Corona-AusbruchWer sind die Euskirchener Mennoniten?

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Das Bethaus der Mennoniten-Gemeinde in Euskirchen.

  • Nachdem das Euskirchener Gesundheitsamt am Montag eine Quarantäne-Anordnung für alle Mitglieder der Mennoniten-Brüdergemeinde erlassen hat, wird viel über die Euskirchener Gemeinde gesprochen.
  • Doch wer sind die Mennoniten eigentlich? Woran glauben sie? Wie viele Mennoniten gibt es in Deutschland? Und wie leben die Mennoniten in Euskirchen?
  • Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten.

Euskirchen – Wer sind Mennoniten? Mennoniten sind eine evangelische Freikirche, die auf die Täuferbewegung der Reformationszeit zurückgeht. Ihr Glaube bestimmt ihr Leben. Ihre Überzeugungen sind geprägt durch ihre täuferischen Vorfahren des 16. Jahrhunderts, die ihnen eine radikale Nachfolge Jesu Christi vorlebten. Der Name leitet sich von dem friesischen Theologen Menno Simons (1496-1561) ab.

Was ist die Täuferbewegung? Die Täuferbewegung strebte in den 1520er und 1530er Jahren in deutsch- und niederländischsprachigen Städten eine strukturelle und inhaltliche Reform der Kirche an. Sie lehnte insbesondere die Kindertaufe ab. Stattdessen entscheidet man sich im fortgeschrittenen Alter bewusst für die Taufe und den Eintritt in die Kirchenmitgliedschaft. Zu den traditionellen Täufergruppen gehören neben den Mennoniten, die Amische und die Hutterer. Wichtige Konzepte sind die Nachfolge Christi, die Kirche als Bruderschaft, die Gewaltlosigkeit und die Trennung von Staat und Kirche.

Woran glauben Mennoniten? Jesus Christus ist für die Mennoniten die Basis und die Welt sei durch den Schöpfungsakt entstanden, den die Bibel beschreibt. Außerdem beten sie keine Heiligen an. Für die Mennoniten ist der Glaube der Schlüssel zum Frieden und einem guten Miteinander. Die Regeln schreibt die Bibel vor.

Die heutigen Mennoniten betonen die Freiheit ihrer Gemeinden, setzen sich für Frieden ein und lehnen Gewalt ab. Ebenso lehnen sie den Eid als Ausdruck der Loyalität gegenüber weltlicher Macht ab. Sie führen die Taufe erst in einem bewussten Alter des Täuflings durch und bemühen sich um eine gewisse Staats- und Weltferne. Dies sei, wie es auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinde in Deutschland (AMG) heißt, „angesichts einer immer intensiver werdenden gegenseitigen Abhängigkeit der Menschen und Institutionen in der modernen Gesellschaft immer schwieriger“. Die Lebensweise und religiöse Praxis in den einzelnen Gemeinden weicht zum Teil stark voneinander ab.

Wie viele Mennoniten gibt es in Deutschland? Viele Mennoniten wanderten aufgrund von Verfolgung von Europa nach Nordamerika aus. Deshalb findet sich laut der AMG dort und durch Mission in Afrika heute die Mehrheit der Mennoniten. In Europa gebe es noch etwa 62.000 Mennoniten. In Deutschland leben rund 40.000.

Seit 1972 seien viele Mennoniten aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland ausgewandert, so die AMG. Sie seien oft zahlreich an einem Ort vertreten, so dass sie eigene Gemeinden gründen konnten.

Seit wann gibt es die Mennoniten in Euskirchen? Auch die „Evangeliums Christen Brüdergemeinde“ in Euskirchen gründete sich 1990 durch Spätaussiedler aus der Sowjetunion. Viele von ihnen hatten in ihrer Heimat darunter gelitten, dass der Staat ihre Religionsausübung unterdrückte. Das Zentrum der Euskirchener Brüdergemeinde ist seit 1996 das Bethaus an der Kommerner Straße. Es ist in dem ehemaligen Kino der belgischen Garnison untergebracht, das die Gemeinde erworben und zum größten Teil in Eigenleistung umgebaut hatte.

Wie leben die Mennoniten in Euskirchen? 2009 gründeten die Mennoniten in Billig eine Realschule, die sie nach Simons benannten. Zwei Jahre später zogen sie in die frühere Gertrudisschule an der Unitasstraße in Euskirchen um. Träger dieser staatlich genehmigten Ersatzschule ist der Schul- und Kindergartenverein Beth-El.

2016 nahm in dem Gebäude auch eine Grundschule den Betrieb auf. Laut Jakob Bergen, der die beiden Schulen der Brüdergemeinde leitet, wurden im zurückliegenden Schuljahr in der Realschule 118 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, in der Grundschule waren es 96.

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Kritikern, die den Mennoniten vorwerfen, sich abzuschotten, hält Bergen entgegen: „Es ist nichts Falsches daran, dass wir unseren Kindern unser Religionsbekenntnis beibringen. So ist es doch auch in katholischen oder evangelischen Schulen. Im Übrigen unterrichten wir nach den Lehrplänen des Landes.“ Allerdings binden die Mennoniten ihre strenge Religiosität mit in den Schulalltag ein. So sprechen die Kinder morgens vor Unterrichtsbeginn immer ein kurzes Gebet und singen ein Lied aus dem Gesangsbuch.

Die Frauen tragen meist lange Haare zu einem Zopf gebunden. Lange Haare zieren eine Frau, der Zopf lässt sie jedoch züchtig aussehen. Aus historischer Geschlechtsidentifikation tragen die Frauen lange Röcke. Jungen und Männer sind mit einem Anzug gerne adrett gekleidet.

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