Coronavirus im Kreis EuskirchenFragen und Antworten zu neuen Regeln und Entwicklungen

Lesezeit 6 Minuten
Schnelle Kontaktnachverfolgung ist entscheidend: Der Kreis verstärkt sein Corona-Team. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von erfahrenen Fachkräften des Gesundheitsamtes geschult.

Schnelle Kontaktnachverfolgung ist entscheidend: Der Kreis verstärkt sein Corona-Team. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von erfahrenen Fachkräften des Gesundheitsamtes geschult.

  • Die zweite Welle ist da.
  • Am Montag tagte erneut der Krisenstab unter der Leitung von Landrat Günter Rosenke.
  • Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu neuen Regeln und Entwicklungen.

Kreis Euskirchen – Wie war die Entwicklung am Wochenende?

36 Neuinfektionen wurden laut Kreisverwaltung seit Freitag registriert. Die Zahl der Infektionen stieg seit Beginn der Pandemie somit von 867 auf 903. 92 davon waren am Montag akut infiziert, am Freitag lag diese Zahl noch bei 64.

780 Menschen im Kreis haben die Infektion hinter sich gebracht. 610 Menschen befanden sich am Montag in Quarantäne, am Freitag waren es 495.

Bei 28 Todesfällen gilt Covid-19 als führende Todesursache. Zwei Menschen starben nicht an, aber mit Corona, und in einem Fall wird die Todesursache noch ermittelt. Die Inzidenz im Kreis (neue Fälle je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen) stieg von 25,8 am Freitag auf 35,6 am Montag.

Wie viele Betroffene sind im Krankenhaus?

Acht, so die Kreisverwaltung. Niemand davon müsse beatmet werden. Verschiebungen von Operationen anderer Patienten seien derzeit nicht nötig.

Fall für Fall: So aufwendig ist die Kontaktverfolgung fürs Gesundheitsamt

Einfach ist es nicht. Jeder positiver Corona-Test bringt den Mitarbeitern viel Arbeit. Jeder Fall ist natürlich anders, doch auf Anfrage dieser Zeitung schildert das Amt, was passiert, wenn von einem Labor ein positives Testergebnis mitgeteilt wird.

Häufig gehen schon mal 30 Minuten drauf, um die Telefonnummer des Positiven herauszubekommen: etwa durch Anruf im Krankenhaus oder in der Praxis. Oftmals ist auch die Suche in Online-Telefonbüchern oder in Sozialen Netzwerken vonnöten.

Dann folgt ein 60- bis 90-minütiges Telefonat mit dem oder der positiv Getesteten – je nach Vorkenntnissen und Fragen zu dem Thema sowie der Anzahl von Kontaktpersonen. Dann geht es weiter mit Telefonaten mit den Kontaktpersonen, meist 15-20 Minuten pro Person.

Zusätzlich Telefonate erfolgen mit Personen, die zwar nicht Kontaktpersonen sind, aber von dem Fall erfahren haben: etwa Arbeitgeber, Freunde von Kontaktpersonen, Hausarzt, Pflegepersonal oder Heimleitung. Hier sind auch oft 10 bis 14 Anrufe pro Fall einzuplanen, bei häufig sehr komplexen Kontaktgefügen. Dazu kommt die Dokumentation und Verarbeitung, die in etwa die gleiche Zeit in Anspruch nimmt.

Und dann geht’s von vorne los, mit dem nächsten Fall... (sch)

Was bedeuten nun die Zahlen?

Im Kreis herrscht seit dem Wochenende die Gefährdungsstufe eins, die vom Landrat ausgerufen werden muss, wenn der Inzidenzwert 35 oder mehr beträgt. Das tat der Krisenstab am Montag dann auch. Stufe zwei tritt ab einem Wert von 50 in Kraft.

Woran müssen sich die Bürger nun halten?

Die Maskenpflicht gilt nun auch in regelmäßig stark frequentierten Außenbereichen wie Fußgängerzonen, in denen der Mindestabstand kaum einzuhalten ist. Zudem gilt die Maskenpflicht auch am Sitz- oder Stehplatz bei Konzerten, Aufführungen, sonstigen Veranstaltungen und Versammlungen in geschlossenen Räumen sowie für Zuschauer bei Sportveranstaltungen. An Festen aus herausragendem Anlass außerhalb einer Wohnung dürfen höchstens 25 Personen teilnehmen.

Was sagen die Inzidenzahlen aus?

Zum Infektionsgeschehen im Kreis Euskirchen an sich ist die Aussagekraft eher begrenzt. Bei 200 000 Einwohnern reichten schon zehn Neuinfektionen täglich, um einen Wert von 35 zu erreichen, stellt das SPD-Kreistagsmitglied und Arzt Karl Vermöhlen, der die Covid-19-Abteilung im Krankenhaus im belgischen St. Vith leitet, fest. Kreisgesundheitsamtschef Christian Ramolla erläuterte, dass 96 Neuinfektionen in sieben Tagen, berechnet auf die Einwohnerzahl von 192 000, den Wert von 50 für den Kreis ergeben würden. Von Montag vergangener Woche bis zum Montag in dieser Woche wurden 69 Neuinfektionen gemeldet (834 auf 903 in der Gesamtzahl).

