„Verliebt in die Lehrerin“Warum man sich für immer an den ersten Schultag erinnert

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Karl Heinz Schaefer3

Erster Schultag 1953 an der Grundschule Zugweg in der Kölner Südstadt – mit dabei als I-Dötzchen unser Leser Karl Heinz Schäfer (untere Reihe 2.v.l.)

  • Der erste Schultag zählt zu den aufregendsten Tagen im Leben. Wir haben zum Schulstart unserer Leserinnen und Leser gefragt, warum sie sich an ihren ersten Schultag noch so gut erinnern – und um Fotos gebeten.
  • Eine Auswahl der schönsten Geschichten lesen Sie hier – über Einschulungen in Kriegstagen und den Erfindungsreichtum mancher Mütter.

An kilometerweite Schulwege, die zu Fuß zurück gelegt werden mussten. An strenge Lehrer, die nicht selten zum Rohrstock griffen. An riesengroße Klassen mit mehr als 40 Schülern . Und natürlich an liebevoll befüllte Schultüten, lustige Termine beim Fotografen und – nicht zuletzt – tolle Freundschaften, erinnern sich unsere Leser.

Übrigens, die meisten der Leser berichten über einen Schuljahresbeginn im April. Tatsächlich begann das Schuljahr in Deutschland seit Anfang des 20. Jahrhunderts zu Ostern. Für kurze Zeit wurde der Termin ab 1941 auf September festgelegt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das aber von den Besatzungsmacht in der Britischen Zone und auch in den übrigen Ländern der westlichen Besatzungszonen rückgängig gemacht – außer in Bayern.

Erst mit dem Hamburger Abkommen vom 28. Oktober 1964 wurde beschlossen, das Schuljahr wie in Bayern und den europäischen Nachbarländern am 1. August beginnen zu lassen und die Schulpflicht auf neun Jahre zu verlängern. Zur Umstellung gab es 1966/67 zwei Kurzschuljahre.

1936: Große Schleife im Haar

Am 15. April 1936 wurde ich in Köln an der Schule Lochnerstraße eingeschult. An viel kann ich mich leider nicht mehr erinnern, zu lang ist es her. Meine Lehrerin hieß Fräulein Manderscheid. Wichtig war natürlich die mit Süßigkeiten gefüllte Schultüte, die große Schleife im Haar und vor allem die Kniestrümpfe mit den Bommeln an der Seite. Die Schule gibt es immer noch. Es war damals noch eine schöne und friedliche Zeit.

Elisabeth Schmidt, Leverkusen

1936: Ein vertrackter Tag   

Mutter hatte alles gut vorbereitet: Das neue Kleidchen, die neuen Schuhe, den tollen Ranzen und – selbstverständlich – eine große Schultüte. Trotzdem war mein Einschulungstag am 1. April 1936 dann  ein vertrackter Tag. Vater musste zu Kunden, Mutter zu einer Beerdigung, mein Kindermädchen lag im Krankenhaus. Also brachte  mich das Lehrmädchen Rosa zur Schule Brigittengässchen am Alter Markt und  übergab mich meiner zukünftigen Lehrerin. In Reih und Glied gingen wir in die Klasse. Dort bekamen wir unsere Plätze zugewiesen, bekamen Namensschilder, die wir aufs Pult stellen mussten, es wurde etwas geredet und gesungen.

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Auf dem Schulhof liefen alle Kinder zu ihren Müttern und bekamen Ihre Schultüten.Dann kam auch Rosa, aber ohne   Schultüte! Ich war am Boden zerstört.   Meine Großmama, die liebe, gütige, wohltätige, hatte gemeint, wenn ich, das wohlhabendere Kind unter all den armen Kindern aus dem Rheinviertel als Einziges eine Tüte bekommen hätte, hätte das den armen Kindern die Herzchen gebrochen. Sie unterschätzte diese Mütter. Die taten alles für ihre Kinder. Bestimmt an einem  solchen Tag.  Das einzige Kind in Köln, dem an jenem ersten Schultag das Herzchen brach, war ich. Jetzt bin ich 89, aber den Kummer spüre ich noch heute.

