Besorgniserregender AprilWas Experten zu den Waldbränden im Rheinland sagen

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Ein Feuerwehrmann versucht inmitten lodernder Feuer in Gummersbach zu löschen.

Ein Feuerwehrmann versucht inmitten lodernder Feuer in Gummersbach zu löschen.

  • In den Wäldern in NRW herrscht Alarmbereitschaft, denn der niederschlagsarme April erhöht die Gefahr von Feuern und Glutnestern.
  • Dringend wird ausgiebiger Regen benötigt, ist aber vorerst nicht in Sicht.
  • Ein Überblick über die brenzlige Lage in den Forsten.

Köln – Die gegenwärtig akute Trockenheit hatte im Zusammenspiel mit dem zuletzt starken Ostwind die befürchteten Auswirkungen auf einige Teile des Landes Nordrhein-Westfalen: Waldbrände wurden aus Gummersbach und der deutsch-niederländischen Grenze gemeldet. Im Oberbergischen Kreis standen am Montag 35 Hektar in Flammen – „dabei handelte es sich um einen Vollbrand bis hoch in die Baumspitzen. Das ist sehr ungewöhnlich“, sagt der Biologe Michael Blaschke vom Landesbetrieb Wald und Holz in NRW. Normalerweise habe man es im April mit Bodenbränden zu tun. Im Gebiet zwischen Niederkrüchten und Roermond am Niederrhein, eine Region mit trockenen Heide- und Waldlandschaften, sind derzeit Hunderte Feuerwehrleute im Naturschutzgebiet „de Meinweg“ im Einsatz, um Flammen und Glutnester zu löschen, die seit Montag registriert werden. Die betroffene Fläche betraf bis Mittwochmittag 200 Hektar.

Die kritische Lage mit Waldbränden im April, langer Trockenheit, und der Tatsache, dass vorerst kein ausgiebiger Regen in Sicht ist, öffnet den Blick auf die generelle Lage, die in der Frage mündet: Was ist da gerade los? Ein Überblick.

Ist die aktuelle Wetter- und Waldbrandlage normal für den Monat April?

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Laut Michael Blaschke ist in NRW vor allem der April „der Monat der Waldbrände“. Die Böden und das alte Laub seien sehr trocken, Wind kann durch noch kahle Bäume fegen und Glutnester in Brände verwandeln.

Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst sagt, die aktuelle Situation, die Tatsache also, dass ein Hochdruckgebiet konstant über Deutschland liegt, habe mit dem „chaotischen System der Atmosphäre“ zu tun. Eine Häufung der unbeweglichen Hochdruckgebiete – zu beobachten auch in den beiden letzten, übermäßig heißen Sommern – sei registriert worden, „eine Erklärung dafür haben wir aber noch nicht“, sagt Friedrich. Um von einem Klimatrend zu sprechen sei es jedoch zu früh: „Der ergibt sich innerhalb von 30 Jahren.“

Bestätigt die Tatsache, dass der April warm und trocken ist, einen Trend der vergangenen Jahre?

Dieser April, sagt Friedrich, „wird wohl einer der trockensten seit der regelmäßigen Aufzeichnung der Wetterdaten im Jahre 1881 werden“. Bisher seien im April in NRW 2,6 Liter pro Quadratmeter Regen gefallen – die als Richtwert angenommene Durchschnittsmenge betrage allerdings 63,7 Liter/m2 , womit der aktuelle Wert gerade mal vier Prozent der normalen Niederschlagsmenge ausmacht. Zehn Mal sei der April zuletzt in NRW unter dem Mittel geblieben. Derzeit steuere NRW auf den dritttrockensten April seiner Geschichte nach 2007 und 1993 zu.

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Was provoziert gerade die Waldbrände?

Drei Faktoren seien dabei entscheidend, sagt Biologe Blaschke: Zunächst die Tatsache, dass es zuletzt zwei Dürresommer hintereinander gegeben habe, die die Bäume schwer angeschlagen hätten. Viele von ihnen hätten die Hitzephasen auch nicht überlebt – was insbesondere für die vom Borkenkäfer befallenen Fichten gilt. Hinzu komme die aktuelle Trockenheit. Schließlich ist da noch der Ostwind, der vor allem am Montag und Dienstag immer wieder Glutnester entfacht habe. Eigentlich sei NRW ein Bundesland, das mit Waldbränden nicht viel zu schaffen habe, sagt Blaschke. Und: Laub- und Mischwälder wie etwa der Kölner Stadtwald oder der Bonner Kottenforst sind nicht so gefährdet wie Nadelforste. Und so besteht auch in Kölner Wäldern derzeit eine große Gefahr von Bränden, wie die Stadt am Mittwoch mitteilte. Das gelte vor allem für die vielen Nadelholzbestände in den rechtsrheinischen Waldgebieten der Stadt.

