Keine Verträge für AbstellflächenStehen die Sex-Mobile bei Blankenheim vor dem Aus?

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Eins der Wohnmobile in Blankenheim

Lindweiler/Blankenheim – „Unsere Existenz steht auf dem Spiel.“ So beschreibt Petra Scholz aus Lindweiler ihre Situation. „Wir wissen nicht, wie es weitergehen soll“, ergänzt ihr Mann Harry. Das Ehepaar, das auf Burg Lindweiler wohnt, ist in einem außergewöhnlichen Metier tätig: Die beiden betreiben eine Wohnwagenvermietung – allerdings nicht für Familien, die einmal einen Campingurlaub machen möchten, sondern vielmehr zum Zwecke der Prostitution. Zur Zeit sind es sieben freiberufliche Damen, die ihre Dienste an den Blankenheimer Straßenrändern anbieten.

Doch dieses Geschäftsmodell ist bedroht. Seit 2017 das Prostituiertenschutzgesetz erlassen wurde, müssen Personen, die im Gewerbe tätig sind, einige Vorschriften erfüllen. Familie Scholz und ihre sieben Damen erfüllen die Vorgaben – bis auf eine: Sie können keine Mietverträge für die Flächen vorweisen, auf denen die Wohnwagen tagsüber abgestellt werden. Also zum Beispiel für Parkplätze, Einmündungen und Wirtschaftswege.

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„Vier Wohnwagen stehen entlang der L115, zwei an der B 51 und einer an der B 258“, berichtet der 42-jährige Harry Scholz. Durch aufwendige Recherchen und unzählige Behördengänge hat er herausgefunden, dass die Parzellen am Straßenrand entweder der Gemeinde Blankenheim oder dem Landesbetrieb Straßen NRW gehören.

Kinder kommen zum Reiten

Doch einen Mietvertrag will niemand mit Scholz abschließen. Nun fürchten sie den Bescheid, dass sie ihr Unternehmen aufgeben müssen. Die sieben Damen stehen dann auf der Straße.

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Petra und Harry Scholz vom Reiterhof Burg Lindweiler vermieten auch Wohnwagen an Prostituierte. Doch dieses Geschäft ist nun aufgrund neuer Gesetze bedroht. 

Das Ehepaar Scholz versteht die Welt nicht mehr. „Seit 16 Jahren sind wir hier in Blankenheim, mit Kriminalität ist in all der Zeit kaum etwas passiert“, berichtet der Gatte, während seine Frau in Tränen ausbricht. Sie habe das Gewerbe an der Oberahr zunächst nahezu alleine aufgebaut, nach und nach seien mehr Menschen aus dem Siegerland kommend in die Eifel gezogen. Vor sieben Jahren habe man den Reiterhof in Lindweiler gekauft. „Wir fühlen uns sehr wohl hier und würden gerne in Blankenheim bleiben“, sagt die 55-Jährige.

Auf dem Reiterhof stehen mittlerweile 26 Pferde, teils eigene, teils Pensionspferde. „Jede Woche kommen 30, 40 Kinder mit ihren Müttern zu uns, am Wochenende veranstalten wir ein Hausturnier“, so die Pferdeliebhaberin. Auf dem weitläufigen Hofgelände werden abends die Wohnwagen abgestellt, manche der Damen nächtigen in Ferienwohnungen. „Alle unsere Gäste wissen, was wir machen, und jeder sieht, dass das nichts mit dem üblichen Rotlichtmilieu zu tun hat“, sagt ihr Ehemann. Man sei vielmehr wie eine große Familie.

Das Ehepaar ist besonders enttäuscht über die Blankenheimer Politiker. Harry Scholz: „Ich habe mit Vertretern aller Parteien telefoniert, und fast alle sagten uns Unterstützung zu.“ Er habe zwar nicht damit gerechnet, 100 Prozent Zustimmung für einen Mietvertrag zu bekommen, doch mit mindestens 80 Prozent. „In all den Jahren haben wir die Parkplätze immer sauber gehalten und den wilden Müll anderer Leute eingesammelt. An einem Tag habe ich sogar 24 Altreifen mitgenommen“, argumentiert er.

