2,4 Millionen Euro mehrSegnet Blankenheim den Konsum-Umbau zum Rathaus trotzdem ab?

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Der einstige Konsum an der Ahrstraße 50 in Blankenheim. Feuchtigkeitsschäden im Dachgeschoss.

Blankenheim – Mit Spannung schaut die interessierte Öffentlichkeit in Blankenheim auf die Sitzung des Gemeinderates an diesem Donnerstag. Dann soll das Gremium den Fortgang der Arbeiten am Umbau des unter Denkmalschutz stehenden einstigen Konsum in Ahrstraße 50 zum künftigen Rathaus absegnen.

Im Vorfeld äußerten sich das zunächst beauftragte und das derzeit mit dem Umbau befasste Architekturbüro sowie die Vertreter der Ratsfraktionen zum Thema.

Konsum-Umbau in Blankenheim: keine Versäumnisse bei Kostenberechnung

„Nein, Versäumnisse bei der Kostenberechnung kann man unseren Kollegen vom Architekturbüro Pützfelderhof wirklich nicht vorwerfen.“ Wolfgang Beyss, Geschäftsführer des Architekturbüros Beyss in Bonn, will auf die Kollegen im Büro Pützfelderhof in Billig nichts kommen lassen.

Die hatten sich 2019 nicht an der öffentlichen Ausschreibung der weiterführenden Architektenleistungen beteiligen können, weil das Büro so ausgelastet war, dass der damals vorgegebene Zeitplan „für uns nicht umsetzbar war“, so Peter Pütz auf Anfrage.

Kollege Wolfgang Beyss hat nun den Auftrag, die Entwurfsplanung des Billiger Büros bis zur Baureife weiterzubearbeiten.

Blankenheim: Rasant steigende Baukosten machen Umbau viel teurer

Die Bonner mussten die Planung der Billiger Kollegen damit auch an die zwischenzeitlich rasant gestiegenen Baukosten anpassen. Zudem mussten sie vom Auftraggeber, der Gemeinde Blankenheim, erst jetzt gewünschte oder gerade nötig gewordene Zusatzaufträge wie Möblierung, Umzug, Beurteilung des Parkdecks und der Stützmauer, ergänzende Gutachten und ihre eigenen Kosten kalkulieren.

„Die Verwaltung hat uns den Auftrag erteilt, alles zu berechnen, was nötig ist, um das Rathaus im Gebäude Ahrstraße 50 zu erstellen“, macht Wolfgang Beyss unmissverständlich klar.

Das führte in der jüngsten Fachausschusssitzung zu Fragen. Denn am Ende kann Mitte 2021 logischerweise nicht eine ähnliche Summe, wie von den Kollegen vom Büro Pützfelderhof 2019 berechnet, herauskommen.

Genauer sind es rund 2,4 Millionen Euro an Mehrkosten, die mittlerweile entstanden sind. Die Sprecher aller Ratsfraktionen kamen der Bitte nach, noch einmal ihre Stellungnahmen zum Thema zusammenzufassen (siehe Infobox).

Konsum-Umbau: Das sagen die Fraktionen

Konsum-Umbau: Das sagen UWV, SPD und Grüne

Die Ratsfraktionen UWV, SPD und Bündnis 90/Grünen haben über ihre Fraktionsvorsitzenden Annegret Dreimüller, Wilfried Wutgen und Maria Sigel-Wings eine gemeinsame Stellungnahme zu den Umbauvarianten des Konsum zum neuen Rathaus der Gemeinde Blankenheim verfasst.

Alle drei Fraktionen befürworten die bisherige Variante des Architekturbüros Pützfelderhof, geben aber zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Kommentare zum Sachverhalt ab: „Wir sind für eine lebendige, unparteiische und unabhängige Berichterstattung, die dem Leser die Chance gibt, alle wesentlichen Argumente und Positionen abzuwägen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.“

Zum Thema Konsum werde etwa am 17. Juni, wenn sich der Rat damit befasst, dafür Gelegenheit sein.

Konsum-Umbau: Das sagt die CDU

Für die CDU-Fraktion stellt Herbert Daniels fest: „Der CDU-Fraktion fehlt eine Sanierungsvariante im geförderten Kostenrahmen, jedoch ohne Rathausnutzung und ohne seitliche Anbauten. Die Variante, die unseren Vorstellungen am nächsten kommt und die wir vorgeschlagen haben, stand erst gar nicht zur Abstimmung.“ Der Variante, die vom Architekturbüro Pützfelderhof vorgeschlagen wird, habe „die Fraktion nie zugestimmt“.

Konsum-Umbau: Das sagt die FDP

Mathias Schoenen, Fraktionschef der FDP, schreibt: „Die Gemeinde hat das Gebäude (mit Unterstützung der CDU) gekauft, also müssen wir jetzt das Beste daraus machen. Die Nutzung als Rathaus, bei gleichzeitigem Verkauf oder Abriss des bestehenden Rathauses ist die einzige Möglichkeit, nicht noch ein weiteres Gebäude personell besetzen und unterhalten zu müssen.

Der Konsum ohne Rathausnutzung würde zwingend eine umfangreiche Sanierung des jetzigen Rathauses erfordern. Jede Alternative wird teurer als die Ausbauvarianten mit Rathausnutzung.“ (sli)

Die Bonner Architekten griffen Anfang des Jahres, als sie sich an die Arbeit machten, zu Erfahrungswerten aus vergleichbaren öffentlichen Baumaßnahmen, die man schon abgewickelt hatte.

