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Coming Out als Frau mit 58 Jahren„Wem mein Gesicht nicht gefällt, der hat Pech”

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Andrea Andrä hieß jahrzehntelang Uwe Andrä. Sie war für alle ein Mann, außer für sich selbst. Mit Ende 50 fand sie den Mut, öffentlich als Frau zu leben.

  • Uwe Andrä weiß schon als Kind, dass sie kein Junge, sondern ein Mädchen ist. Sie kompensiert ihre Scham mit umso mehr Männlichkeit – beim Sport und bei der Bundeswehr. „Ich hatte das Gefühl, pervers zu sein.” Es dauert Jahrzehnte, bis sie sich traut, ihr richtiges Geschlecht offen zu leben und Andrea Andrä zu werden. Die Geschichte einer mutigen und lange Zeit sehr einsamen Frau.

Uwe Andrä ist seit elf Jahren mit seiner zweiten Frau verheiratet, als der Tag kommt. Der Tag, an dem das Geheimnis ans Licht drängt, das er seit vier Jahrzehnten mit sich herumträgt, in einer Ecke der gemeinsamen Wohnung versteckt, zugestapelt mit Dingen, die garantiert niemand braucht.

Anruf in der Konditorei „Refrather Café“, Andrä wird nach Hause bestellt. Auf dem Tisch steht eine Kiste mit Kleidern, Röcken und Damenschuhen. Von wem die Klamotten seien, fragt seine Frau. Sie glaubt, einen Fremdgänger zu konfrontieren. Stille. Uwe Andrä sagt zwei Worte: Von mir. Dann kann er nur noch weinen. Ein Jahr später: Trennung.

Andrea Andrä kann aus einem rosa Klümpchen Marzipan in gerade einmal sechzig Sekunden ein Schweinchen formen, das jeden fröhlich macht. Es streckt eine winzige Zunge raus, schaut mit Kulleraugen hoch von der Arbeitsfläche der Backstube am Refrather Siebenmorgenweg. Mehr als 1000 Schweinchen stellt die 66-Jährige in diesen Tagen her. Glücksbringer zum Jahreswechsel. Zum eigenen Glück war es für Andrä ein langer und einsamer Weg. Er veränderte ihren Körper. Er brachte schwere Depressionen mit sich. Und die Erkenntnis, dass Andrä nie ein Mann war. Darum wird sie auch in diesem Text fortan niemals ein „er“ sein. Auch wenn es um Zeiten geht, als sie für alle anderen noch Uwe war.

Als sie acht Jahre alt ist, muss Uwe, am 13. Oktober 1953 in Castrop-Rauxel geboren, Kleidung ihrer Cousine anziehen, weil ihre eigene nass geworden ist. „Die wollte ich überhaupt nicht mehr ausziehen“, sagt Andrä und nippt an einem der Tische in ihrer Konditorei an kalt gewordenem Kaffee. Immer häufiger schließt Uwe sich damals im Bad ein, nutzt jede Gelegenheit, um in Mädchenkleider zu schlüpfen. Heimlich. Doch mit den Jahren wächst die Scham. „Damals konnte man nicht bei Google nachgucken, was mit einem los ist. Selbst die Bravo, die damals gerade erst rauskam, hat nur über Bützerei bei Teenies geschrieben. Ich habe mich gefühlt wie ein Freak. Ich hatte lange Zeit das Gefühl, pervers zu sein.“

Uwe kompensiert. Uwe ist wilder und männlicher als die Jungs um sich herum. Und sportlicher: Bei den Ausscheidungswettkämpfen für das deutsche Trainingslager der Olympiade in München 1972 unterliegt sie gegen Schwimmer Walter Kusch, der 1978 Weltmeister in 100 Metern Brust wird.

