, Inhaberin von Blumen Kurpan am Südfriedhof, und Steinbildhauer-Meister Rainer Walk können das Vorgehen der Stadt nicht nachvollziehen. „Von der bisherigen Regelung haben alle Beteiligten profitier“, sagt Dircks-Menten. Auch Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner hält den rigiden Kurs der Stadt für falsch. Sie hat, noch nach der alten Regelung, die Patenschaft über ein neugotisches Grab auf Melaten übernommen. Die Marmorplatte auf dem Grabstein mit den Namen der Vornutzer ist bereits entfernt, dort wird später eine neue Platte ihren Namen tragen. „Wenn ich ein paar tausend Euro für die Restaurierung ausgebe, dann muss mein Name auch auf dem Stein stehen“, sagt die Dombaumeisterin. Sie hält das Projekt der Patenschaftsgräber für „eine wunderbare Idee, weil dadurch eine Großzahl der historischen Gräber gerettet worden ist“.

Jürgen Steinkrüger schaut sich inzwischen auf den Friedhöfen anderer Städte um. „Wenn ich ein geeignetes Grab finde, ist der Zug für den Südfriedhof abgefahren.“

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