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„Zweiten Lockdown verhindern“Das bedeutet die lokale Corona-Bremse für NRW

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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet

  • Das Land bleibt bei seiner flexiblen Pandemie-Strategie.
  • Eine der wichtigsten Neuregelungen: Für Hunderttausende Schüler in NRW ist Montag der letzte Tag mit Maskenpflicht im Unterricht.
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten zur weiteren Strategie gegen das Coronavirus.

Düsseldorf/Köln – Keine Masken mehr im Schulunterricht ab 31. August, eine harte Gangart gegen Maskenverweigerer und Quarantänebrecher, die stärker kontrolliert werden sollen. Das Land will zudem alles tun, um das Personal in den Gesundheits- und Ordnungsämtern der Kommunen zu verstärken. Bei der Kontaktverfolgung von Infektionsketten soll die Bundeswehr helfen. In Köln tut sie das bereits. „Wir werden den Kurs der passgenauen Vorsorge fortsetzen“, sagt Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in Düsseldorf nach der Corona-Konferenz der Länderchefs mit Angela Merkel. Was bedeutet das? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ist mit der Maskenpflicht an Schulen?

Die Maskenpflicht wird zwar verlängert, im Unterricht muss der Mund-Nasen-Schutz ab 31. August nicht mehr getragen werden.

Was wird aus der geplanten Beschränkung bei privaten Feiern auf 25 Personen?

In NRW wird es sie nicht geben. Nur fünf Prozent der Ansteckungen entstünden bei solchen Feiern. Man wolle nicht noch tiefer in das Privatleben der Menschen eingreifen, so Laschet.

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Das Land führt eine lokale Corona-Bremse ein. Was heißt das?

Die Landesregierung wird einen lokalen Schwellenwert bei der Sieben-Tage-Inzidenz einführen, der unterhalb von 50 liegt und der noch genau festgelegt wird. Städte und Kreise, die diesen Wert überschreiten, sollen sich mit dem Landeszentrum für Gesundheit abstimmen, wie man rechtzeitig gegensteuern kann. Das kann durch lokale Verbote von Versammlungen, Veranstaltungen oder durch Verkaufsbeschränkungen geschehen.

Welche Regelungen wurden in Bezug auf Großveranstaltungen getroffen?

„Wir müssen alles tun, um einen zweiten Lockdown zu verhindern“, sagt Ministerpräsident Laschet. „Wir können nicht wieder bei Schulen und Kitas anfangen.“ Deshalb wird es laut Landesregierung keinen Bundesliga-Start mit Zuschauern geben. Konzerte mit mehr als 10 000 Besuchern dürfen nicht stattfinden. Eine gesonderte Arbeitsgruppe wird bis Ende Oktober aber einen Bericht vorlegen, ob man bei der Bundesliga und Kulturveranstaltungen schneller zu einer Lockerung kommen kann.

Wie reagiert der 1. FC Köln?

„Erst mal ist es gut, dass wir drei Wochen vor Saisonstart endlich eine Entscheidung haben. Ich war ein bisschen überrascht, denn wir haben von Kollegen und Gesundheitsämtern andere Signale empfangen“, sagt Geschäftsführer Alexander Wehrle. „Dennoch sind wir gut beraten, mit der Politik eine Lösung zu finden. Das wird zu Mindereinnahmen führen, das ist ja klar. Wichtig wird sein, dass wir tragfähige Konzepte mit den Gesundheitsämtern entwickeln, um dann idealerweise im November wieder zu einer Teilöffnung zu kommen. Unsere Konzepte sind als tragfähig eingestuft worden. Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Chefs der Staatskanzleien sich intensiv mit dem Thema befassen werden.“

Was bedeutet das Verbot generell für Veranstalter?

„Die Verlängerung überrascht uns nicht“, sagt Stefan Löcher, Geschäftsführer der Lanxess-Arena. Man habe 160 Konzerte mit 1,7 Millionen Zuschauern verlegen müssen. An dem Format „Arena Now!“ mit bis zu 2400 Besuchern wolle man festhalten. Für die Veranstaltungsbranche mit 1,5 Millionen Mitarbeitern und einem Umsatz von 130 Milliarden Euro sei es wichtig, dass die Politik über Perspektiven nachdenke.

Was ist mit den Kölner Haien?

