MethadonabgabePolizei durchsucht Arztpraxis

Unter Aufsicht in der Arztpraxis: Drogensüchtige bei der Einnahme des Heroinsubstituts Methadon. Das Foto zeigt eine Aufnahme einer Praxis in Hamburg. (Bild: dpa)
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Bonn – Man habe es hier mit einem echten medizinischen Versorgungsproblem zu tun, stellte am Dienstagmittag Professor Markus Banger, Suchtexperte an den Rheinischen Kliniken, die „Krisensituation“ dar: In den Kliniken am Kaiser-Karl-Ring werden zurzeit jeden Tag provisorisch bis zu 200 Patienten mit Methadon behandelt, weil sie seit Samstag nicht mehr in der größten Substitutionspraxis in Bonn versorgt werden. Bis zum Wochenende sei die Notversorgung der Patienten erst einmal sichergestellt, so Banger.
Die Polizei hatte die Substitutionspraxis durchsucht, weil der Arzt verdächtigt wird, unerlaubt Betäubungsmittel - vor allem Methadon - an selbstzahlende Patienten abgegeben zu haben. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat dem praktischen Arzt bis auf Weiteres untersagt, Patienten mit Opiatersatzstoffen zu versorgen. Dessen Rechtsanwältin Sigried Aretz sagte gestern, ihre Mandant sehe sich zu Unrecht beschuldigt. Man wolle nun versuchen die Vorwürfe zu entkräften.
Versorgung sicherstellen
Derweil versuchen die Kliniken zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden von Caritas und Diakonie, die in der Heerstraße mit den Rheinischen Kliniken selbst eine Substitutionspraxis führen, und dem Verein für Gefährdetenhilfe die Versorgung der Patienten sicherzustellen. Man versuche, so schnell wie möglich die Patienten weiterzuleiten, unter anderem an die Ambulanzen von Caritas / Diakonie und des VFG - nicht nur, um die medizinische, sondern auch die psychosoziale Betreuung zu gewährleisten.
Die Fachleute gehen davon aus, dass man auf Dauer bis zu 100 Bonner Patienten in Bonn versorgen kann, ohne sie vom Methadon abdosieren zu müssen. Auch für rund 40 Substituierte aus dem rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis sieht der Leiter der Diakonie-Drogenhilfe, Christoph Wolf, gute Unterbringungsmöglichkeiten bei fünf Hausärzten und der Diakonie-eigenen psychosozialen Betreuung. Geklärt wird zurzeit, wo rund 30 Patienten aus Köln und zirka 15 aus dem Rhein-Erft-Kreis weiter behandelt werden können.
Rückfallgefahr
Völlig unklar ist die Situation für die restlichen geschätzten 200 oder mehr Patienten, die bislang noch nicht in den Kliniken aufgetaucht sind. Sollten die Patienten nicht schnell in anderen Methadon-Programmen unterkommen, besteht den Fachleute zufolge die Gefahr, dass die Heroinabhängigen wieder rückfällig werden.
Das größte Problem stellen die Patienten dar, die bislang Selbstzahler waren, das heißt die von ihrem Arzt nicht auf Rezept behandelt wurden. „Die KV sieht sich für diese Patienten bislang nicht verantwortlich“, sagte Achim Schaefer, Leiter der Suchthilfe von Caritas und Diakonie. Um diese Patienten sorgt sich auch Bernhard von Grünberg, sozialpolitischer Sprecher der Bonner SPD-Fraktion: „Zu hoffen ist, dass mit den Ärzten und sozialen Einrichtungen ein Weg gefunden wird, wie diese Patienten tatsächlich Hilfe erhalten können, ohne dass es zu solchen Zuzahlungen kommt.“