Nach neun Jahren Volksschule, einer Ausbildung zum Bäcker und Konditor dann: Bundeswehr. Vier Jahre lang, bis zum Stabsunteroffizier. Andrä will ursprünglich zu den Kampftauchern. Doch weil Roggenmehlstaub in der Ausbildung ihre Zähne angegriffen hat, eine Bäckerkaries genannte Berufskrankheit, wird sie abgelehnt. Stattdessen macht Andrä in der Bundeswehr-Küche Karriere. Mit 23 Jahren heiratet sie ihre erste Ehefrau, zieht von Höxter ins Bergische Land.

Niemand weiß, wie viele Menschen in Deutschland transident sind, deren Geschlechtsidentität also von den körperlichen Geschlechtsmerkmalen abweicht. Die Dunkelziffer ist hoch. Von 0,6 Prozent geht die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) aus. Wer mit der Ersten Vorsitzenden Petra Weitzel telefoniert, bekommt zunächst einmal das Wichtigste eingeschärft. Dass man von Trans*-Menschen schreiben soll, damit alle Kategorien erfasst würden. Denn es gebe neben den Transmännern und -frauen auch die nicht-binären Menschen, also die, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. „Und wir sprechen bei Operationen von Geschlechtsangleichung, niemals von -umwandlung oder -wechsel“, erklärt sie.

Natürlich hat Weitzel von Georg Kellermann gehört, die beim WDR-Fernsehen seit vielen Jahren als Korrespondentin und Studioleiterin arbeitet. Vor zwei Wochen hat Kellermann in einem bewegenden Fernsehbeitrag erstmals öffentlich erklärt, künftig ihr Frausein nicht mehr verstecken zu wollen und sich Georgine Kellermann zu nennen. Auf die Frage, warum sie damit bis 62 gewartet habe, kam die Antwort: „Ich hatte Sorge, dass man über mich lacht. Dass man das nicht mehr trennt – die journalistische Kompetenz und die soziale Kompetenz. Und dass alles in einen Topf geworfen wird. Ich hatte Angst, nicht mehr das machen zu können, was ich so gerne tat.“

Ein spätes Coming-out als Trans*-Mensch zu haben, sei nicht ungewöhnlich, sagt Weitzel. „Es kommt darauf an, zu welcher Zeit man geboren ist.“ Wer heute im Jugendalter sei, habe sein Coming-out oft bereits mit 18 oder 19 Jahren. Wissen täten es die meisten Betroffenen schon viel früher, als Kinder oder spätestens zu Beginn der Pubertät. Viele Faktoren kämen zusammen, warum das öffentliche Bekenntnis oft erst Jahre später erfolge: „Weil man einen Partner hat, der damit nicht klarkommt. Oder wenn im Umfeld über das Thema gelästert wird. Wenn man in der Öffentlichkeit steht wie Georgine Kellermann, ist der Druck noch mal viel höher.“

Andrä muss 56 Jahre alt werden, der Kistenfund ist fast zehn Jahre her, bis sie sich im November 2009 erstmals freiwillig jemandem anvertraut – einem Psychologen. In den Monaten zuvor hatte ihr Geheimnis sie gequält, zermürbt, aufgerieben. Sie kompensierte. Mit Arbeit. Sieben Tage pro Woche in ihrer Konditor-Backstube, selten unter zehn Stunden, gern auch abends. „Dann konnte ich mich umziehen und in Mädchenklamotten weiterarbeiten. Das habe ich als Befreiung empfunden.“

Ihr Hausarzt beobachtete die „unkontrollierbare Situation“, in die sich Andrä reinmanövriert hatte, ohne konkret zu wissen, was los war. Ein halbes Jahr lang redete er auf sie ein: „Er hat mich ständig gedrängt, mir Hilfe zu suchen, in der Praxis und an der Theke.“ Erst als er drohte, sie nicht mehr zu behandeln, ging sie zum Psychologen. Der braucht ein weiteres halbes Jahr, um sie von einer Therapie in einer Fachklinik zu überzeugen. Im Januar 2011 ist es so weit. Aus vier Wochen werden sieben, anschließend geht sie zur Reha.

