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„Schön, datte hier bist“Merkel lobt Laschet bei Besuch in NRW-Kabinett

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Merkel in NRW

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird von Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen begrüßt.

Düsseldorf – Es braucht kein Gold und keinen Spiegelsaal, sondern nur ein Wort: „Rüstzeug“, sagt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter der Glaskuppel des herrschaftlichen Ständehauses in Düsseldorf. Gerade hat Merkel zum ersten Mal an einer Sitzung des nordrhein-westfälischen Landeskabinetts teilgenommen. Nun steht sie neben Ministerpräsident Armin Laschet in dem ehemaligen Landtagsgebäude, in dem einst Konrad Adenauer, als er schon Bundeskanzler war, noch Landtagsabgeordneter war.

Merkel spricht Laschet ein für ihre Verhältnisse wohl größtmögliches Lob aus, als sie danach gefragt wird, ob der CDU-Vize das Zeug zum Kanzler hätte. „Wenn Sie das größte Bundesland der Bundesrepublik Deutschland regieren, in einer Koalition CDU-FDP, die effizient arbeitet, die nicht durch besonders viel Streitereien auffällt, dann ist das zumindest ein Rüstzeug, das durchaus Gewicht hat.“ Aber sie wolle sich ja nicht einmischen in die Angelegenheiten der Partei, sagt sie verschmitzt. „Als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen bringt er viele Qualifikationen mit sich.“

Stärkung für Laschet im Kampf um Bundesvorsitz

Für Laschet, dessen Beliebtheitswerte in der Corona-Pandemie abgestürzt sind, weil er als „Lockerer“ im Krisenmanagement gilt, ist das Lob Merkels wichtig. Der oft unterschätzte Aachener kämpft im Dezember gegen Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Außenpolitiker Norbert Röttgen um den CDU-Bundesvorsitz. Damit gilt Laschet auch als potenzieller Kanzlerkandidat der Union. Aber in Umfragen ist Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder bisher der heimliche künftige Kanzler, obwohl dieser offiziell gar keinen Anspruch darauf angemeldet hat.

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Während Söder Merkel Mitte Juli mit Kutsch- und Dampferfahrt auf Schloss Herrenchiemsee empfing, hält es Laschet betont schlicht und nüchtern. Das sei eine „Arbeitssitzung“ gewesen, sagt er, bevor er mit Merkel ins Ruhrgebiet zur Zeche Zollverein fährt. Das Kabinett tagt auf der weitläufigen Piazza des zu einem modernen Kunstmuseum umfunktionierten Ständehauses. In mehr als 20 Meter Höhe hängt ein begehbares spektakuläres Stahlnetz des Künstlers Tomás Saraceno. Auf Zollverein, der einst weltgrößten Kohlezeche, fahren Laschet und Merkel die lange Rolltreppe hoch, die zum Eingang des Ruhrmuseums führt. Fotos werden vor der Kulisse des imposanten Doppelbock-Fördergerüsts gemacht. Herzlich im besten Ruhrpott-Dialekt grüßt ein buntes Graffiti auf dem riesigen Zechengelände die Kanzlerin: „Hömma, schön datte hier bist!!!“ (Hör mal, schön, dass du hier bist)

Auch wenn die Atmosphäre entspannt ist, so treiben die wieder steigenden Corona-Infektionszahlen Merkel und Laschet Sorgenfalten ins Gesicht. Und beide sind sich einig: Wenn die Infektionszahlen sinken, sollten die Freiheitsbeschränkungen zurückgefahren werden, wenn sie steigen, seien schärfere Maßnahmen nötig.

Merkel befürwortet Maskenpflicht an NRW-Schulen

„Wir wollen erst mal alles daran setzen, unter den jetzigen Bedingungen das Infektionsgeschehen im Zaum zu halten“, sagt Merkel. Damit meine sie, „dass sehr konsequent die Regeln durchgesetzt werden müssen“. Und wieder lobt sie - diesmal das Corona-Krisenmanagement der NRW-Landesregierung. Sie findet die Maskenpflicht in NRW im Unterricht an Schulen für die nächsten Wochen „sehr konsequent“. Sicher sei die Maske ein Handicap. „Aber das ist allemal besser, als wenn wir dann nach zwei Wochen sagen, wir haben so viel Vorfälle in Schulen, dass wir das Schulleben doch nicht aufrecht erhalten können.“ NRW als einwohnerstärkstes Bundesland mit dicht besiedelten Regionen stehe im Kampf gegen Corona vor „gewaltigen Aufgaben“. Und nebenbei bekommt noch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ein dickes Lob ab. „Laumann macht das exzellent.“

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Auch für Laschets kürzliche Reise nach Griechenland und in die Flüchtlingslager auf Lesbos dankt Merkel ausdrücklich. Da sei es nicht um „Vergnügliches oder Sehenswertes“ gegangen, „sondern um den Kern europäischer Werte“. NRW zeige immer wieder die humanitäre Bereitschaft für die Aufnahme von Flüchtlingen. Sie habe sich im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft „sehr unterstützt gefühlt in unserer Agenda“.

Am Ende wird Merkel dann wieder ganz diplomatisch. „Glücklicherweise bin ich ein Mensch, der sich an ganz verschiedenen Dingen freuen kann“, sagt sie mit Blick auf die so unterschiedlichen Empfänge für sie von Söder in Bayern und Laschet in NRW. „Aber sie geben jedenfalls den Einblick, dass man auf ganz unterschiedliche Weise es sehr schön machen kann. Und spannend und interessant.“ Laschet hat da schon ein breites Lachen im Gesicht.

Dass Merkel aus Laschets Hand als Gastgeschenk eine Luftaufnahme Templins aus dem Jahr 1929 vom NRW-Kabinett bekommt, ist das kleine I-Tüpfelchen dieses Besuchs. Merkel ist in der Stadt in der Uckermark zu DDR-Zeiten aufgewachsen. Laschet: „Man sieht darauf auch die Kirche, wo Sie konfirmiert wurden.“ (dpa) 

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