Gestoppte VRS-PreiserhöhungKampf um die Nullrunden im Nahverkehr ist eröffnet

Lesezeit 3 Minuten
Nahverkehrszuege_

  • Regelmäßige Fahrpreiserhöhungen waren im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) normal und unproblematisch – bist jetzt.
  • Plötzlich wird es kompliziert: Den einen ist die geplante Erhöhung zu niedrig. Die anderen fordern eine Nullrunde.
  • Jetzt steht die Frage im Raum: Wo soll das Geld herkommen?

Köln – Fahrpreiserhöhungen waren für die Geschäftsführung des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS) über Jahre kein Problem. Die Verkehrsunternehmen legten offen, wie sich die Kosten für Bahn- und Busfahrer, Strom und Sprit und all das entwickelten, was man so braucht, um beispielsweise die Kölner Verkehrs-Betriebe am Laufen zu halten. Mit den Daten wurden die Computer in der Zentrale in der Kölner Glockengasse gefüttert, mal die Einzelfahrer, mal die Abo-Kunden stärker zur Kasse gebeten. Heraus kam eine Zahl – 2018 waren es 1,1 ein Jahr später 3,5 Prozent – und die Verbandsversammlung segnete das Zahlenwerk in der letzten Sitzung vor der Sommerpause ab.

KVB stellt sich quer

Doch plötzlich ist alles aus den Fugen. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ war es der Vertreter der KVB, der den im Tarifbeirat mühsam ausgehandelten Kompromiss, die Preise 2020 und 2021 um jeweils 2,5 Prozent zu erhöhen, im Unternehmensbeirat wieder gekippt hat. Man könne dem so nicht zustimmen, die Erhöhung sei viel zu gering, um die gestiegenen Kosten auszugleichen. Darüber müsse man erst mit dem Eigentümer sprechen. Die KVB ist ein Tochterunternehmen der Stadt Köln.

Bernd Kolvenbach ist CDU-Politiker aus dem Kreis Euskirchen und Vorsitzender der Verbandsversammlung, eines wenig bekannten Gremiums, in dem Kommunalpolitiker aller im VRS-Gebiet liegenden Städte und Gemeinden vertreten sind. Kolvenbach versteht die Welt nicht mehr. „Der Tarifbeirat hat doch Einvernehmen mit den Verkehrsunternehmen erzielt, für die Jahre 2020 und 2021 eine Tarif-Fortschreibung von jeweils 2,5 Prozent beschlossen. Da beißt die Maus keinen Faden ab.“

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

Beißt sie doch. Auf einmal macht das böse Wort von der Nullrunde oder vom kostenlosen Nahverkehr die Runde – und plötzlich ist es nicht nur bei den dem VRS angeschlossenen Verkehrsbetrieben, sondern auch bei den Politikern vorbei mit dem Einvernehmen in der Verbandsversammlung. Die hat es sich selbst vor Jahren auferlegt, dass alle Beschlüsse mindestens mit Zwei-Drittel-Mehrheit zu erfolgen haben. Bisher hat das immer prima funktioniert. „Ich kann mich nicht erinnern, dass es da jemals eine Diskussion gab“, sagt Rolf Beu, grüner Stadtrat aus Bonn.

Angespannte Lage beim VRS

Eine dieser Mäuse, die Fäden abbeißen, heißt Gabi Mayer, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bonner Stadtrat. „Statt die Preise immer weiter zu erhöhen, müssen Bus und Bahn viel eher preiswerter werden“, sagt sie. Wohl wissend, dass sie nicht alle SPD-Vertreter in der Verbandsversammlung auf ihrer Seite hat. Denn für die Kommunalpolitiker aller Couleur in diesem Gremium gilt: Wenn sie jetzt eine Nullrunde durchdrücken, müssen die Stadtkämmerer die Löcher stopfen, die sich bei ihren Verkehrsbetrieben auftun.

In der Chefetage des VRS ist die Lage angespannt. Es gab schon Diskussionen, ob man nicht andere Einnahmequellen anzapfen kann. Zum Beispiel die Strafzahlungen, welche Eisenbahnunternehmen zahlen müssen, weil wegen Lokführermangels Züge ausfallen.

Die Nullrunden-Befürworter in der Verbandsversammlung verbuchen es als Erfolg, dass am Freitag kein Beschluss erfolgen wird. Am Dienstag tauchte für die Sitzung eine neue Beschlussvorlage der VRS-Geschäftsführung auf. Darin werden die Verkehrsunternehmen aufgefordert, „dass die angekündigten Rücksprachen“ mit den Eigentümern „nunmehr unmittelbar geführt werden“. Man wolle noch im Juli in einer Sondersitzung über „die Fortschreibung des VRS-Tarifs abschließend beraten und entscheiden“.

Überdies werden die Mitglieder des Gremiums aufgefordert, wenigstens die Entscheidungen des Tarifbeirats zu bestätigen. Die Vertreter der Grünen und der SPD in Bonn reagieren mit Widerstand. Gaby Mayer sagt: „Wir ziehen das durch. Das ist der Einstieg in die Nullrunden.“

KStA abonnieren