36 Jahre späterNRW schließt Lücke auf der A1 – Das müssen Autofahrer jetzt wissen

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Ein Schild wirbt bei Kelberg (Rheinland-Pfalz) für den weiteren Ausbau der Autobahn A1. (Archivfoto)

Düsseldorf – Generationen von Verkehrsministern in Nordrhein-Westfalen haben sich am Lückenschluss der A 1 in der Eifel die Zähne ausgebissen. Seit 1982 geht ab Blankenheim nichts mehr. Von Süden kommend sind seither wenigstens Stück für Stück ein paar Kilometer hinzugekommen, jetzt soll endlich der große Wurf her.

Damit der gelingt, hat der neue NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) die Trasse zwischen Blankenheim und Lommersdorf jetzt noch einmal überarbeiten lassen. Dabei will er auch der Natur gerecht werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisierte das Projekt bisher scharf, bezeichnet es als „eine der größten Fehlplanungen des Bundesverkehrswegeplans“. Wertvolle Landschaften würden zerschnitten und Lebensräume von streng geschützten Arten wie Haselhuhn und Schwarzstorch, Wildkatze und Luchs stark beeinträchtigt.

Die schwarz-gelbe Landesregierung hofft, dass die neue Streckenführung, die rund 60 Millionen Euro teurer wird, auch Naturschützer besänftigen könnte. Sie will die Pläne am Freitag in allen Einzelheiten vorstellen.

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Warum muss die Lücke auf der A1 überhaupt geschlossen werden?

Weil sie zwischen der Ostsee (Heiligenhafen) und der französischen Grenze bei Saarbrücken sowohl eine überregionale als auch viele regionale Verbindungen sichert. Für den internationalen Transitverkehr auf der Route von Skandinavien nach Spanien zählt die A 1 zu den wichtigsten Autobahnen in Deutschland.

Wie groß ist die Lücke?

In der Eifel fehlen zwischen den Anschlussstellen Blankenheim in Nordrhein-Westfalen und Kelberg in Rheinland-Pfalz rund 25 Kilometer. Erst wenn diese Lücke geschlossen ist, kann die A 1 ihren vollen Nutzen entfalten. Seit Dezember 2016 ist das Projekt im Fernstraßenausbau-Gesetz daher als vordringlich eingestuft. Der Ausbau der A 1 ist seit mehr als 30 Jahren ein Dauerbrenner. 1985 war die Planung für den Abschnitt bei Blankenheim gestoppt worden.

Wie viel kostet das alles?

Einschließlich Tunnel rund 560 Millionen Euro. Das sind allerdings Schätzungen, die zum Teil aus dem Jahr 2014 stammen.

Wer plant was?

Rheinland-Pfalz und NRW betreiben gemeinsam die Planungen. Die Federführung für die südlichen rund zehn Kilometer liegt in Rheinland-Pfalz und für die nördlichen rund 15 Kilometer in NRW.

Wie viele Bauabschnitte gibt es?

Drei. Von Süden nach Norden betrachtet sind es der 10,5 Kilometer lange Abschnitt zwischen Kelberg und Adenau, der mit 21 Brücken rund 205 Millionen Euro kosten wird. Es folgt der Abschnitt zwischen Adenau und Lommersdorf (8,7 Kilometer) mit neun Brücken: Kosten rund 250 Millionen Euro.

Die beiden größten werden die Talbrücke Aulbach (900 Meter lang) und die Ahrtalbrücke (840 Meter) sein. Für das kürzeste Stück zwischen Lommersdorf und Blankenheim, rund sechs Kilometer lang, das bisher mit 57 Millionen Euro kalkuliert war, hat das Land NRW die Planungen jetzt noch einmal überarbeitet.

Warum?

Weil die neue Variante, die einen Tunnel und weniger Brückenbauten bedeutet, laut Ministerium umweltverträglicher ist. Es geht dabei auch um die Haselhuhn-Gebiete am derzeitigen Ende der Autobahn. Ein Tierfilmer hatte Mitte 2016 behauptet, er habe im Planungsgebiet der Autobahn ein Haselhuhn gesichtet. Bewiesen ist das nicht. Seither jedoch ist das Haselhuhn fast schon ein Symbol für den Streit zwischen Umweltschützern und den Autobahn-Befürwortern.

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Unstrittig ist, dass bei der gesamten Trassenführung drei Vogelschutzgebiete und drei Fauna-Flora-Habitat-Gebiete zu berücksichtigen sind. Die neue Planung sei mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) und dem NRW-Umweltministerium abgestimmt, so das Verkehrsministerium. Minister Hendrik Wüst will sie am Freitag vorstellen. Durch den Tunnel wird der Abschnitt zwischen Lommersdorf und Blankenheim etwas länger. Die Kosten werden von bisher 57 auf 117 Millionen Euro steigen, sich also mehr als verdoppeln.

Wie sieht die Verkehrsprognose für den neuen Abschnitt aus?

Für das Jahr 2025 werden nach Schätzungen der Experten dort täglich zwischen 24 000 und 30 000 Fahrzeuge unterwegs sein, davon 5400 bis 6000 Lkw. Durch den Lückenschluss wird sich der Verkehr vom Kölner Norden bis in den Trierer Süden neu verteilen. Das könnte auch zu einer Entlastung des Kölner Autobahnrings führen.

Was ist bisher geschehen?

Die Lücke im europäischen Fernstraßennetz zwischen dem Autobahndreieck Vulkaneifel bei Mehren und Blankenheim in NRW konnte in den vergangenen Jahren kontinuierlich verkleinert werden. Vom Autobahndreieck Vulkaneifel bis zur Anschlussstelle Kelberg (B 410) ist die A 1 bereits fertig.

Welche Folgen hätte es, würde die Lücke nicht geschlossen?

Die Verkehrsingenieure haben eine Prognose für eine Zeitspanne von 30 Jahren erstellt. Danach spart die neue Verbindung pro Jahr 66,5 Millionen gefahrene Kilometer und knapp 2900 Tonnen Kraftstoff pro Jahr. Das sind 29 Millionen Liter. Mit dem Lückenschluss werden nach Angaben des Landesbetriebs Straßen NRW auch viele Unfälle vermieden. Auf 30 Jahre gerechnet wären das rein statistisch gesehen 24 Getötete, 273 Schwerverletzte und mehr als 1000 Leichtverletzte weniger.

Wann wird mit dem Bau begonnen?

Das ist noch völlig unklar. Die Pläne für den Abschnitt zwischen Kelberg und Adenau werden vom 23. Juli an für vier Wochen zur Einsicht offengelegt. Wenn es keine Einsprüche gibt, könnte es für diesen Abschnitt spätestens im nächsten Jahr Baurecht geben. Fest steht: Das Klein-Klein beim Ausbau in den vergangenen Jahren wird ein Ende haben. Und an den Kosten wird der Lückenschluss auch nicht scheitern.

Wäre der Ausbau bestehender Strecken eine Alternative?

Verschiedene Varianten sind im Vorfeld untersucht worden. Das Ergebnis war eindeutig: Sie sind angesichts des hohen Verkehrsaufkommens auf dieser Transitstrecke keine Alternative. Die Landesregierung geht davon aus, dass durch den Lückenschluss und die bessere Erreichbarkeit der Nordeifel und der Zentraleifel Wirtschaft und Tourismus gestärkt werden. Die Region sei derzeit strukturell benachteiligt.

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