Gegen ihren Willen geoutet

Während ihrer Therapie wird Andrä von jemandem, über den sie kein weiteres Wort verlieren möchte, in ihrem Wohnort Refrath geoutet. Gegen ihren Willen, „auf übelste Weise“. Sie sagt aber auch: „Eigentlich hat die mir einen Gefallen getan. Ich kam aus der Klinik im Allgäu zurück und jeder wusste Bescheid. Es gab kein Zurück für mich.“ Doch trotz Therapie gehen die Ängste mit ihr durch. Uwe Andrä wird zu Andrea Andrä in vielen winzigen Schritten. Mal trägt sie Frauenschuhe auf der Straße. Mal nimmt sie eine Handtasche mit aus dem Haus. „Jedes neue Teil war eine Mutprobe, mit Scham-Attacken verbunden.“

Sie schuftet parallel dazu an der Eröffnung ihrer neuen Konditorei, ganz in der Nähe ihres alten „Refrather Café“, das sie abgegeben hat. Die Angst ist groß, dass die Kundschaft ausbleiben wird – „dass die Refrather mich so ablehnen, dass keine Sau kommt“. Trotzdem zieht sie einen Rock an, als die Konditorei Andrä am 20. Februar 2012 eröffnet. Zum ersten Mal in ihrem Leben öffentlich. „Als wir die Tür aufgeschlossen haben, wäre ich am liebsten im Erdboden versunken.“

Die Angst vor den Reaktionen nach einem Coming-out sind nicht unbegründet. Generell sei ein Anstieg der Aggressionen gegen Trans*-Menschen zu beobachten, heißt es bei der dgti. Auf der Internetseite sind Übergriffe dokumentiert. Etwa ein Zettel an einer Haustür mit einem Aufruf zu Gewalt: „Schlagt es, bespuckt es“ und „Früher hätte man dich vergast“. Täter: unbekannt. Oder ein Fall vom 4. Dezember: Eine Frau findet an ihrer Haustür ein Schild mit dem Wort „Transensau“ und einer Morddrohung. Häufiger als Gewalt ist Mobbing: Eine Sparkassen-Mitarbeiterin sei nach ihrem Outing als Frau in den Keller versetzt worden, bloß weg von den Kunden.

„Das waren Sauffreunde, mehr nicht”

Schon mit ihrer Körpergröße fällt Andrea Andrä als Frau auf: 1,76 Meter plus hohe Schuhe. Eine Zielscheibe ist sie trotzdem nicht. Die Reaktionen auf den Rock zur Eröffnung? „Durch die Bank positiv.“ Vom ersten Tag an schreibt sie mit ihrer Konditorei schwarze Zahlen. Die Kunden an der Kuchentheke bestellen, scherzen, bezahlen, winken, gehen. So wie überall. Extra aus der Eifel ist ein Ehepaar gekommen, um eine spektakulär dekorierte FC-Marzipantorte für den Sohn zum Geburtstag abzuholen. „So schön wie er macht das doch keiner“, schwärmt der Mann von Andräs Konditorkünsten. Eilig korrigiert er sich: „So schön wie sie.“ „Da hast du aber gerade noch die Kurve gekriegt“, kontert Andrä lachend.

Im privaten Umfeld habe sie nach ihrem Outing einige Menschen eingebüßt, erzählt sie dann und stellt ein Stück Nusstorte zum Probieren an den Tisch. „Das waren Sauffreunde, mehr nicht. Und saufen tue ich als Dame sowieso nicht mehr.“ Dafür habe sie neue Freunde gewonnen. Und das Wichtigste, eine neue Liebe: Kurz vor ihrer Therapie erzählt sie einer langjährigen Bekannten in der Silvesternacht ihre Geschichte. Sie werden ein Paar. Sie sind es bis heute.