Die seien auf Spiele mit Fans angewiesen, sagt Löcher. „Genau wie die anderen Clubs der Eishockey-Liga auch“, weiß Löcher. Ansonsten müsse man mit Insolvenzen rechnen. „Wir haben ein Konzept erarbeitet, bei dem unter den Hygiene-Vorschriften bis zu 7000 Zuschauer in die Halle dürften.“ Das Konzept müsse noch mit dem Gesundheitsamt abgestimmt werden.

Was wird aus den Martinszügen?

Auch sie stehen auf der Kippe. Die Verunsicherung in Schulen und Kitas ist groß. „Zum jetzigen Zeitpunkt steht das Thema nicht an“, sagt Stadtsprecherin Nicole Trum. Für die Kindergärten in städtischer Trägerschaft werde es „kein grundsätzliches Verbot“ geben. Nach der Coronaschutzverordnung seien Martinszüge unter gewissen Bedingungen möglich.

Wie reagiert die Theaterszene?

Das Schauspiel Köln tastet sich von Stück zu Stück vor: Zum Auftakt der Spielzeit am 4. September werden bei „Warten auf Godot“ im Depot 1 122 Zuschauer zugelassen, bei der „Hermannsschlacht“ im Depot 2, die am darauf folgenden Abend Premiere feiert, sind es nur 75 Plätze.

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Hausherr Stefan Bachmann musste in der vergangenen Spielzeit seine Inszenierung von Elfriede Jelineks neuem Stück „Schwarzwasser“ absagen, jetzt hat er sie in einen Rundgang für jeweils 30 bis 40 Zuschauer umgewandelt. Die Kölner Philharmonie, Kapazität 2000 Plätze, beschränkt sich pro Konzert auf 1000 Zuschauer und verzichtet auf Pausen.

Bei Veranstaltungen ab 1000 Besuchern müssen sich die kommunalen Behörden mit dem Land abstimmen. Warum?

Das Beispiel des geplanten Großkonzerts in Düsseldorf habe gezeigt, dass „es ein falsches Signal sein kann, ein Konzert mit 13 000 Menschen stattfinden zu lassen, selbst wenn alles stimmt und alle Regeln eingehalten werden“, sagt Laschet. Deshalb müsse das künftig in einem Gesamtrahmen abgestimmt werden.

Was ist mit den Weihnachtsmärkten und dem Karneval?

Das stand bei der Runde mit der Bundeskanzlerin laut Laschet nicht zur Entscheidung an. Aus den Bundesländern gebe es in Sachen Weihnachtsmärkte unterschiedliche Einschätzungen von einem Alkoholverbot bis hin zu großen Abständen.

Wie sieht die Lage in Köln aus?

Die Betreiber der Weihnachtsmärkte am Kölner Dom sowie auf dem Alter Markt und auf dem Heumarkt gehen davon aus, dass es in diesem Jahr überhaupt keine großen Märkte geben kann. Die Veranstalter am Dom haben bereits abgesagt. Dem Vernehmen nach hat das Gesundheitsamt der Stadt schon vor Wochen klar gemacht, dass es keine Märkte in gewohnter Form geben kann. Im Gespräch sind eingezäunte Bereiche mit Zugangskontrollen, außerdem kleinere Märkte für die Kölner, die keine Touristen anlocken sollen. Am heutigen Freitag treffen sich die Marktveranstalter mit der Stadt.

Und der Karneval?

Die Auswirkungen auf den Karneval sind nur kurzfristig absehbar. Straßenkarneval wird es zur Sessionseröffnung definitiv nicht geben. Karnevalstouristen sollen zu Hause bleiben und nicht zu Tausenden in die Städte kommen. Für die Durchsetzung des Verbots wäre in Köln der Krisenstab zuständig. Dennoch wird es Veranstaltungen auch am 11.11. geben. In der Arena und am Tanzbrunnen könnte es ein kontrolliertes jeckes Treiben genauso geben wie am Ostermannbrunnen mit einer TV-Sessionseröffnung. Kneipenkarneval ist unwahrscheinlich.

Wie reagiert die Kirche?

Gottesdienste, insbesondere die traditionell stark frequentierten Christmetten an Heiligabend, sind durch die Verlängerung des Verbots von Großveranstaltungen derzeit nicht tangiert. Die Kirchen haben detaillierte Hygienekonzepte mit Kontaktverfolgung ausgearbeitet. „Wir verfolgen die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie selbstverständlich sehr genau“, versichert ein Sprecher des Erzbistums Köln am Donnerstag. Die Regelungen für die öffentlichen Gottesdienste an den Weihnachtsfeiertagen würden „zu gegebener Zeit veröffentlicht“.

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