Karl Vermöhlen

Karl Vermöhlen

Es ergebe auch wenig Sinn, so Vermöhlen, die Inzidenzwerte für kleinere Kommunen heranzuziehen: „Die Inzidenzzahl von 36 in der Gemeinde Kall kommt schon bei drei oder vier Neuinfektionen in sieben Tagen zustande“, so Vermöhlen. Durch den Fluch der kleinen Zahlen erhöht sich bei rund 11 000 Einwohnern der Wert bei nur einer Neuinfektion gleich um knapp 10. Je größer die Einheit, desto sinnvoller der Inzidenzwert, nennt Vermöhlen die Faustregel. Also sei er bei einer Stadt wie Euskirchen schon aussagekräftiger als bei einer kleinen Eifelgemeinde.

Das könnte Sie auch interessieren:

Dennoch, so der Mediziner, bilde auch die Kreisstadt eine noch kleine Bezugsgröße: „Bei 50 000 Einwohnern mit 25 positiven Tests in sieben Tagen kommt man auf einen Wert von 50. Das sind 3,5 pro Tag.“ Dennoch stellt Vermöhlen klar: „Wir müssen die Lage ernst nehmen.“ Er weiß, wovon er spricht: In Bütgenbach, wo er arbeitet, liege die Inzidenz bei mehr als 500. „Ich habe schon acht Corona-Patienten in stationärer Behandlung.“ Gleichzeitig warnt er vor Panik, denn die führe nur zur Resignation und die wiederum dazu, dass viele Menschen die AHA-Regeln nicht mehr einhalten würden. Vermöhlen: „Landrat Rosenke hat völlig recht, wenn er daran erinnert: Abstand halten, keine unnötigen Zusammenkünfte mit Fremden in engen Räumen und Maske tragen in nicht privaten Räumen.“

Warum gelten die Regeln überall im Kreis?

Viele Kommunen haben sehr wenige akute Fälle. Dennoch sind auch sie von den neuen, kreisweiten Maßnahmen betroffen. Der Einwand sei nachvollziehbar, so Kreispressesprecher Wolfgang Andres: „Aber wir sind da ganz bei Ministerpräsident Laschet, dass eine zu große Differenzierung viel zu kleinteilig wird und am Ende niemand mehr weiß, was gerade wo gilt.“

Ist der Inzidenzwert also für den Kreis sinnlos?

Nein. Denn er sagt etwas darüber aus, wie es um die Ermittlung der Kontaktketten gestellt ist. Es komme dabei aber immer darauf an, wie die Zahlen zustandekommen, erläutert Vermöhlen: Ein Ausbruch etwa in einer Asylbewerberunterkunft sei in der Regel leichter zu handhaben, weil er sich auf einen relativ kleinen Personenkreis beschränke. Anders sehe die Lage für die Kontaktverfolgung aus, wenn sich die Fälle über die Fläche streuen (siehe auch „Fall für Fall...“).

Wird das Gesundheitsamt aufgestockt?

Ja, sagt Kreispressesprecher Wolfgang Andres: „Wir haben eine hausinterne ,schnelle Eingreiftruppe’ von gut 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich freiwillig gemeldet haben.“ Die würden nun fit für das Kontaktpersonenmanagement gemacht, damit sie kurzfristig das Umfeld von positiv getesteten Personen recherchieren können. „Unsere Kommunen haben uns zudem weitere sechs Personen zur Unterstützung des Corona-Teams zugesagt“, so Andres.

Können noch Patienten besucht werden?

Im Marien-Hospital gilt ab diesem Dienstag wieder ein Besuchstop. Von dieser Regelung ausgenommen sind Patientinnen und Patienten, die sich in einem gesundheitlich hoch kritischen Zustand befinden. Nach chefärztlicher Genehmigung ist ein Besuch auf der Intensivstation und auf der Palliativstation möglich. Ebenso werden Ausnahmen für die Geburtsbegleitung und Wochenbettstation zugelassen, solange die Familienzimmersituation aufrechterhalten werden kann. Bei der Kreiskrankenhaus Mechernich GmbH (Kliniken in Mechernich und Schleiden) will der Krisenstab am Mittwoch darüber beraten. Es gelte, die Konsequenzen und das Für und Wider sowohl für Patienten als auch die Besucher abzuwägen, erklärte Geschäftsführer Manfred Herrmann: „Bis dahin bleiben wir bei unserer Regelung, in einem definierten Zeitfenster jeweils einen Besucher je Patient und Tag zuzulassen.“

Ist wieder mehr am Testzentrum in Mechernich los?

„Die Zahlen schwanken stark, abhängig von der Zahl der durch das Gesundheitsamt veranlassten Testungen“, sagt Rolf Klöcker, Geschäftsführer des Kreisverbandes des Deutschen Roten Kreuzes, das den „Drive in“ betreibt. „Unsere durch das Labor vorgegebene Kapazitätsgrenze von 200 pro Tag haben wir aber lange nicht erreicht.

Rolf Klöcker

Rolf Klöcker

Anfang des Monats waren es mal 157, dann schwankten die Zahlen zwischen 60 und 90. Letzten Montag waren es 124 und am Donnerstag 132.“ Das sei aber nicht außergewöhnlich. Diese Schwankungen habe das DRK auch in den Vormonaten verzeichnet. Am Montag wurden 242 Menschen getestet.

KStA abonnieren