Angelika Busch, Köln

1947: Ohne Väter und Schultüten

Mit mehr als 40 anderen Kindern wurde ich im April 1947 in die Katholische Volksschule Schönenberg im Bröltal eingeschult. (...)  Wir Kinder wurden ausschließlich von unseren Müttern begleitet: Fast alle Väter unseres Jahrgangs waren im Krieg gefallen oder befanden sich noch in Gefangenschaft. Kein Kind hatte eine Schultüte, vielmehr waren außer den von einem Bauernhof stammenden Kindern alle unterernährt; die Gemeinde organisierte deshalb später „Schulspeisung“, die in großen Kesseln auf einem Leiterwägelchen herangekarrt wurde. (...)  Wer schwätzte, unaufmerksam war oder gar den Unterricht störte, wurde von der Klassenlehrerin unverzüglich bestraft, moralisch durch Umsetzen in die erste Bank oder aber auch physisch  durch Schlagen mit der Hand oder dem Rohrstock.

Elmar Wirges, Siegburg

1951: Silberbesteck in der Schultüte

An den Tag selbst habe ich nur undeutliche Erinnerungen. Nachdem meine Mutter mich in der Schule abgegeben hatte, saß ich irgendwo hinten in einer großen Kinderschar und fühlte mich unsicher in der fremden Umgebung. Wir bekamen Papierblätter und Streifen und sollten damit flechten, und ich wusste nicht, ob ich es richtig machte und traute mich nicht zu fragen. Dann führten die älteren Kinder ein Theaterstück auf.  (...) In meiner Schultüte waren Süßigkeiten  und noch etwas, was ich ratlos betrachtete: ein versilbertes Besteck, Messer, Gabel und Löffel. Warum? Nun, ich war ein Mädchen, und da dachte man schon früh an die Aussteuer. (...) Noch heute habe ich hinten in einer Schublade  Messer, Gabel und Löffel aus der Schultüte.

Christa Wißkirchen, Pulheim

1953: Jecke Grundschulzeit

Der erste Schultag war aufregend. Meine Eltern und unser Schäferhund „Rex“ haben mich zur Einschulung gebracht, auch um den Schulweg alleine und zu Fuß kennenzulernen. Das Besondere für uns Pänz aus der Elsaßstraße war, dass wir an der Schule Zugweg bei den ersten Karnevalssitzungen nach dem Krieg, die damals schon im Radio übertragen wurden, aktiv auf der Bühne aufgetreten sind – passend verkleidet zu den damaligen Karnevalsliedern und nach langen Proben im Vorfeld mit unserem Direktor Flock.

Karl Heinz Schäfer, Köln 

1955: Lebenslange Liebe zur Schule

Den Tag meiner Einschulung im April 1955 habe ich über alle Maßen herbeigesehnt. Und am ersten Schultag war ich unglaublich stolz! Unsere Lehrerin hatte für jeden ein kleines Schreibheft vorbereitet und auf die ersten Seiten je einen Buchstaben geschrieben und ein kleines Bild dazu gemalt. Ich habe dieses Heft noch heute. Ansonsten schrieben wir lange auf Schiefertafeln, da konnte ich herrlich meine Hausaufgaben mehrere Male machen. Man konnte es ja auswischen und nochmal machen... Meine Liebe zur Schule habe ich lebenslang  behalten und bin Lehrerin geworden.  

