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Düsseldorfer OB im Interview„Köln kann beim Rosenmontagszug nicht mithalten“

Lesezeit 8 Minuten
Düsseldorf

Das Düsseldorfer Rheinufer (Symbolbild)

  • Düsseldorfs Oberbürgermeister äußert sein Unverständnis über das Hickhack zwischen Kölner Rat und Verwaltung.
  • Thomas Geisel pocht darauf, dass der Düsseldorfer Rosenmontagszug der bessere ist.
  • Der SPD-Politiker Geisel fordert einen einheitlichen Verkehrsverbund für Köln und Düsseldorf.

Herr Geisel, wie nennt man Klüngel in Düsseldorf? Klüngel, dieses Wort ist in Düsseldorf nicht bekannt, das muss ein kölscher Begriff sein.

Wie bewerten Sie die Vorgänge in der Kölner Stadtpolitik?

Über manches kann ich nur den Kopf schütteln. Etwa, dass Oberbürgermeisterin Henriette Reker nicht zur Aufsichtsratsvorsitzenden der Kölner Stadtwerke gewählt wurde.

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Welche Mentalitätsunterschiede gibt es zwischen  Köln und Düsseldorf?

Ein Beispiel: Als ich vor vier Jahren Oberbürgermeister wurde, war die Stadt seit 16 Jahren von der CDU regiert, vier von sieben Beigeordneten waren CDU-Mitglieder. Gleichwohl haben alle von Anfang an loyal mit mir zusammen gearbeitet. In Düsseldorf gibt es in der Verwaltung das Verständnis, dass man zunächst Verwaltung ist und erst dann Mitglied seiner Partei. Das ist in Köln offenbar anders, was aus meiner Sicht nicht hilfreich ist.

Haben Sie diesbezüglich Mitleid mit Henriette Reker?

Oberbürgermeisterin von Köln zu werden ist ja ein freigewähltes Schicksal. Wenn ein Stadtrat sich aber für die bessere Verwaltung hält und bis ins Kleinste bestimmen und kontrollieren möchte, verfehlt er seine eigentliche Aufgabe. Wenn man beobachtet, wie sich in Köln Politiker gegenseitig diskreditieren, hat man manchmal Angst um den Respekt vor der politischen Klasse insgesamt. So erweist man seinem Berufsstand einen Bärendienst!

In Düsseldorf ist Kölsch eine selbstverständlich, Altbier wird in Köln nicht toleriert. Warum?

Düsseldorf ist so selbstbewusst, dass wir das zulassen können. Und obendrein ist Kölsch für den Düsseldorfer einer der wohlschmeckendsten Softdrinks überhaupt. (lacht)

Was kann sich Köln von Düsseldorf abgucken?

Köln ist eine tolle Stadt, keine andere Stadt wird so viel besungen wie Köln. Gleichzeitig haben viele Kölner nach meinem Eindruck eine merkwürdige Hassliebe gegen ihre eigene Heimatstadt. Es geht irgendwie nicht mit Köln, und gleichzeitig auf keinen Fall ohne. Großartig ist natürlich der Dom, da kann man schon neidisch werden. Düsseldorfs schönstes Bauwerk sieht man ja gar nicht: Das ist der Rheinufertunnel.

Sind Sie neidisch auf den Rosenmontagszug in Köln, und wollen Sie mal mitfahren?

Bestimmt nicht, denn der Rosenmontagszug ist in Düsseldorf definitiv besser. Wir haben mit dem Wagenbauer Jacques Tilly einen grandiosen Künstler, der mit seinen bissigen Motiven zurecht weltweite Resonanz bekommt. Da kann Köln nicht mithalten.

Dafür ist unser Rosenmontagszug nicht ausgefallen…

Durch die Verschiebung 2017 haben wir den Kölnern nur mal die Gelegenheit gegeben, sich in Düsseldorf den „Zoch“ anzuschauen, bei strahlendem Sonnenschein, wenn Sie sich erinnern.

Sie sind der Vorsitzende der Metropolregion Rheinland. In Köln spricht man meist von dem Projekt „Greater Cologne“, ärgert Sie das?