Ob jemand schon offenkundig über sie gelästert hat? „Selbst wenn jemand dumme Sprüche hinter meinem Rücken macht: Was stört es eine Eiche, wenn sich ein Wildschwein daran kratzt? Ich bin selbstbewusst und sogar arrogant genug, um zu sagen: Dafür drehe ich mich nicht noch um.“

Als die Reporterin anmerkt, dass sie dieses Selbstbewusstsein beim ersten Gespräch im Jahr 2014 noch nicht an ihr verspürt habe, nickt Andrä: „Die selbstverständliche Lebensweise, die sich bei mir entwickelt hat, hätte ich mir nie erträumt. Und meine Brüste sind auch größer geworden seitdem, findest du nicht?“ Die Brüste sind natürlich gewachsen, durch die Hormon-Einnahme. Die Haare hat sie einfach wachsen lassen. Einige Jahre habe sie gebraucht, um ihren Kleidungsstil zu finden.

„Anfangs mussten die Klamotten unbedingt mädchenhaft sein. Das ist heute nicht mehr so. Ich laufe zwar nicht rum wie eine alte Tante, obwohl ich eine bin. Aber ich will auch nicht den Fehler machen, den viele Trans-Frauen machen.“ Extrem kurze Röcke und extrem hohe Schuhe finde sie unnatürlich. „Normal als Frau bewegen kannst du dich nur, wenn du dich auch normal als Frau kleidest.“ An ihrer Stimme will sie nichts machen lassen, auch wenn sie am Telefon häufig als „Herr“ angesprochen wird. „Ich will für mich selbst authentisch bleiben. Auch mein Gesicht bleibt, wie es ist. Wem das nicht gefällt, der hat Pech.“

„Ganz besondere Patienten”

Für Enver Özgür waren die Menschen, die er äußerlich als Männer kennenlernte und als Frauen wieder verabschiedete, „ganz besondere und sehr dankbare Patienten“. Der Privatdozent mit urologischer Praxis in Rondorf nahm zwischen 2004 und 2014 als einer von wenigen Ärzten geschlechtsangleichende Operationen an der Kölner Uniklinik vor. Heute sind die nächsten Kliniken in Essen und Frankfurt. Ganz am Anfang, sagt Özgür, habe er „seine Schwierigkeiten mit dem Thema“ gehabt. Doch dann habe er die psychiatrischen Gutachten seiner Patientinnen gelesen: „Viele waren sehr traumatisiert und sind einen extrem harten Weg gegangen.“ Ihm sind die auffällig männlichen Berufe in Erinnerung geblieben, viele Soldaten und Polizisten.

In Köln habe man nur in eine Richtung operiert, die vergleichsweise einfachere, von Männerkörper zu Frauenkörper. „Aber auch das sind hoch komplizierte Operationen.“ Bei vielen seiner Patientinnen hätten selbst Gynäkologen anschließend äußerlich nicht erkennen können, dass die Vagina das Ergebnis einer OP sei. Und bei zweien wüssten nicht einmal deren Ehemänner von dem früheren Eingriff. „Ich persönlich kenne keine Patientin, die ihre Operation bereut hat. Für viele war das ihr zweiter Geburtstag.“

Transidentität wird in Deutschland als „Leiden am falschen Körper“ definiert. Im sogenannten Transsexuellengesetz wurde 1981 festgelegt, dass Trans*-Menschen ihren Personenstand nur ändern dürfen, wenn sie dauerhaft fortpflanzungsunfähig sind und sich auch körperlich voll dem gefühlten Geschlecht angeglichen haben. Der Staat verlangte also eine Zwangssterilisation. 2011 kippte der Bundesgerichtshof das Gesetz: Seitdem muss sich niemand mehr die Geschlechtsteile umformen oder entfernen lassen, hohe Risiken und Schmerzen in Kauf nehmen, um zu beweisen, dass er transident ist.

Bereits 2009 wurde richterlich entschieden, dass verheiratete Trans*-Menschen sich nicht erst scheiden lassen müssen, um ihr Geschlecht rechtlich ändern zu dürfen. Diese beiden Urteile hätten viele Menschen dazu ermutigt, sich öffentlich zu bekennen, sagt Weitzler. Die Zahlen stiegen kontinuierlich.

