Folterverhöre und Hinrichtungen in SchmidtheimDas Grauen war an der Tagesordnung

Lesezeit 3 Minuten
Die Zeichnung dokumentiert ein Folterverhör auf dem Peinstuhl, unter dem ein Feuer brennt. Bilder/Repros: Puderbach

Die Zeichnung dokumentiert ein Folterverhör auf dem Peinstuhl, unter dem ein Feuer brennt. Bilder/Repros: Puderbach

Schmidtheim – Es muss ein unvorstellbares Klima der Angst geherrscht haben, damals in Schmidtheim, als Nachbarn sich gegenseitig beschuldigten, Hexen zu sein.

In dem kleinen Ort brach eine regelrechte Menschenjagd aus, geschürt von den Freiherrn Reinhard d.  J. und seinem Sohn Bertram Beissel von Gymnich und angefeuert von katholischen Theologen.

48 Hinrichtungen in nur zwei Jahren

Denunziation war an der Tagesordnung, es folgten Folterverhöre und grausame Hinrichtungen.

Allein in den Jahren 1630 und 1631 erfolgten wohl 48 Hinrichtungen, damit wären mehr als 50 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von Schmidtheim Hexenprozessen zum Opfer gefallen. Nun sollen die Hintergründe dieser Verbrechen geklärt werden.

„Wir sind erst am Anfang der Erforschung der Schmidtheimer Hexenprozesse“, weiß Bodo Bölkow, Sprecher des Dahlemer Arbeitskreises für Kultur und Geschichte. Zwischen Rhein und Maas sei dieser Themenbereich schon umfassend erkundet. Doch die Geschehnisse in Schmidtheim, Hochburg der Hexenverfolgung im frühen 17. Jahrhundert, seien noch immer ein weißer Fleck. Dank besonderer Umstände kann dieser bald beseitigt werden.

Ein Nachfahre der grausamen Schmidtheimer Schlossherren heiratete in die Familie Frens ein, später kam deshalb das bei Bergheim gelegene Schloss Frens in den Besitz der Familie Beissel. Ab dem Jahr 1816 diente das Schmidtheimer Schloss nur noch als zweiter Wohnsitz der Familie, da das Klima in der Voreifel angenehmer war.

„Irgendwann im Zeitraum bis 1883 wurde auch das Archiv der Herren von Schmidtheim nach Schloss Frens verlagert“, berichtet Bölkow. Das Archiv der Zivilgemeinde Schmidtheim verblieb hingegen in der Eifel.

Am 30. Dezember 1883 brannte der Flügel des Schmidtheimer Schlosses nieder, in dem dieses Archiv untergebracht war. Chroniken über die Gemeinde und Verwaltungsakten beginnen deshalb erst mit dem Jahr 1884. Die Besitzer von Schloss Frens hielten ihr Archiv lange von der Öffentlichkeit fern. Erst 1992 durfte der Landschaftsverband Rheinland einen Blick hineinwerfen, doch der Kontakt schlief wieder ein.

„2004 sprach unser Arbeitskreis Baron Gisbert von Abercron an, den jetzigen Besitzer von Schloss Frens“, erzählt Bölkow. Der Baron zeigte sich sehr aufgeschlossen und öffnete sein Archiv. „Wir waren sehr aufgeregt, die Herzen klopften enorm“, erinnert sich der pensionierte Realschullehrer an die erste Begegnung mit dem Herrn über die Hexenprozessakten von Schmidtheim.

Denn die Dokumente in den blauen Umschlägen hatte seit einigen Hundert Jahren kein Schmidtheimer mehr betrachtet. So wurden die meisten Fotos beim Besuch wegen der Aufregung verwackelt.

„Wir selbst sind fachlich nicht so ausgebildet, um all die Verknüpfungen und Zusammenhänge nachvollziehen zu können“, so der 66-jährige Bölkow. Dies werden nun studierte Historiker übernehmen (siehe Kasten).

Es gibt 59 überlieferte Gerichtsakten zu Hexenprozessen in Schmidtheim, das damals rund 400 Einwohner hatte. Die Federführung hatte Hexenkommissar Dr. Johannes Möden, der seine Blutspur unter anderem auch im benachbarten Blankenheim hinterließ. Auffällig an den Schmidtheimer Prozessen ist, dass dort außergewöhnlich viele Männer wegen Hexerei verurteilt wurden, darunter sogar Schöffen und ein Pfarrer. Bölkows Vermutung: „Wahrscheinlich waren die Männer besonders aufmüpfig gegenüber den Schmidtheimer Schlossherren.“

KStA abonnieren