Die Bezeichnung „Greater Cologne“ halte ich allenfalls für eine alberne Retourkutsche zum Begriff „Greater Düsseldorf“. Gerade in Köln hat die Besetzung der Spitze der Metropolregion mit der Kölner Grünen-Politikerin Kirsten Jahn medial hohe Wellen geschlagen. Der Ansatz für die Metropolregion ist im Grundsatz richtig und wichtig, allerdings leidet die Metropolregion unter einer Reihe von Geburtsfehlern. Ein Problem ist, dass die Kompetenzen der Metropolregion allenfalls sehr vage formuliert sind und Spielraum für höchst unterschiedliche Interpretationen bieten. Außerdem gibt es insgesamt sechs Gremien; das ist natürlich viel zu viel und macht die Metropolregion nicht gerade handlungsfähig. Sinnvoller wäre eine wesentlich schlankere Organisation beschränkt auf die Verwaltungsspitzen der Gebietskörperschaften und Kammern, die sich dann ihr politisches Mandat von ihren Räten und Hauptversammlungen holen müssen.

Ist die Metropolregion gescheitert?

Das naheliegendste Ziel der Metropolregion war aus meiner Sicht die Überwindung der Verkehrsverbundgrenze zwischen Düsseldorf und Köln durch die Schaffung eines einheitlichen Tickets. Bedauerlicherweise ist noch nicht einmal das ist bis heute geglückt. Die Metropolregion ist sehr vermachtet mit einer ganzen Reihe von Organisationen – Bezirksregierungen, Landschaftsverband, Verkehrsverbünde, Regionalmanagements etc. – die nicht bereit sind, Kompetenzen auf die Metropolregion zu übertragen. Es wäre wünschenswert, wenn Köln und Düsseldorf als wichtige Treiber der Metropolregion einen Impuls für eine zeitgemäße Anpassung dieser Strukturen setzten.

Zur Person

Thomas Geisel (SPD) wurde am 15. Juni 2014 zum Oberbürgermeister von Düsseldorf gewählt.

Der Jurist studierte in Freiburg, Genf und Washington und war viele Jahre bei Eon Ruhrgas als Direktor Gaseinkauf tätig.

Hat die umstrittene Besetzung des Chefpostens mit Kirsten Jahn der Metropolregion geschadet?

Ich muss gestehen, ich war überrascht über die Reaktion in Köln auf diese Personalie. Der Bewerberin selbst kann man sicher keinen Vorwurf zum Stellenbesetzungsverfahren machen. Bereits bei der Vorstandssitzung im Dezember sollte quasi im Handstreich die Geschäftsführung der Metropolregion ausgetauscht werden. Von daher wundere ich mich ein wenig darüber, dass zum Teil dieselben Vorstandsmitglieder nunmehr die mangelnde Transparenz des Verfahrens beklagen. Und dass bei der Geschäftsführung die designierte zukünftige Vorstandsvorsitzende ein gewichtiges Wort mitzureden hat, halte ich für ganz normal.

Wie erklären Sie sich die negative Empfindlichkeit dazu in Köln?

Das trifft offensichtlich einen Nerv in Köln. Aber an dem Verfahren gibt es wie gesagt nichts zu beanstanden. Und die Diskussion um das Gehalt verstehe ich erst recht nicht. Sparkassenvorstände verdienen mindestens das Drei- oder Vierfache von den 120.000 Euro, die Frau Jahn verdienen wird. Im Übrigen verdiente ihr Vorgänger Ernst Grigat rund 30.000 Euro mehr, und keinen hat's geschert.

In Düsseldorf gibt es Pläne für eine neue Oper. In Köln wird die Oper seit Jahren saniert. Was ist der bessere Weg?

Die Düsseldorfer Oper ist eingebettet in den sogenannten Blau-Grünen Ring. Aufgrund ihrer Lage markiert das Gebäude das nördliche Ende der Kö. Das nimmt aber keiner so wahr. Eigentlich müsste man das Gebäude so drehen, dass es sich nach vorn zur Kö und seitlich zum Hofgarten hin öffnet. Der Standort der Oper am Hofgarten steht für mich aber nicht zur Debatte. Eine Oper im Hafen kommt für mich nicht infrage.Eine Anbiederung an Sydney haben wir nicht nötig.

Wird es während der Um- oder Neubauten in Düsseldorf ein Provisorium geben?

Sie meinen wie das Zelt mit dem Musical Dome am Kölner Dom? So machen wir es bestimmt nicht. So ein blaues Plastikzelt verstellt vollkommen den Blick auf den grandiosen Dom. Das habe ich noch nie verstanden.

