Abo

Petrarca-BriefEine Reise nach Köln

Lesezeit 3 Minuten
Petrarca auf einem Gemälde von Andrea di Bartolo di Bargilla (um 1450). (Bild: Uffizien, Florenz)

Petrarca auf einem Gemälde von Andrea di Bartolo di Bargilla (um 1450). (Bild: Uffizien, Florenz)

Köln – Aus Aachen, wo er noch in den heißen Quellen gebadet hatte, kam Francesco Petrarca im Hochsommer 1333 nach Köln. In einem ausführlichen, mit Klassikerzitaten, historischen Exkursen und literarischen Anspielungen gespickten Brief an seinen Gönner, den römischen Kardinal Giovanni Colonna, schilderte er diesen Aufenthalt - und zeichnete dabei ein außerordentlich detailliertes Bild der Stadt. Da in vielen Briefen Petrarcas oft nur schwer auszumachen ist, inwieweit tatsächlich Erlebtes wiedergegeben wird und was lediglich literarische Stilisierung sein könnte, ziehen einige Literaturwissenschaftler sogar in Zweifel, ob Petrarca wirklich in Köln weilte.

Der Dichter, der trotz seines jugendlichen Alters schon eine gewisse Berühmtheit erlangt hatte, besuchte eine Stadt, die damals in höchster Blüte stand - sie war mit 40 000 Einwohner die größte deutsche Stadt, die mehr als 300 Kirchen und Kapellen zählte, sie war die wirtschaftliche Metropole des nordwestlichen Europas, ein Handelsplatz mit einem Binnenhafen, in dem Waren aus der ganzen bekannten Welt umgeschlagen wurde, Köln war eine von einer mächtigen Stadtbefestigung umgebenen Kommune, deren Bürgern es gelungen war, dem Erzbischof, ihrem Herrn „in geistlichen und weltlichen Dingen“, wie es noch 1258 im Großen Schied gehießen hatte, die Stadtherrschaft zu entreißen. Beherrscht wurde Köln damals von einigen reichen Familien, den „Geschlechtern“, den Overstolz, den Hardefust, den Kleingedank, um nur einige zu nennen. Die führten ihre Herkunft übrigens auf römische Senatoren zurück, die Kaiser Trajan im zweiten Jahrhundert n. Chr. in die römische Kolonie am Rhein umgesiedelt hätte.

Umgekehrt glaubte Petraca, dass der Kardinal Colonna kölnischen Ursprungs sei. Da war es kein Wunder, dass der die Einwohner der Colonia Agrippina, wie Köln im Brief genannt wird, in höchsten Tönen lobte: „Ein barbarisches Volk, doch erstaunlich welch große Zivilisation, welch Schönheit der Stadt mit Würdigkeit der Männer und Eleganz der Frauen!“ Zufälligerweise erlebte er am Johannistag, dem 24. Juni, damals Tag der Sommersonnenwende, ein uraltes kölnisches Ritual - am Ufer des Rheins hatte sich Tausende Kölner Frauen und Mädchen versammelt, um sich jedwedes Unheil für das ganze Jahr abzuwaschen. Petrarca kommentierte das Ganze lächelnd: „O überglücklich seid ihr, Anwohner des Rheins, wenn dieser euch euer Elend abwäscht; das unsere abzuwaschen hat weder der Po vermocht noch der Tiber!“

In den nächsten Tagen wanderte Petrarca mit großem Eifer durch die Stadt, eine keineswegs unangenehme Aufgabe, wie er schreibt. Und so besuchte er auch den Dom, vom dem damals gerade der gotische Chor vollendet war. „Ich habe den Tempel gesehen, in der Mitte der Stadt, sehr schön, doch unvollendet (im lateinischen Text: vidi templum urbe media pulcherrimum quamvis inexpletum) - den man nicht ohne Grund den allerherrlichsten nennt.“ Den Brief an Colonna schrieb Petraca einige Tage später, als er in Lyon weilte - „dass dieser Brief zu einem von Welt und Nachwelt viel beachteten Dokument werden sollte“, schreibt der Petraca-Kenner und -Sammler Reiner Speck, „lag in der Absicht des Verfassers.

Reiner Speck / Florian Neumann(Hrsg.): Francesco Petrarca 1304-1374. Werk und Wirkung im Spiegel der Biblioteca Petrarchesca Reiner Speck. DuMont Buchverlag, 493 S., 48 Euro.

KStA abonnieren