Abo

Räumung der KölnArena: Das Codewort hieß Polonäse

Lesezeit 3 Minuten
Sehr besonnen reagierten die meisten der 8500 Besucher während und nach der Räumung der Arena. Viele warteten trotz Kälte im Freien auf eine Fortsetzung der Sitzung.

Sehr besonnen reagierten die meisten der 8500 Besucher während und nach der Räumung der Arena. Viele warteten trotz Kälte im Freien auf eine Fortsetzung der Sitzung.

Nach den drei anonymen Bombendrohungen gegen die Kölnarena am Donnerstagabend hat die Polizei den Anrufer am Freitag identifiziert.

Blaue Säcke, überall blaue Säcke. Darin haben Mitarbeiter der Kölnarena Taschen, Mäntel, Mützen - nach Plätzen nummeriert - gepackt, was die Besucher am Abend zuvor liegen gelassen hatten. Am Donnerstagabend musste die Kölnarena nach einer anonymen Bombendrohung geräumt werden, und nur wenige der 8500 Jecken hatten ihre Sachen mit ins Freie genommen. Denn die Verantwortlichen hatten sie mit einem genialen Trick vor die Türe gelockt: Man hatte zur größten Polonaise Deutschlands gebeten.

Inzwischen hat die Polizei den Anrufer identifizieren können. Der Mann sei noch auf der Flucht, nach ihm werde intensiv gefahndet. „Wir wissen jetzt, wer es ist. Und wir sind sehr optimistisch, ihn bald festnehmen zu können“, sagte Polizeisprecher Jürgen Laggies am Freitagnachmittag.

Alles zum Thema Polizei Köln

Etwa zur gleichen Zeit pilgerten die ersten Jecken schon wieder nach Deutz, zur zweiten Auflage der „Lachenden Kölnarena“. Karola Schieren aus St. Augustin machte sich keine Sorgen: „Ich habe für heute kein ungutes Gefühl. Es ist doch so, dass immer etwas passieren kann.“ Frank Odenthal war überzeugt: „Das war wohl ein blöder Witz, und ich denke, dass sich das heute nicht wiederholen wird.“ Andere befürchteten, dass sich Trittbrettfahrer melden könnten.

Um 19.49 Uhr war Donnerstagabend der erste Anruf bei der Feuerwehr eingegangen. Eine männliche Stimme drohte: „In der Kölnarena ist eine Bombe.“ Kripo-Beamte rasten zur Kölnarena und durchkämmten mit dem ortskundigen Sicherheitsdienst das Gebäude nach verdächtigen Gegenständen. In einem Technikraum entdeckten sie dann einen herrenlosen Metallkoffer.

Während die Verantwortlichen die neue Situation noch bewerteten, ging um 20.47 Uhr ein zweiter Anruf bei der Feuerwehr ein: Kurz und knapp wiederholte der unbekannte Mann die Bombendrohung, dann legte er auf. Sprengstoffexperten vom Kampfmittelräumdienst in Arnsberg wurden angefordert. 20.54 Uhr: Der dritte Anruf. Die Bombe werde um 21.35 Uhr hochgehen. Polizei und Veranstalter entschieden: „Wir müssen evakuieren. Sofort.“

Auch am Tag danach sind alle noch voll des Lobes für Sitzungspräsident Burk Mertens, der im Zusammenspiel mit der Gruppe „Brings“ die Kölnarena nach der Bombendrohung auf kölsche Art geräumt hatte. Sie hatten das Codewort „Polonäse“ vereinbart, nachdem sie von der Polizei über die Drohungen informiert worden waren. So gelang es, die Kölnarena mit der „längsten Polonäse Deutschlands“ ohne größere Probleme zu räumen. Und nach zwölf Minuten war die Halle leer. Für Unmut sorgte allerdings bei vielen Besuchern, dass sie zunächst keine Informationen über den Grund des Abbruchs der Veranstaltung erhielten. Ärger gab es auch vor einem Fitness-Studio an der Gummersbacher Straße. Als die frierenden Musiker der Kapelle sich dort aufwärmen wollten, wurden sie barsch abgewiesen: Zuschauer seien für die Trainierenden nicht zumutbar.

Stattdessen waren alle Kneipen rund um die Kölnarena wenig später proppenvoll. Viele Hundert Jecke wollten sich den Abend nicht vermiesen lassen und feierten im Warmen weiter. Kurzfristig war auch die Trainingshalle des KEC geöffnet worden, dort sorgten einige der ebenfalls heimatlos gewordenen Musiker für Stimmung. Viele Besucher wollten jedoch nur noch nach Hause. „Nur wie? Mein Wohnungsschlüssel ist in meiner Tasche in der Arena. Ich bin echt gespannt, wie man uns für diesen Abend entschädigt“, fluchte Thomas Bedrellig (34) aus Düren.

Um 23.37 Uhr gab der Kampfmittelräumdienst Entwarnung: In dem Metallkoffer lagen harmlose Bolzen, die zum Bühnenaufbau verwendet werden.

Freitagmorgen waren dann Hunderte Besucher wieder da. Sie wollten ihre Sachen abholen, Taschen, Mäntel, Mützen. Die angebissenen Frikadellen und halb leeren Kölschgläser hatten die Arena-Mitarbeiter allerdings schon entsorgt.

KStA abonnieren