Corona-TestverordnungNeue Regeln trafen im Kreis Euskirchen erst am Vorabend ein

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Kostenlos war einmal: Seit Donnerstag gilt die neue Corona-Testverordnung.

Kreis Euskirchen – Die kostenlosen Bürgertests gibt es nicht mehr. Zumindest nicht mehr für alle. Und auch die kostenpflichtigen gibt es nur gegen eine gute Begründung. Das gilt seit dem 30. Juni laut neuer Corona-Testverordnung.

Wie genau die neuen Regelungen umzusetzen sind, das hat Teststellenbetreiber Daniel Pöthmann aus Euskirchen erst am Abend des 30. Juni um 18 Uhr erfahren. Entsprechend ist seine Laune am Freitagvormittag. „Wir wurden wieder ein bisschen im Regen stehen gelassen“, sagt er konsterniert.

Testzentren hätten mehr Zeit benötigt

Noch am Donnerstagabend haben er und Markus Birkenheuer ihre 38 Mitarbeiter in den neuen Bestimmungen geschult. Dass die kostenlosen Tests auf Dauer zu teuer für die Bundesregierung seien, könne er nachvollziehen, sagt Pöthmann. Aber die Politik hätte den Testzentren viel mehr Zeit geben müssen, die neuen Regeln umzusetzen. Er stehe im Austausch mit anderen Teststellen. „Die Grundstimmung dazu ist eindeutig, dass es sehr unbefriedigend ist.“

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Er wisse sogar von einigen Arztpraxen, dass sie nun keine Bürgertests mehr anbieten. Tatsächlich bestätigt ein Arzt aus Flamersheim gegenüber dieser Zeitung, diese Tests nicht mehr durchzuführen.

Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 1018,7

1980 Corona-Neuinfektionen sind dem Kreis-Gesundheitsamt von Freitag, 24. Juni, bis Donnerstag, 30. Juni, gemeldet worden. Das bedeutet eine intern berechnete Sieben-Tage-Inzidenz von 1018,7. Todesfälle wurden im Laufe dieser Zeit nicht vermeldet. Allerdings nimmt die Zahl der Covid-Patienten im Krankenhaus zu. Schwere Fälle auf den Intensivstationen gibt es nach Kreisinformationen nicht.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein warnt Arztpraxen sogar davor, die Bürgertests weiter anzubieten. „Wir empfehlen allen Kolleginnen und Kollegen in den Praxen, vorerst keine Bürgertests nach der neuen Corona-Testverordnung vorzunehmen.

Die Frage der Abrechnung und der Vergütung der Leistungen ist nicht abschließend geklärt“, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der Länder KVen und der Kassenärztliche Bundesvereinigung an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, das der Redaktion in Auszügen vorliegt. Er begrüße dieses Schreiben, so Frank Gummelt, Vorstand KV Nordrhein im Kreis Euskirchen.

Wie belegt man den Besuch bei der Oma im Pflegeheim?

Das Problem: Die Voraussetzungen, unter denen kostenlose oder kostenpflichtige Tests durchgeführt werden dürfen, sind nicht immer leicht zu kontrollieren. Ein Beispiel: Wer seine Oma im Pflegeheim besuchen möchte, darf einen kostenlosen Test erhalten. Nur, wie soll man den Besuch belegen? Dies müsse der Teststelle gegenüber glaubhaft gemacht werden, heißt es in der Verordnung.

Auch Pöthmann kritisiert diese Regelung. Eine Schließung des Test-Zentrums kommt für ihn allerdings nicht in Frage. Alleine für die Mitarbeiter müsse er den Betrieb aufrechterhalten. „Wir ziehen das irgendwie durch, auch wenn sich das jetzt finanziell nicht mehr so lohnt.“

Zwei Zentren in Hellenthal und Dahlem geschlossen

Am Freitagvormittag waren dem Kreis lediglich zwei Teststellen bekannt, die nun geschlossen sind: das Testzentrum der Gemeinde Hellenthal und die Tribea-Teststelle in Dahlem. Aber dies sei ja auch erst der erste Tag der neuen Regelung. Wie sich das langfristig auswirke, bleibe abzuwarten, so Kreissprecher Wolfgang Andres.

Die Entscheidung, die Teststelle in Dahlem zu schließen, habe nichts mit Politik zu tun, berichtet Tribea-Geschäftsführer Dirk Hartmann. Das Testaufkommen sei schlicht nicht mehr hoch genug. Diese Schwankung kenne man aus dem vergangenen Jahr. Deshalb habe Tribea schon vor Wochen beschlossen, Dahlem vorerst zu schließen.

PCR-Tests ziehen noch viele Bürger nach Blankenheim

Die Teststelle in Kall habe aus demselben Grund ihre Zeiten reduziert. Samstags gibt es hier nun keine Tests mehr. „In Blankenheim ist das Testaufkommen noch hoch, gerade weil wir da auch PCR-Tests anbieten“, berichtet Hartmann. Grundsätzlich sehe er nicht kommen, dass Tribea alle Teststellen schließe. „Solange Bedarf da ist, halten wir die Stellung.“

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Natürlich machten die neuen Regeln die Arbeit für die Testzentren komplizierter, aber in den vergangen Pandemie-Jahren habe man gelernt, mit schnellen Veränderungen umzugehen, sagt Hartmann und lacht. Er schließt sich aber Pöthmanns Kritik an der Bundespolitik an. Solche Entscheidungen sollten früher angekündigt werden, damit die Testzentren sich besser vorbereiten könnten.

Versorgungsengpass befürchten Apotheker nicht 

Neben Arztpraxen und privaten sowie kommunalen Teststellen haben bislang im Kreis auch viele Apotheken die kostenlosen Bürgertests angeboten. Wie steht man dort zu den Entwicklungen? Gibt es auch hier eine Empfehlung, die Bürgertests einzustellen? „Ich weiß von keinem, dass er gar nicht mehr testet“, berichtet Dr. Werner Klinkhammer. Er leitet die Adler-Apotheke in Mechernich und ist gleichzeitig Sprecher des Apothekerverbandes Nordrhein für den Kreis Euskirchen.

Insgesamt sei die Zahl der Tests zwar zurückgegangen, doch bislang hätten die ihm bekannten Teststellen darauf nur mit reduzierten Zeiten reagiert. Sorge, dass es durch die neue Verordnung kaum noch Teststellen geben wird, hat er nicht: „Es wird keinen Versorgungsengpass an Teststellen geben.“

Weniger Übersicht beim Pandemie-Geschehen

Klinkhammer hat ein anderes Problem mit der neuen Verordnung. Aus geldpolitischer Sicht könne er das Vorgehen der Bundesregierung zwar verstehen, aber: „Aus gesundheitspolitischer Sicht ist das keine sinnvolle Maßnahme.“ Denn: „Es wird sich unter Garantie die Menge an Tests deutlich reduzieren.“ Und weniger Tests bedeuteten weniger entdeckte positive Fälle und damit weniger Übersicht und Klarheit beim Pandemie-Geschehen.

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