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„Rebell Comedy“ hinter GitternAuftritt in JVA Bochum – Justizministerium prüft Gage

Lesezeit 3 Minuten
Die Gruppe „Rebell Comedy“: Khalid Bounouar (von links), Alain Frei, Benaissa Lamroubal, Hany Siam und Babak Ghassim

Die Gruppe „Rebell Comedy“: Khalid Bounouar (von links), Alain Frei, Benaissa Lamroubal, Hany Siam und Babak Ghassim

  • Die Comedy-Gruppe trat in der JVA Bochum vor rund 140 Gefangenen auf.
  • Die Kosten der Veranstaltung waren vielen zu hoch.
  • Das Justizministerium prüft jetzt die Vorgänge und ob die Gagen angemessen waren.

Düsseldorf – Bei den rund 140 Zuschauern herrscht gute Stimmung. An einen Donnerstag, gegen 17 Uhr, betreten zwei Künstler der Gruppe „Rebell Comedy“ die Bühne. Die bekannten Comedians, die auch im WDR zu sehen sind, haben ausländische Wurzeln und knöpfen sich die Klischees über Menschen mit Migrationshintergrund vor. Die Aufführung findet allerdings nicht im Kabarett, sondern vor Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Bochum statt. Weil angeblich eine hohe Gage geflossen sein soll, hat der lustige Abend jetzt ein politisches Nachspiel.

Das NRW-Justizministerium unter Peter Biesenbach (CDU) will die Kosten der Veranstaltung jetzt genau unter die Lupe nehmen. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) in NRW behauptet, die JVA habe den Künstlern 6000 Euro gezahlt.

Vorwürfe gegen JVA-Leitung

„So viel Geld für eine kommerzielle Veranstaltung in einer JVA auszugeben ist ein Irrweg“, sagte Peter Brock, der Landesvorsitzende des BDSB, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wegen der sprudelnden Steuereinnahmen sitze jetzt offenbar das Geld bei den Etatverwaltern lockerer als früher, vermutete der Gewerkschaftler. „Die Gage für die Comedians hätte man zum Beispiel für ein Grillfest oder für die Anschaffung neuer Sportgeräte sicher sinnvoller ausgeben können“, ist sich Brock sicher.

Der Vorsitzende der Strafvollzugsbediensteten erhebt zudem schwere Vorwürfe gehen die Gefängnisführung in Bochum. „Ich finde es unsensibel von der JVA-Leitung, mit dem Geld der Steuerzahler auf diese Weise umzugehen. Damit leisten die Verantwortlichen Rechtspopulisten Vorschub, die mit dem Finger darauf zeigen, dass jetzt für die Bespaßung von Strafgefangenen mehr getan wird als für die restliche Bevölkerung.“

Grüne plädieren für Teilhabe

Der BSBD hat ausgerechnet, dass der Platz pro Häftling an jenem Abend 42,85 Euro gekostet haben soll. Stefan Engstfeld, justizpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, hat grundsätzlich nichts gegen ein Unterhaltungsprogramm einzuwenden.

„Kulturelle Teilhabe ist ein wichtiger Bestandteil gesellschaftlichen Lebens und muss deswegen auch Inhaftierten ermöglicht werden“, sagte der Politiker aus Düsseldorf auf Anfrage. Dass dabei Kosten entstehen, sei unvermeidlich und auch völlig in Ordnung, weil es Kultur nicht zum Nulltarif gebe. „Klar ist aber auch: Wie alle anderen staatlichen Stellen müssen die Verantwortlichen in Justizvollzugsanstalten gut abwägen, wie sie öffentliche Gelder ausgeben“, erklärte Engstfeld.

Freizeitveranstaltungen sollen Integration und Resozialisierung fördern

Das NRW-Justizministerium sieht den Vorgang in Bochum kritisch. Der vom BSBD genannte Betrag von 6000 Euro erscheine „auch aus unserer Sicht für die geschilderte Veranstaltung auf den ersten Blick recht hoch und nicht angemessen“, heißt es in einer Stellungnahme für den „Kölner Stadt-Anzeiger“. Freizeitveranstaltungen für Gefangene seien neben vielen anderen Maßnahmen zur Resozialisierung ein wichtiger Bestandteil des Behandlungsvollzugs.

„Die Gefangenen sollen im Justizvollzug ein sinnvolles und eigenverantwortliches Freizeitverhalten erlernen“, heißt es. In jeden Fall müssten aber Aufwendungen für Veranstaltungen in einem angemessenen Rahmen bleiben. Der Fokus solle bei Veranstaltungen mit externen Darstellern auch darauf liegen, die Gefangenen mit einzubeziehen, ihnen neue Möglichkeiten zu eröffnen und ihre eigene Kreativität zu fördern. Das Thema „Integration“ habe eine hohe Bedeutung im Justizvollzug. Veranstaltungen, die das Thema aufgriffen und Denkstöße lieferten, könnten daher durchaus sinnvoll sein.

Karnevalsfeier ohne Gage

Die „Rebell Comedy“ gibt es bereits seit 2007. In den vergangenen Jahren hatten Teile der Gruppe bereits in anderen Haftanstalten von NRW gespielt. Ob dafür ebenfalls Honorare gezahlt wurden, ist noch unklar. „Ich finde es gut, wenn Veranstaltungen in den Gefängnissen ohne Gage stattfinden“, sagte BSBD-Chef Brock. Ein gutes Beispiel sei die jährliche Karnevalsveranstaltung im Kölner Justizvollzug. Dort werde den Künstlern kein Geld für den Auftritt bezahlt.

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