Im Übrigen sei es so, dass „für 95 Prozent der Waldbrände der Mensch verantwortlich ist“, sagt Blaschke. So auch in Gummersbach: Dort soll ein 24-Jähriger den Brand durch „leichtfertigen Umgang mit dem Feuer“ ausgelöst haben, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. In der Natur sorge allenfalls Blitzeinschlag für Feuer, sagt Blaschke.

Was lässt sich tun, um Waldbrände zu vermeiden?

Selbstredend sollten offene Feuer unbedingt vermieden werden. Zwischen dem 1. März und dem 31. Oktober ist zudem Rauchen in Wäldern nicht gestattet. Raucher sollten ihre Zigarettenstummel zudem nicht in Waldnähe aus dem Fenster werfen. Waldbesucher sollten dort zudem weder Glas noch -scherben hinterlassen, um den Brennglaseffekt zu vermeiden.

Was bedeutet der trockene April für die Landwirtschaft?

Zurzeit sind Felder in der Kölner Bucht sehr trocken, an manchen Stellen ist der Boden so hart, dass er Risse bildet wie sie sonst nur nach einer langen Dürre zu sehen sind. Kornfelder wachsen zwar, doch wirken sie zurzeit nicht so zusammenhängend grün wie es nötig wäre. Gräser auf Wiesen wechseln an manchen Stellen schon die Farbe: von grün zu braun. Bäumen treiben dagegen aus, sie sind Tiefwurzler, die sich aus dem Untergrund ihr Wasser besorgen, von dem im Winter reichlich herabgeregnet ist.

Gefährdete Region

Am Stadtrand Gummersbach hat ein Feuer 25 Hektar Wald vernichtet. Der verheerendste Brand in der Gegend seit Jahrzehnten ist am Montag ausgebrochen, offenbar durch fahrlässige Brandstiftung. Immer wieder finden die Einsatzkräfte Glutnester in dem Wald auf dem Hömericher Kopf. Die Rettungsarbeiten dauern vermutlich noch bis Freitag. Auf dem Hömerich habe viel noch nicht abgeräumtes trockenes Käferholz gestanden, sagt Michael Tescotti vom Regionalforstamt in Gummersbach. Vom Wind angefacht, fanden die Flammen reichlich Nahrung. Abgebrannt ist allerdings auch eine erst im Oktober angepflanzte Jungkultur, der finanzielle Schaden für den Eigentümer sei noch nicht abzusehen.

Auch im Rheinisch-Bergischen Kreis und im Rhein-Sieg-Kreis hat es zuletzt gebrannt. In Rhein-Berg hat Kreisbrandmeister Wolfgang Weiden aktuell die Bevölkerung aufgerufen, „sich möglichst aus den Wäldern fernzuhalten“.

Im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis sind insbesondere die Heideflächen in der Wahner Heide, wo es erst am Dienstag wieder gebrannt hat, oder der Hangelarer Heide gefährdet. Ihre Gras- und Buschvegetation fängt schnell Feuer, das auch ausreichend Nahrung in den getrockneten Pflanzen findet. Die dort noch vorhandenen alten Fichtenbestände, die vom Borkenkäfer stark geschädigt sind, sind ebenfalls anfällig für Feuer. Das gilt auch für schon kahl geschlagene Flächen. Dort liegen viele kleine trockene Holzteile, die schnell Feuer fangen können. Das gilt auch für Teile des Siebengebirges, die Waldflächen auf der Nutscheid und der Leuscheid.

Zwar ist der Rhein-Erft-Kreis ein eher waldarmes Gebiet, trotzdem gibt es auch dort Flächen, die in Brand geraten können. Die Wasserreservoire sind durch den verregneten Februar durchaus voll, teilt der Kreis mit, doch laut dem Waldbrandgefahrenindex liegt die Gefährdung dennoch bei mittel bis stark. (ksta)

Bauernpräsident Joachim Rukwied sagt: „Wir Bauern schauen mit großer Sorge auf die Wetterdaten. Die fehlenden Niederschläge im März und April haben unsere Böden, egal ob Acker oder Grünland ausgetrocknet. Wir brauchen dringend einen länger anhaltenden Landregen, damit die Pflanzen sich entwickeln können.“ Bewässerungsanlangen seien bereots im Einsatz. Rukwieds Fazit: „Wenn es weiter so trocken bleibt könnte es wieder ein sehr schwieriges Jahr für die deutsche Landwirtschaft werden.“

Wie sind denn die Aussichten? Ist Regen in Sicht?

Meteorologen können nur eine Woche in die Zukunft blicken. Allerdings kann es am Montag und Dienstag gebietsweise zu leichten Niederschlägen kommen. Aber es gibt keinen Landregen“, sagt Andreas Friedrich.

Wie ist die aktuelle Situation in Niederkrüchten?

Die Brände im deutsch-niederländischen Grenzgebiet hatte die Feuerwehr am Mittwochmittag unter Kontrolle, meldete der Kreis Viersen. Dennoch bleibe die Lage „instabil-stabil“, weil nicht absehbar sei, wie sich die Winde in der nächsten Zeit entwickelten.

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