Am Airport Düsseldorf gibt es kaum freie Slots. Die Kapazitätserweiterung lässt auf sich warten. In Köln sind Slots frei. Sollten die Flughäfen kooperieren?

Bei einer Zusammenarbeit muss man immer das Kartellrecht beachten, so lange es keinen gemeinsamen Eigentümer gibt. Hilfreich wäre eine Kooperation, auch um zu verhindern, dass die Lufthansa ihre marktbeherrschende Stellung nutzt, um beide Flughäfen gegeneinander auszuspielen. Die Idee vom Flughafen Rheinland mit den beiden Standorten Düsseldorf und Köln hätte Charme. Besonders weil die beiden Flughäfen sich gut ergänzen würden, Düsseldorf als Business-Airport und Köln mit seinem hohen Cargo-Angebot.

Es wird immer wieder über einen Verkaufs des Bundesanteils am Flughafen Köln/Bonn gesprochen, wäre das eine Option für einen Einstieg des Flughafens Düsseldorf?

Das würden wir uns auf jeden Fall genau anschauen.

Im kommenden Jahren ist Oberbürgermeister-Wahl, hat für sie der Wahlkampf schon begonnen?

Ich bin Oberbürgermeister und nicht Wahlkämpfer.

Glauben Sie, dass Ihr früherer Ordnungsdezernent, Kölns Stadtdirektor Stephan Keller, für die CDU in Düsseldorf gegen Sie seinen Hut in den Ring werfen wird?

Wir kennen uns gut. Es würde mich wundern, wenn er in Düsseldorf antreten würde.

Der Kölner U-Bahn-Bau wurde verschoben, die Düsseldorfer ist längst fertig. Was raten Sie Köln?

In Düsseldorf wurde, was Verkehrsinfrastruktur angeht, in der Vergangenheit vieles richtig gemacht. Der einst umstrittene Rheinufertunnel findet heute sicher eine Zustimmung von mehr als 99 Prozent. Die U-Bahn Wehrhahn-Linie ist ein Erfolg und fand Beachtung bei Ihrer Eröffnung vor drei Jahren bis nach New York.

Im Nachhinein muss man sagen, dass die Förderung für das Projekt zu niedrig war, da hätte man bis zu 150 Millionen Euro mehr herausholen können. Das ist auch für Düsseldorf viel Geld. Beim Schulbau haben wir viel richtig gemacht.Die Stadt hat hier alle Funktionen in einem Amt und einer Gesellschaft gebündelt und kann sich damit viel Bürokratie ersparen. Das Albrecht-Dürer-Kolleg haben wir zum Beispiel in der Rekordzeit von drei Jahren geplant und gebaut. Das wäre vielleicht auch ein Modell für Köln.

Wie steht Düsseldorf zur Olympia-Bewerbung von Rhein und Ruhr?

Der Rat unterstützt das, wir werden in meinem Büro jetzt eine Stabstelle einrichten, die das Thema betreut. Das wäre ein deutlicher Impuls für die Region und ein Ausbau der vielerorts maroden Infrastruktur. Vor diesem Hintergrund ist mir überhaupt nicht bange vor einer Abstimmung der Bürger über eine Olympiabewerbung.

Wo soll das olympische Dorf hin?

Düsseldorf bietet sich wegen seiner zentralen Lage an, denkbar wäre ein olympisches Dorf zum Beispiel auf dem Gelände der alten Bergischen Kaserne. Die Nähe zur A3 wäre ideal für die Erreichbarkeit aller Sportstätten an Rhein und Ruhr.

Dann würden Sie ein Stadion anderen Städten überlassen?

Ich wüsste gar nicht, wo Platz wäre für ein neues Stadion in Düsseldorf. Vielleicht gibt es ja einen schönen Platz im viel größeren Köln?

Wie sicher ist der Klassenerhalt der Fortuna in der 1. Bundesliga?

Bei 40 Punkten sind wir auf alle Fälle gerettet. Im Moment sind wir zehn Punkte vom Relegationsplatz entfernt, also im sicheren Niemandsland der Liga.

Zum Schluss ein Blick auf den rheinischen Rivalen. Schafft der FC den Aufstieg?  

Ich drücke den Kölnern die Daumen, dass es klappt und freue mich auf viele rheinische Derbys.

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