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Schmähbrief gegen den ASV-Boss

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Der ASV bemüht sich um die Bewältigung seiner Schulden - und plant die Sanierung des Clubheims.

Für einen Moment stand bei der Jahreshauptversammlung des ASV Köln am Mittwochabend der Sport im Mittelpunkt. Etwa 120 Vereinsmitglieder spendeten höflichen Applaus für den Stabhochspringer Tim Lobinger, der am vorigen Wochenende zum wiederholten Male die Deutsche Meisterschaft gewonnen hatte. Zwei Banner an den Hallenwänden erinnerten an die Glanzzeiten des Vereins in den 1950er und 1960er Jahren, als Sportler wie Manfred Germar Titel am laufenden Band errangen. Auf dem Podium bemühte sich der Vorstand derweil, die Gegenwart zu erklären: Es geht um Schulden, Mitgliederschwund und einen anonymen Schmähbrief.

Wenige Tage vor der Jahreshauptversammlung war ein Schreiben in Umlauf geraten, in dem ASV-Präsident Helmut Breuer der Misswirtschaft verdächtigt wird. „Der Verdacht erhärtet sich immer mehr, dass Breuer seine Präsidentschaft beim ASV in den letzten vier Jahren dazu benutzt hat, den Verein zielgerichtet herunterzuwirtschaften . . ., um sich auf diese Weise eines der wertvollsten Grundstücke im Kölner Grüngürtel unter den Nagel zu reißen“, heißt es in Brief, den Breuer in voller Länge den Mitgliedern vorlas. Nach Bekanntwerden des Inhalts hatte Breuer offenbar mit dem Gedanken gespielt, sein Amt beim ASV aufzugeben: „Wenn man sich dauernd rechtfertigen muss, hat man irgendwann die Schnauze voll.“ Er wurde bei der Versammlung mit großer Mehrheit (nur eine Gegenstimme) als Vereinspräsident bestätigt.

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Wer den Schmähbrief verfasst hat, ist unklar. Zwei ehemalige Vereinsmitglieder, deren Namen in dem Schreiben genannt werden, haben sich von dem Inhalt distanziert. Präsident Helmut Breuer hat zumindest einen Verdacht, wer der Verfasser sein könnte. „Ich weiß nicht, aber meine private Meinung ist, dass es von Otto Pohlmann stammen könnte“, sagte Breuer während der Jahreshauptversammlung. Pohlmann war Geschäftsführer des ASV und befindet sich derzeit mit dem Club wegen seiner fristlosen Kündigung im Rechtsstreit. „Dies ist eine böswillige Unterstellung. Ich kenne dieses Schreiben nicht“, sagte Pohlmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Das Geschäftsjahr 2004 hat der ASV mit einem Verlust von 169 000 Euro abgeschlossen. Ausschlaggebend hierfür sei unter anderem der Rückgang der Mitgliederzahlen. Seit 2003 sind die Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge nach Angaben des neuen Geschäftsführers Thorsten Hotop um 80 000 Euro zurückgegangen. Zudem müsse der Traditionsverein jeden Monat 9000 Euro für Stromkosten aufbringen. Einen Aufschwung soll der Verein durch die aufwändige Sanierung des Vereinsgeländes und einen etwa 1000 Quadratmeter großen Anbau erleben. Hierfür werden verschiedene Banken nach Informationen von Helmut Breuer in Kürze Kredite in Höhe von 4,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen. „Dies könnte ein deutliches Signal sein, um verloren gegangene Mitglieder zurückzugewinnen“, sagte Breuer. Der Auftrag für die Sanierung sei nach gründlicher Prüfung an eine Oberhausener Firma vergeben worden. Neu in den Vorstand wurde Thomas Hessling gewählt, der für mehr Transparenz bei Einnahmen und Ausgaben des Sportvereins sorgen soll.

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