Fötus-Fund sorgte für DebattenBestatter ist nicht nötig

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Sorgten für Aufklärung über das Bestattungsgesetz: Jörg Ernst (links), Marcel Ernst und die Krankenhausseelsorgerin Dorothea Grimm. (Bild: Schmitz)

Sorgten für Aufklärung über das Bestattungsgesetz: Jörg Ernst (links), Marcel Ernst und die Krankenhausseelsorgerin Dorothea Grimm. (Bild: Schmitz)

MECHERNICH-KOMMERN – „Es gibt keine Verpflichtung zur Bestattung und keinen Friedhofszwang. Eine Fehl- oder Totgeburt muss den Eltern ausgehändigt werden, wenn sie es wollen. Ein Bestatter ist nicht nötig.“ Jörg Ernst muss es wissen, schließlich ist er Bestatter in Kommern und Zülpich. Er nimmt Bezug auf den Artikel über den gefundenen Fötus im Bodenheimer Feld, der für viel Aufsehen sorgte.

Einige Aussagen sorgten für Verwirrung bei denjenigen, die sich mit dem Bestattungsgesetz auskennen. Um für Aufklärung zu sorgen, bat die evangelische Pfarrerin Ursula Koch-Traeger, Vorsitzende des Vereins Nest (Netzwerk im Kreis Euskirchen für Sterbebegleitung und Trauerarbeit) zum Gespräch. Anwesend waren Dorothea Grimm, katholische Krankenhausseelsorgerin im Marien-Hospital, sowie die Bestatter Jörg und Marcel Ernst.

Gesetzesänderung

Für unglücklich hält Dorothea Grimm die Aussage, Fehlgeburten unter 500 Gramm würden vom Krankenhaus „fachgerecht entsorgt“, wenn die Eltern sie nicht anonym beerdigen wollen. „Natürlich werden sie nicht mehr mit Krankenhausabfällen zusammen verbrannt“, so Grimm, die auf eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2004 verweist. Wenn die Eltern ihr Kind nicht selbst bestatten wollen, dann muss die Einrichtung die Tot- und Fehlgeburten laut Paragraf 14, Absatz 2, „unter würdigen Bedingungen sammeln und bestatten.“ In Paragraf 8, Absatz 2, heißt es weiter: „Leichenteile, Tot- und Fehlgeburten sowie die aus Schwangerschaftsabbrüchen stammenden Leibesfrüchte, die nicht nach Paragraf 14, Absatz 2, bestattet werden, sind ohne Gesundheitsgefährdung und ohne Verletzung des sittlichen Empfindens der Bevölkerung zu verbrennen.“

Im Marien-Hospital sei es üblich, dass Fehlgeburten, bei denen die Eltern keinen Wunsch zur Bestattung äußern, in die Pathologie nach Bonn gebracht werden und in Sammelgräbern der ehemaligen Bundeshauptstadt beigesetzt werden. Es ist aber selbstverständlich möglich, dass Eltern ihre Fehlgeburt in Euskirchen begraben lassen können. „Zwei Mal im Jahr, jeweils am dritten Mittwoch im April und im November, findet ein Sammelbegräbnis auf dem Friedhof statt. Das Gräberfeld stellt die Stadt Euskirchen zur Verfügung“, erklärt Dorothea Grimm. An jedem zweiten Sonntag im Dezember gibt es außerdem einen ökumenischen Gedenkgottesdienst, dieses Jahr am 13. Dezember in der evangelischen Kirche in Euskirchen. Aber auch außerhalb dieses festen Termins könnten Eltern ihr Kind selbst bestatten. Für den Fall, dass sie ihr Kind mitnehmen wollen, müsste das Ordnungsamt informiert werden, das wiederum das Friedhofsamt verständigt.

„Gesetzlich gesehen besteht für Fehl- und Totgeburten kein Friedhofszwang, auch wenn es nahe liegend erscheint“, sagt Bestatter Jörg Ernst und beruft sich auf eine Interpretation des Paragrafen 14, Absatz 2 durch den Juristen und Politologen Dr. Dr. Tade Matthias Spranger. In dem Bodenheimer Fall hätten diejenigen, die den Fötus vergraben haben, lediglich eine Ordnungswidrigkeit begangen, aber nicht gegen das Bestattungsgesetz verstoßen, so Ernst weiter. „Wer sein Kind im eigenen Garten begraben will, begeht also auch eine Ordnungswidrigkeit. Doch die Chance, dass ein Ordnungsamt mal eben zu Hause vorbeischaut, dürfte eher gering sein“, meint der Bestatter. Trotzdem sei ein Begräbnis auch auf „legale“ Weise lösbar: „Die Kommunen sind sehr unkompliziert. Das Sternfeld in Mechernich wird von der Stadt kostenlos gepflegt.“ Dorothea Grimm: „Wenn Eltern ein Kindergrab wollen und finanziell klamm sind, dann findet man über die Kirchengemeinde und den Bestatter bestimmt eine Lösung.“

Von den Krankenhäusern fordert Jörg Ernst: „Gebt den Eltern das Kind mit, es gehört ihnen schließlich!“ Für ihn als Bestatter sei es deshalb „eine Krux, mit dem Leichenwagen ins Krankenhaus zu fahren, um die Fehlgeburt abzuholen.“ Marcel Ernst ergänzt: „Die Eltern sollen sich ein schönes Körbchen oder eine Schmuckschatulle besorgen, das Behältnis schön gestalten und ihr Kind darin begraben.“ Besonders wichtig, so Dorothea Grimm, sei es nämlich, wenn die Eltern und auch die Geschwister in die Bestattungszeremonie einbezogen werden. „Sie können Abschied nehmen, das ist wichtig für die Trauerverarbeitung.“

Ursula Koch-Traeger von Nest bittet die Eltern des bei Bodenheim gefundenen Fötus, sich bei ihr zu melden ( 0 22 53 / 54 44 47): „Als ordinierte Pfarrerin unterstehe ich der Schweigepflicht, sie müssen keine Angst haben, dass ich ihre Identität preisgebe.“ Dorothea Grimm leitet eine Selbsthilfegruppe im Haus der Familie, sie ist unter 0 22 52 / 83 01 40 erreichbar. Hilfe findet man auch beim Hospizverein Erftstadt (0 22 35 / 52 27). Selbst Hebammen begleiten die Betroffenen.

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