„In einem Puff hätten sie keine Chance“

Könnten die Damen ihrem Gewerbe nicht auch in einem Bordell nachgehen? Da widerspricht das Unternehmerehepaar. „Unsere Damen sind zu alt, in einem Puff hätten sie keine Chance“, sagt die Chefin. In einem solchen Etablissement gelte man mit 26 Jahren als Oma, junge Frauen aus Osteuropa seien dort gefragt. „Außerdem wollen unsere Damen lieber alleine arbeiten. Die meisten stört es schon, wenn nebenan ein zweiter Wohnwagen steht“, ergänzt der Chef.

„Man läuft nur gegen Wände“, beschreibt Petra Scholz ihre Situation und fordert: „Irgendein Kompromiss muss doch möglich sein.“ Man sei nicht nur bereit, eine angemessene Miete zu bezahlen. Falls gewünscht, könne man neben den Wohnwagen Dixi-Klos aufstellen, so ein Vorschlag. Petra Schulz: „Wir betreiben seit vielen Jahren ein ordentliches Gewerbe, zahlen unsere Steuern, und nun soll von heute auf morgen alles vorbei sein? Das kann doch nicht wahr sein.“

Darum wurden die Mietverträge abgelehnt

Die Euskirchener Niederlassung des Landesbetriebs Straßen NRW lehnte es ab, Mietverträge mit Familie Scholz für deren Wohnwagen abzuschließen. Pressesprecher Bernd Aulmann erklärte auf Nachfrage: „Wir lassen generell keinen Gewerbebetrieb auf unseren Parkplätzen zu.“ Die Behörde genehmige auch keinen Erdbeerverkauf oder Imbissbuden. Aulmann: „Die Regelung gilt nicht nur für Parkplätze, sondern auch für Seitenstreifen und ähnliche Flächen.“

„Bisher hat man die Wohnwagen dort geduldet, offensichtlich hat sich in den vergangenen 16 Jahren niemand beschwert“, sagte der Pressesprecher. Parkplätze dienten der Erholung der Verkehrsteilnehmer. Der Blankenheimer Ausschuss für Gemeindeentwicklung lehnte es in nichtöffentlicher Sitzung ab, Gemeindeflächen zum Aufstellen von Prostitutionsfahrzeugen zur Verfügung zu stellen. Ausschlaggebend waren unter anderem Stellungnahmen von Polizei und Straßenverkehrsbehörde. Sie befürchten eine Gefährdung des Straßenverkehrs.

„In den Stellungnahmen der Behörden wurde auf konkrete Gefahren hingewiesen, zum Beispiel wegen abbiegenden Fahrzeugen auf vielbefahrenen Straßen“, sagte Bürgermeister Rolf Hartmann (parteilos). Zwar sei bislang noch kein schwerer Unfall passiert. Doch als Politiker stehe man in Verantwortung. „Wenn dann doch mal etwas passiert, und wir haben die Aufstellung zuvor genehmigt, dann ist das etwas anderes.“

Der Ausschuss habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, erklärte der Bürgermeister. Doch der überwiegende Teil der Bevölkerung finde die Prostitution an Blankenheimer Straßenrändern nicht gut. „Und wir sind die Vertreter des Volkes“, machte Hartmann klar. Und weiter: „Diese Wohnwagen sind nicht imagefördernd für Blankenheim, ich werde vielerorts auf sie angesprochen.“ (jop)

„Love-Mobilpark“ an der B51?

Am Mülheimer Haus hat das Ehepaar Scholz ein seit Jahren leerstehendes Gebäude gekauft, das direkt an der vielbefahrenen B51 liegt. Zu dem Haus gehört auch ein großes Grundstück.

„Das Grundstück wäre ideal, um dort einen Wohnmobilpark anzulegen“, sagt Harry Scholz. Zur Bundesstraße könne ein Sichtschutz errichtet werden. Dieser Standort wäre ideal, weil er zwar abgelegen sei, dort aber viele Fahrzeuge vorbeikämen. In diesem „Lovemobilpark“ könnten die Damen weiterhin ihrem Beruf nachgehen. Ähnliche Einrichtungen gebe es in Koblenz und in Mendig.

Ob das Vorhaben genehmigt wird, steht in den Sternen. Denn bei dem Areal handelt es sich um landwirtschaftliche Flächen. In langwierigen Verfahren müsste eine Nutzungsänderung herbeigeführt werden. (jop)

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