„Bankrotterklärung vor Verbrechern“Geldautomaten werden wegen Spreng-Gefahr abgebaut

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Bankautomat Sprengung

ripobeamte sichern nach der Sprengung eines Geldautomaten Spuren. 

  • Besonders in Nordrhein-Westfalen nimmt die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen weiter zu.
  • Das Düsseldorfer Landeskriminalamt (LKA) rät Banken deshalb dazu, Geräte abzubauen. So sollen Anwohner geschützt werden.
  • Für die Bankkunden hat das aber folgen. So reagieren die Banken in der Region auf den Vorschlag.

Düsseldorf – Die Bankkunden müssen sich in NRW vielerorts darauf einstellen, dass sie an ihrem bevorzugten Geldautomaten kein Bargeld mehr ziehen können. Das Düsseldorfer Landeskriminalamt (LKA) hatte Banken und Sparkassen empfohlen, Standorte zu schließen, die ein bevorzugtes Ziel von Geldautomaten-Sprengern seien könnten.

Die SPD im Düsseldorfer Landtag ist entsetzt über diesen Ratschlag. „Das ist das Gegenteil von Null-Toleranz. Nur die Bankautomaten vom Netz zu nehmen, ist eine Bankrotterklärung vor den Verbrechern“, sagte der innenpolitische Sprecher Hartmut Ganzke, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Laut LKA ist es in diesem Jahr bereits zu 125 Sprengungen von Geldautomaten in NRW gekommen. „Die Täter setzen immer häufiger gefährliche Sprengstoffe ein. Wenn Automaten in Hauswänden verankert sind, kann dadurch eine erhebliche Gefahr für die Bewohner der umliegenden Wohnungen ausgehen“, sagte LKA-Sprecher Frank Scheulen. Bislang sei zum Glück nur eine unbeteiligte Person in Bonn bei einer Sprengung leicht verletzt worden. „Aber das Risiko von Sprengungen darf nicht unterschätzt werden. Schlimmstenfalls können Gebäude einstürzen und Menschen unter sich begraben“, so der LKA-Mann.

Daher habe Prävention einen hohen Stellenwert

Das LKA hatte zu Beginn des Jahres eine Handlungsempfehlung an die Geldinstitute verschickt. Darin wird das Vorgehen der Täter erläutert und auf die Risiken bestimmter Standorte hingewiesen. „Geldautomaten, die in Vorräumen aufgebaut sind, können zum Beispiel durch Vernebelungsanlagen effektiver geschützt werden als Standorte, die in der Außenfassade verankert sind“, erklärte Scheulen.

Die Banken kommen den Empfehlungen jetzt nach. Die Kreissparkasse Köln hat vorsorglich sieben Geldautomaten vom Netz genommen, die Sparkasse Düsseldorf ebenfalls. Bei der Sparkasse Köln Bonn wurden 13 Geräte vorsorglich stillgelegt. Alle abgestellten Ausgabegeräte befinden sich in der Nähe von Wohnungen. Die Sicherheit von Personen und der Schutz von Gebäuden stehen an erster Stelle“, erklärte ein Sprecher des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands auf Anfrage. Weil immer mehr Menschen die Möglichkeiten des kontaktlosen Zahlens mit Karte oder Smartphone nutzen würden, sinke die Bedeutung von Bargeld, heißt es. Die Kunden hätten durch die Veränderungen im Geldautomatennetz daher „keine spürbaren Nachteile“.

Geldautomaten-Sprenger kommen überwiegend aus den Niederlanden

Die Geldautomaten-Sprenger kommen ganz überwiegend aus den Niederlanden. Sie sind meist marokkanischer Herkunft und leben in den Vororten von Amsterdam und Utrecht. In den Niederlanden haben die Geldinstitute bereits die Konsequenzen aus den Angriffen gezogen und die Geldautomaten besser abgesichert. „Daher suchen die Täter jetzt oft in Deutschland ihr Glück, weil sie glauben, bei uns leichter Beute machen zu können“, sagte LKA-Sprecher Scheulen.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert die Banken auf, ein gemeinsames Präventionsgremium auf Bundesebene zu installieren. BDK-Chef Sebastian Fiedler kritisierte die schlechte Zusammenarbeit der Polizei in Deutschland und den Niederlanden: „Das ist nicht das, was ich mir unter guter Nachbarschaft vorstelle. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir die ersten Toten beklagen werden.“ Das Thema Automaten-Sprengung müsse Chefsache werden, forderte Fiedler.

Die SPD hat jetzt eine Berichtsanfrage zu dem Vorgang für die nächste Sitzung des Innenausschusses im Landtag gestellt. Wenn durch die Automaten-Sperrungen „auch noch das Risiko von Banküberfällen oder die Einbruchsgefahr wieder ansteigt, wäre damit allen ein Bärendienst erwiesen.“

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Das NRW-Innenministerium erklärte auf Anfrage, die LKA-Empfehlungen an die Geldinstitute seien „keinesfalls als Rückzug zu werten“. Die Ermittlungskommission „Heat“ habe Erfolge nachzuweisen. Seit 2015 seien bereits 82 Tatverdächtige verhaftet worden. Die Verantwortlichkeit für Geldautomaten liege bei den Betreibern.

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