Bornheimer SpargelhofGewerkschaft prüft 180 Klagen wegen fehlender Löhne

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Erntehelfer des Spargelbetriebs Ritter demonstrierten am Montag in Bornheim.

Erntehelfer des Spargelbetriebs Ritter demonstrierten am Montag in Bornheim.

  • Seit einer Woche streiken in Bornheim rumänische Erntehelfer eines Spargelhofs gegen schlechte Wohn- und Arbeitsbedingungen.
  • Die Freie ArbeiterInnen Union (FAU) Bonn unterstützt die Erntehelfer dabei. Sie wollen nun gerichtlich gegen den Insolvenzverwalter des Unternehmens vorgehen, der Löhne für bereits geleistete Arbeitsstunden zurückhalte.
  • Der Sprecher des Insolvenzverwalters weist den Vorwurf allerdings zurück.

Bornheim – Die Freie ArbeiterInnen Union (FAU) Bonn plant gerichtlich gegen den Insolvenzverwalter des Bornheimer Spargelunternehmens Ritter vorzugehen. Es werde die Eröffnung von etwa 180 Gerichtsverfahren geprüft, teilte die Gewerkschaft am Freitag auf einer Pressekonferenz mit.

Seit einer Woche streiken dort rumänische Erntehelfer gegen schlechte Wohn- und Arbeitsbedingungen. Die FAU, eine anarchistische Gewerkschaft, wirft dem Insolvenzverwalter vor, Löhne für bereits geleistete Arbeitsstunden zurückzuhalten.

Vertreter der FAU und Anwälte bei der PK

Vertreter der FAU und Anwälte bei der PK

„Die Entscheidung, dass Klagen eingereicht werden, die steht“, sagte Rechtsanwalt Harald Klinke, der die Streikenden in den beraten habe und zahlreiche Arbeitnehmer juristisch vertrete. Es sei aber noch offen, in welchem Umfang geklagt werde. Dazu fehlten den Anwälten bislang Informationen zur Lohnberechnung. Sie hoffen diese vom Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellt zu bekommen.

Lohnabrechnungen seien fehlerhaft

Am vergangenen Montag und Mittwoch seien Arbeitern Teile ihres Lohnes ausgezahlt worden. Die von der FAU vermittelten Anwälte überprüften die Lohnabrechnungen nun. Bei ersten gesichteten Abrechnungen seien Fehler zu erkennen, so Rechtsanwalt Stefan Hübner. Die Arbeiter hätten nur einen Bruchteil von dem ausgezahlt bekommen, „was ihnen wahrscheinlich zusteht.“

Nach einer Mitteilung des Insolvenzverwalters bekomme jeder Arbeiter mindestens den Mindestlohn. Wenn das stimme, hätten die Arbeitnehmer etwa 20 bis 50 Prozent ihres Gehalts ausgezahlt bekommen, so Hübner. Für die Unterkunft sei zudem ein fast doppelt so hoher Betrag abgezogen worden, wie im Mietvertrag vereinbart. Auch die Pfändungsfreigrenze sei nicht eingehalten worden. „Auf diesen Abrechnungen ist vieles unklar“, sagte Hübner.

Kündigung aller Erntehelfer

Kündigungen, die laut einem Sprecher des Insolvenzverwalters ausgesprochen worden sind, seien bei den Arbeitern nicht angekommen. Wie der Sprecher auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilte, sei ein erster Teil der Erntehelfer am Sonntag gekündigt worden. Der Grund: Weil schon viel abgeerntet worden sei, habe man nur noch wenige Helfer benötigt. Am Dienstag seien die Kündigungen der restlichen Arbeiter aufgrund von Ausschreitungen erfolgt. Man könne die Sicherheit auf den Feldern nicht mehr garantieren.

Die Mitarbeiter hätten jeweils am Montag und Mittwoch „ihre Löhne vollständig ausgezahlt bekommen“. Laut Sprecher wurden am Montag Erntehelfer von Demonstrierenden beleidigt. FAU-Sprecher Erik Hagedorn schildert die Vorgänge ganz anders: Die Demonstranten seien von Erntehelfern als Vermittler gerufen worden, weil der Shuttle-Bus zur Kantine nicht losgefahren sei.

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Die FAU übernahm am Sonntag die gewerkschaftliche Vertretung einer Betriebsgruppe und organisierte Demonstrationen unter anderem vor dem rumänischen Konsulat. Am Mittwoch machte sich die rumänische Arbeitsministerin Violeta Alexandru vor Ort ein Bild von der Lage.

FAU-Sprecher Hagedorn zeigte sich zufrieden mit der Zwischenbilanz: Die Unterkünfte seien bislang, anders als angekündigt, nicht geräumt worden, Löhne wurden zum Teil gezahlt und man habe eine Öffentlichkeit für die Missstände geschaffen.

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