„Das Gesetz ist Menschenrechtsverletzung”

2018 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO „Transsexualität“ aus dem Katalog der psychischen Krankheiten gestrichen. Trotzdem müssen Trans*-Menschen in Deutschland immer noch zwei psychologische Gutachten einholen, um ihren Vornamen ändern zu lassen. Das Transsexuellengesetz ist Menschenrechtsverletzung“, kritisiert der Kölner Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann. Transidente Menschen seien nicht psychisch krank. Er fordert, die Gutachten abzuschaffen. 3000 Euro verlangt das Amtsgericht von Andrä, als sie zum ersten Mal ihre Personenstandsänderung beantragt.

Zu viel Geld für sie, die Konditorei hat gerade erst eröffnet. Anderthalb Jahre später stellt sie den Antrag erneut. „Die Gutachten waren schon eine Hausnummer. Einer der Psychologen hat mich ausgequetscht wie eine Zitrone. Du musst dich komplett nackig machen.“ Trotzdem findet sie die Prüfung richtig. „Nicht jeder, der sagt, er wäre gerne eine Frau, will das dauerhaft. Viele verlieren ihren Job oder ihre Freunde darüber, da sollte der Gesetzgeber gewissenhaft sein.“ Dass man die Gutachten selbst zahlen muss, findet sie dagegen ein „Unding“.

„Der Tuppes hat nie existiert”

Im November 2014 ist es so weit. „Da bin ich vor dem Gericht als alte Tante entlassen worden.“ Alles sei geändert worden, auch die Geburtsurkunde. „Der Tuppes hat nie existiert, geil“, sagt sie und lacht laut. Rein körperlich betrachtet wird der Tuppes allerdings nie ganz weg sein. Einer komplett geschlechtsangleichenden Operation hat sich Andrea Andrä nicht unterzogen. „Wenn ich jünger wäre, hätte ich es gemacht, definitiv. Aber in meinem Alter tue ich mir das nicht an. Nur die Nüsse sind weg, damit ich kein Testosteron mehr produziere. Schluss aus.“

Das Leben von Andrä hängt an den Wänden der Konditorei. Ein gutes Dutzend Bilder chronologisch aufgereiht. Dunkelheit und Chaos dominiert in den ersten Gemälden. Die letzten drei sind hell und bunt. Nur noch hell und bunt. Daneben, über der Tür zur Backstube, hängt die einzige Urkunde, auf der Andrea noch Uwe heißt: der Meisterbrief der Kölner Handwerkskammer. „Die haben sich angestellt wie kleine Babys.“ Schon oft hat sie sich vorgenommen, den Namen zu überkleben. Getan hat sie es immer noch nicht. Weil es nicht mehr wichtig ist.

Bei einer Light-Zigarette vor der Tür erzählt sie von einem Gag, der im Betrieb oder zu Hause jetzt häufiger gemacht werde: „Wenn etwas kaputt ist oder schwere Sachen geschleppt werden müssen, kommt der Uwe und macht das.“ Zwar habe sie durch die Hormone rund vierzig Prozent Muskelkraft verloren, aber genug Kraft sei noch da: „Ich bestand ja früher nur aus Muskeln und Pelle.“

Nach getaner Arbeit scherzen die Kolleginnen oder die Freundin: „War der Uwe hier?“ „Ja“, sagt sie dann, „aber der ist schon wieder weg“. Noch vor vier Jahren hätte sie das nicht witzig gefunden. Null. „Da habe ich noch um die Anerkennung als Andrea gerungen.“

Warum sie ihre Geschichte öffentlich macht? Andrä überlegt eine Weile, auf ihre Sessellehne gestützt: „Ich will anderen helfen, sich zu outen“, sagt sie schließlich. „Diesen Mut aufzubringen, das ist mit nichts anderem zu vergleichen, was ich jemals erlebt hat.“

Am schwersten sei es für sie gewesen, ihrer Mutter die Wahrheit zu sagen. Lange hat sie überlegt, wann sie es sagt, wie sie es sagt, einen Text vorbereitet. Als der Moment gekommen war, sagte sie nur: „Mama, ich fühle mich als Frau.“ Ganz einfach. Rückblickend.

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