Abo

„Nur Schrott macht flott“25. Seifenkistenrennen in Ahrdorf

Lesezeit 4 Minuten
Wie an einer Perlenschnur wurden die bunten Seifenkisten den Berg hinaufgezogen.

Wie an einer Perlenschnur wurden die bunten Seifenkisten den Berg hinaufgezogen.

Blankenheim-Ahrdorf – Wenn die leisen Räder durch Ahrdorf zischen, dann ist wieder einmal Festtag in dem südlichsten Blankenheimer Ortsteil. Denn während woanders die Motoren röhren, halten die Ahrdorfer es besonders mit der leisen Art der Fortbewegung. Ob Radaktionstag oder Seifenkistenrennen – das ganze Dorf ist auf den Beinen und sorgt dafür, dass solche Tage unvergesslich bleiben.

Natürlich soll damit nicht gesagt sein, dass es sich mit Ahrdorf um eine autofreie Ortschaft handelt. Denn gerade um die Seifenkisten, deren Antriebsenergie sich ausschließlich aus der Schwerkraft generiert, auf den Berg zu bekommen, ist natürlich konventionelle Energie unerlässlich. Und dann knattern die Quads und Traktoren durch den Ort, im Schlepptau die Vehikel, deren Erscheinungsbild allein schon Aufmerksamkeit erregt.

Aus Spaß wird Ernst

Und auch wenn alle Beteiligten immer schwören, es ginge ja eigentlich um den Spaß, wird dieser Spaß doch verdammt ernst genommen. Das ganze Jahr über, so schildert es Ralf Ruland, einer der Organisatoren des Spektakels, werde in den Garagen an den Fahrzeugen gefeilt, geschweißt und geflext – aber natürlich hinter verschlossenen Toren. „Abends steht man dann schon mal zusammen und sagt: »Ich habe dich flexen sehen. Was gibt es Neues«?“, erzählt der Organisator.

Ein neues Lager, ein Kniff in der Lenkung oder an einer Bremse – die Möglichkeiten, die Gefährte schneller rollen zu lassen, sind beschränkt. „Bei uns gibt es nur Selbstgebautes, kein Hightech“, betont Ruland. Scheibenbremsen und ähnlich neumodischer Kram, Karbonrahmen, und was dergleichen denkbar wäre, wollen die Eifeler nicht haben. „Nur Schrott macht flott“ lautet das Motto.

Zum 25. Mal wird das Rennen durchgeführt. „Das ist das größte Fest, das wir im Dorf haben, da helfen alle mit“, sagt er. 65 Helfer stünden auf seiner Liste, die für das reibungslose Gelingen der Veranstaltung sorgen. Ruland ist einer der Veteranen, der bereits 1982 mitgefahren ist. Nach einer 20-jährigen Pause wurde das Event 2002 wiederbelebt und seitdem jährlich ausgetragen.

Früher hätten die Fahrer auch gern an anderen Rennen in der Region teilgenommen, erzählt er, doch die gebe es nicht mehr. Zum Beispiel seien in Heimbach-Hausen und in Plombières in Belgien früher auch Rennen veranstaltet worden.

78 km/h Spitzenwert

28 Erwachsene und rund 25 Kinder hatten sich zur Teilnahme an dem Seifenkistenrennen angemeldet. Traditionell war der Samstag den Kinderrennen gewidmet gewesen. Nach deren Siegerehrung ging es mit den ersten Wertungsläufen für die älteren Teilnehmer zur Sache. Insgesamt sieben Mal rasten die Fahrer mit ihren selbst gebauten Kisten ins Tal. In die Wertung kamen dabei nur die drei besten Läufe.

Unterschätzt werden sollte die ganze Angelegenheit nicht. Auch wenn die Geschwindigkeiten auf der rund 650 Meter langen Strecke durch zwei Schikanen vermindert werden, zeigt die Geschwindigkeitsmessung bei den schnellsten Piloten Werte von über 50 Stundenkilometern an. Vor der letzten Kurve im Dorf seien bei Ruland einmal 78 Stundenkilometer gemessen worden, berichten Beobachter. Doch manche lassen es auch gemächlicher angehen. Denn es kommt ja auf den Spaß an.

Wie bei Marianne Klinkhammer, allgemein nur als „Tante Marianne“ bekannt. „Ich habe vor 30 Jahren meinem mittlerweile verstorbenen Bruder versprochen, hier zu fahren“, erzählt sie. Seit vier Jahren sitzt sie mit wechselndem Erfolg in Ahrdorf hinterm Lenkrad. „Das ist schwer zu fahren“, sagt Marianne Klinkhammer und bedenkt ihre Kiste, die sie von ihrem Neffen zur Verfügung gestellt bekommen hat, mit einem kritischen Blick.

Alle Gefährte müssen sich einer technischen Abnahme stellen. „Ich gucke vor allem, ob die Lenkung stabil ist und gute Bremsen vorhanden sind“, erklärt Ruland. Was unter seinen strengen Augen bestehen kann, erhält eine HU-Plakette Ahrdorfer Art.

So auch die Seifenkiste, die Sascha Schiffer aus Wesseling und Tobias Klein aus Köln an den Start bringen. Am Steuer ihrer Seifenkiste wechseln sie sich ab. Aus einem alten Kart-Chassis haben sie ihren roten Flitzer aufgebaut. Eigentlich hätten sie in diesem Jahr weiter daran tüfteln wollen, aber die Zeit, die Zeit. Und so tut es die Technik aus dem Vorjahr, denn, wie gesagt, es geht ja um den Spaß.

Wenn der Traktor die lange Reihe der Seifenkisten unter dem Applaus der Zuschauer den Berg hochgezogen hat, wird es spannend: Ein Pilot nach dem anderen fährt den Berg hinunter und wird am Rande der Strecke vom Publikum begutachtet. Strafsekunden gibt es für die Fahrer, die die Pylonen in den Schikanen umfahren oder sie gleich komplett missachten. Und am Ende des Tages steht fest, wer die Jubiläumsausgabe des Ahrdorfer Seifenkistenrennens gewonnen hat.

KStA abonnieren