Knapp eine Million Euro für Unvorhergesehenes, Möblierung und Umzug

Dazu versuchte man die weiter rasant steigenden Baukosten einzupreisen – „eine Prognose, fast schon eine Kaffeesatzleserei“, betont Wolfgang Beyss. Er kam so zum Beispiel auf 610 000 Euro für „Unvorhergesehenes“, eine Art Kostenpuffer, der aus seiner Erfahrung grundsätzlich bei so umfangreichen Umbauten in alten Gebäuden einzurechnen ist.

Erstmals stellte das Büro aber auch 221 000 Euro für die Möblierung der Büroräume, 35 000 Euro für den Umzug durch ein Unternehmen sowie 115 000 Euro für neue Nebenkosten in Rechnung. Macht 981 000 Euro insgesamt.

Diese Kostenpositionen hatten die Fachleute aus Billig nicht eingerechnet. Doch dafür gebe es Gründe, so Peter Pütz auch im Namen seiner vier Partner vom Architekturbüro Pützfelderhof: „Kosten für Möblierung und Umzug sind keine förderfähigen Kosten und gehören hier also nicht zu den Baukosten. Sie müssen separat ermittelt werden.

Tatsächlich sind diese beiden Positionen mit dem Förderbescheid des Landes auch nicht abgedeckt. Und Mehrkosten für Unvorhergesehenes dürfen in Kostenberechnungen für den Fördergeber nicht enthalten sein.“

Konsum-Umbau kostet Blankenheim 2,4 Millionen Euro mehr

Auch bei anderen Kostenpositionen, die in der Summe die 2,4-Millionen-Euro-Differenz zwischen den Kalkulationen der Billiger und der Bonner Architekten ergeben, kommt es auf den Blick aufs Detail an.

Beispielsweise müssen die Bonner Architekten Kosten berücksichtigen, die durch eine nötige statische Neuertüchtigung der Parkplattform hinter dem Gebäude Ahrstraße 50 inklusive Gutachten entstanden sind. Das mussten ihre Billiger Kollegen noch nicht tun, die Erkenntnisse lagen schlicht noch nicht vor.

Und wie geht es nun mit Blankenheims prominentester Dauerbaustelle weiter? Das Gebäude wurde zwar gesichert, ein weiterer Verfall sei so ausgeschlossen, heißt es. Doch mit dem tatsächlichen Umbaubeginn ist nicht vor Mitte bis Ende 2022 zu rechnen. Und bis dahin?

Weitere Erhöhung der Baukosten nicht auszuschließen

Die Baukosten laufen jedenfalls weiter. „Ich kann deshalb natürlich nicht garantieren, dass es bei allen von uns jetzt errechneten Kosten bleiben wird“, so Wolfgang Beyss. Nach finaler Abstimmung mit der Gemeinde Blankenheim soll nun im Wesentlichen der Entwurf der Kollegen aus Billig umgesetzt werden. So empfiehlt es der Fachausschuss dem Gemeinderat.

Bürger-Appell: Entscheidung überdenken

Gegen den Umbau des Gebäudes Ahrstraße 50 zum Rathaus haben sich vor der heutigen Ratssitzung 80 Bürgerinnen und Bürger per E-Mail an die Verwaltung gewandt. In dem von einem Ripsdorfer initiierten Schreiben werden die Gemeinderatsmitglieder aufgefordert, ihre Entscheidung zu überdenken.

Grund ist die mögliche Kostensteigerung für den Umbau. Die Unterzeichner fordern stattdessen, das ehemalige Konsum-Gebäude anders zu nutzen. In der Ratssitzung wird Bürgermeisterin Meuren zum Appell aus Sicht der Verwaltung Stellung beziehen. (sli)

Unterdessen haben auch die Architekten Pützfelderhof ihre Kostenberechnung von 2019 mit den nunmehr im Raum stehenden Kosten verglichen. Einige Kosten, die Wolfgang Beyss erstmals berechnet haben will – etwa die für den Innenhof, den Eingangsbereich oder die Entwässerung – seien „auch bei uns schon 2019 enthalten, sind also nicht neu“, so ihr Hinweis.

Aber sei’s drum: Die Neuberechnung der Kosten für den Umbau des Gebäudes durch die Billiger Architekten ist ebenfalls höher als vor zwei Jahren.

Konsum-Renovierung kostet insgesamt knapp sechs Millionen Euro

Mit zehn Prozent Mehrkosten bis 2021, höheren Nebenkosten sowie den Kosten für Stützwand und statische Neuertüchtigung der Parkplattform auf der Gebäuderückseite beläuft sich ihre Kostenberechnung jetzt auf rund 5,78 Millionen Euro.

Egal wie man es dreht oder wendet: Am Erhalt des Hauses Ahrstraße 50 kommt die Gemeinde nicht vorbei. Sie ist wie jeder Denkmalbesitzer verpflichtet, das Gebäude für die kommenden Generationen zu erhalten. Und das kostet Geld, das den Gemeindehaushalt belasten wird. Egal, ob es als Rathaus oder anders genutzt wird.

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