Bad MünstereifelWie unsere Reporterin trotz Flutkatastrophe und Corona heiratete

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Am Ende ist alles gut: Die Trauung fand statt – und zum Kuss durfte auch die Maske abgenommen werden.

Am Ende ist alles gut: Die Trauung fand statt – und zum Kuss durfte auch die Maske abgenommen werden.

Bad Münstereifel – Eine Coronahochzeit im Katastrophengebiet – das muss man schon wirklich wollen! Die Planung meiner schier unplanbaren Hochzeit begann Mitte Januar dieses Jahres. Mein Verlobter und ich beschlossen, zu heiraten. Im Spätsommer, an einem Samstag gegen Mittag im wunderschönen historischen Rathaus Bad Münstereifel sollte es sein.

Wir dachten, wir seien mit der Terminanfrage früh dran und hätten quasi die freie Auswahl. Doch weit gefehlt, es waren alle Samstage belegt, denn es hatten sich wegen der Coronabedingungen viele Hochzeiten aufgestaut. „Manche Paare haben ihren Termin schon zweimal verschoben“, erklärte uns die Standesbeamtin. Doch wir hatten Glück. Am 21. August wurde ein Termin wieder frei, gleich morgens der erste.

Das Vorgespräch

Zum Vorgespräch im Rathaus sollten wir eine Reihe von Unterlagen mitbringen. Um die anzufordern, braucht man in diesen Zeiten viel Geduld. Etliche Mitglieder der Behörden sind im Homeoffice und haben nicht jederzeit Zugriff auf alle Unterlagen. Viel mussten wir online beantragen und fanden uns auf Webseiten wieder, die völlig unterschiedlich aufgebaut waren. Aber wir hatten ja noch Zeit. Anfang Juni betraten wir das Standesamt Bad Münstereifel, ausgerüstet mit allem, was wir brauchten. Die Formalitäten waren schnell erledigt.

Die Rahmenbedingungen

Viel komplizierter waren der Ablauf und die Rahmenbedingungen der Trauung. Trotz der im Juni niedrigen Inzidenzwerte galt für die Trauungen durchweg die 3G-Regel. Auch wenn ein Paar nur zu zweit kommt, muss es sie einhalten. Das wunderte uns ein wenig, saßen wir doch gerade zu zweit ohne jeglichen Nachweis der Standesbeamtin gegenüber. Für die Trauung selbst gelten aber nun mal andere Vorschriften.

Damit die Gesellschaft – Brautpaar, Trauzeugen und laut Brandschutzverordnung maximal 22 Gäste – rechtzeitig an ihren Plätzen ist, muss man eine halbe Stunde vorher vor Ort sein, die Einhaltung der 3G-Regel muss ja gewissenhaft überprüft werden. Maskenpflicht für alle selbstredend, bloß für den Kuss dürfe man sie kurz abnehmen, so die städtische Mitarbeiterin. Da auch die folgende Hochzeitsgesellschaft eine halbe Stunde vorher anreisen muss, sollte die Trauung nicht länger als 15 Minuten dauern, denn in der verbleibenden Viertelstunde muss der Ratssaal gelüftet und desinfiziert werden. Das erste Paar des Tages darf für die Trauringe das hauseigene Ringkissen gebrauchen. Da man das nicht so ohne Weiteres desinfizieren kann, müssen die nachfolgenden Paare mit einem abwaschbaren Brett vorlieb nehmen.

Die Musik

Da ich eine musikalische Familie habe, wollten wir ein wenig Live-Musik einbinden. „Dann müssten wir ein paar Minuten früher anfangen“, so die Standesbeamtin. Mehr als ein kleines Stück war angesichts der knappen Zeit nicht drin. Wegen der Aerosole seien Singen oder das Spielen eines Blasinstruments im Saal untersagt, erklärte uns die Beamtin, der wir inzwischen sichtlich leid taten. Meine Tochter hätte sich nach Art der Minnesänger unten auf die Straße stellen müssen.

Fernab aller romantischen Vorstellungen verließen wir nach dem Gespräch einigermaßen geknickt das Rathaus. Doch wir wollten das Beste draus machen. Unsere Gäste, die von auswärts kommen, buchten Unterkünfte, wir gaben im Städtchen den Brautstrauß in Auftrag, bestellten ein Buffet nach Hause. Eine Feier in einem Lokal war uns von Anfang an zu heikel.

Die Flut

Dann kam die Flut und wieder war alles anders. Das Hochwasser überschwemmte die Innenstadt, unter anderem das Rathaus, den Blumenladen und die Unterkünfte für die Gäste. Immerhin blieben die Küche des Caterers und nicht zuletzt unser Wohnhaus verschont. Zunächst wurden die folgenden Trauungen abgesagt, doch es fand sich für uns ein Ersatzraum. Telefonisch bot die Standesbeamtin die Hochzeit in einem Seminarraum im Bahnhofsgebäude an. Rundherum flutbedingte Baustelle, möglicherweise viel Lärm. Falls wir das nicht wollten und lieber nach Rheinbach, Mechernich oder andere Ämter ausweichen wollten, würde sie gerne unsere Unterlagen trocknen. Ihr Büro ist im Erdgeschoss des Rathauses und das Wasser stand bis zur Schreibtischkante.

Zu diesem Zeitpunkt war uns fast alles egal. Dann sollte es eben der Bahnhof sein. Aufmunternde Worte unserer Lieben taten da gut. „Ihr steht über Zerstörung und Chaos“, meinte mein bester Freund. Ein paar Anflüge von Humor mischten sich in unsere trüben Gedanken. Anreise auf der Baggerschaufel, Fotos auf den Gleisen, der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.

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Doch als wir uns das Ausmaß der Zerstörung in der Stadt und der Umgebung des Bahnhofs anschauten, verging uns derartiger Spaß.

Problematisch war auch die Größe des Raums. Um alle Auflagen zu erfüllen, durften sich nur elf Gäste zum Brautpaar gesellen. Da standen wir nun vor der undankbaren Aufgabe, unsere Hochzeitsgesellschaft in nahe und entferntere Verwandte, nach engen und weniger engen Freunden oder, wie man neuerdings sagt, nach „systemrelevant“ oder nicht einzuteilen.

Das Happy End

Fünf Tage vor dem Hochzeitstermin gab es erneut eine Wendung, eine positive. Das Trauzimmer zog in das Romanische Haus in der Langenhecke um. Die Standesbeamtin freute sich mit uns über das erheblich schönere Ambiente in dem ehrwürdigen Gemäuer aus dem Jahr 1167 in einer weniger von der Flut betroffenen Nachbarschaft.

Größer war der Saal dort zwar auch nicht, aber aufgrund der geringeren Personenzahl dufte die Trauung nun deutlich länger dauern. So genossen wir trotz zahlloser Hürden dann einen herrlichen Hochzeitstag. Den hatten wir uns auch hart verdient.

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