Ilse Hillemann, Köln  

1961: Die Attraktion der Schule

Am 13. April 1961 wurde ich in die Katholische Volksschule für Knaben Köln in der Machabäerstraße eingeschult. Stolz, nun endlich zur Schule gehen zu dürfen, schaute ich in die Kamera des Fotografen. Die Einschulung wurde mit Oma, Opa und Freunden bei Kaffee und Kuchen in unserer Wohnung auf dem Türmchenswall gefeiert. Nachbarjungen und ich spielten Fangen im Hausflur und ich lief, ohne rechts und links zu schauen, auf die Straße. Ein Auto kam von links und erwischte mich am Bein. Im Krankenhaus dann Untersuchung eines kleinen tapferen Erstklässlers, dessen Mutter mehr Behandlung benötigte. Sie war vollkommen fertig. Mir wurde eine tiefrote Tinktur auf die Schürfwunde gepinselt. Mit dieser Verwundung war ich am nächsten Tag die Attraktion in der Schule.

Edgar Barth, Köln

1962: Kleiner Bruder als Retter

Am 3. April 1962 wurde ich in meinem Heimatort Fürstenau im Osnabrücker Land eingeschult. Der Klassenlehrer war sehr nett und die neuen Schulkameraden waren genau wie ich sehr aufgeregt. Fotos wurden gemacht und ich weiß noch, wie peinlich es war, dass ich meine gefüllte Schultüte tragen sollte. Mein kleiner Bruder musste meine Schultüte bis zu uns nach Hause bringen und auch für das Erinnerungsfoto konnte meine Mutter mich nicht überzeugen, die Schultüte selbst zu tragen. Man sieht auf dem Foto auch genau meine Abwehrhaltung.

Petra Simons, Zülpich

1963: Auf den Hund gekommen

1963 kam ich auf die Volksschule Köln-Deutz Gotenring. Die Fotos von den offiziellen Fotografen wurden im Klassenraum gemacht. Mein Vater war zu der Zeit ein begeisterter Hobbyfotograf und so kam es, dass er natürlich auch eigene Fotos machen wollte. Also stellten wir uns vor dem Tor der Schule auf. Mein Vater hatte schon einige Fotos „im Kasten“, als ein älterer Zigarre rauchender Herr auf uns aufmerksam wurde. Er stand eine kurze Weile hinter meinem Vater uns sagte dann plötzlich im breitesten Kölsch: „Dunn dem Jung dä Hungk dobei. Dat sieht doch vill schöner us.“ Und so kam es, dass wir – zumindest auf diesem Bild – einen Hund bekamen.

Wolfgang Pelzer, Köln

1968: Kirschen aus dem  Garten der Lehrerin 

Das Foto zeigt mich 1968 an meinem ersten Schultag in Bergisch Gladbach vor der Grundschule „Am Rosengarten“. Ich war mit fünf Jahren ein sogenanntes Kann-Kind. Die Schultüte war fast größer als ich. Die rote Klubjacke war verhasst, aber ein Muss – dank meiner Mutter...  Meine Lehrerin Fräulein Heuner  habe ich geliebt. Sie war übrigens auch unsere Nachbarin. Ab und an gab es Kirschen aus ihrem Garten.

Ursula Sedlmeyer, Köln 

1971: Eine Schule für die ganze Familie

1971 wurde ich auf die  Katholische Grundschule Diependahlstraße in Köln-Stammheim eingeschult. Ich hatte einen roten Ledertornister. Ich kann mich noch sehr gut an seinen Geruch erinnern. Der Ranzen war fast größer als ich. Auf meiner Schultüte waren Hänsel und Gretel. Ich fand sie riesig und ich trug sie voller Stolz. Dazu ein Kleidchen, weiße Söckchen und Sandalen. Auf dem Foto (links) bin ich in der Mitte zu sehen. Ich stehe vor der Schule – derselben, in die später auch meine  vier Kinder, Sebastian (1993), Johanna (1996) , Rebecca (1997) und Valentin (2005)  gehen sollten (Fotos unten v.l.). Wir besuchten auch alle dasselbe Gymnasium in Köln-Mülheim und hatten teilweise dort auch die gleichen Lehrer. Meine Tochter Rebecca wird Grundschullehrerin und ist mit Begeisterung dabei.

Heidi Offergeld, Köln

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