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Gegen die „Verstädterung“ DahlemsDrei Dutzend Demonstranten protestieren

Lesezeit 4 Minuten
Die Gegner der Neubaugebiete aus Dahlem, Baasem und Kronenburgerhütte versammelten sich auf der Wiese.

Die Gegner der Neubaugebiete aus Dahlem, Baasem und Kronenburgerhütte versammelten sich auf der Wiese.

Dahlem – Trecker fuhren auf den Acker, Kinder hielten selbst gemalte Pappschilder mit Slogans hoch, Transparente wurden gespannt. „Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Landschaft klaut“, skandierten rund drei Dutzend Demonstranten, vom Kind bis zur Über-50-Jährigen, auf der Wiese. Die ist Teil des Neubaugebietes „Auf der Menn II“, das am Ortsrand von Dahlem in Fortführung des Areals „Auf der Menn I“ geplant ist.

Die Demonstranten wehrten sich am Samstag gegen die Neubaugebiete „Auf der Menn II“ und „Auf Schieferstein“. Bei einer eineinhalbstündigen Demonstration forderten sie, die „Verstädterung Dahlems“ zu verhindern und den Verkauf landwirtschaftlich wichtiger Flächen zu stoppen. Zugleich stellte sich mit Tobias Pastori ein parteiloser Kandidat vor, der gegen Jan Lembach (CDU) bei der Wahl zum Bürgermeister antritt.

Unterschriftenaktion

Für das Gebiet „Auf der Menn II“ stellt die Verwaltung gerade den Bebauungsplan auf, „Auf Schieferstein“ hat zudem das „Umlegungsverfahren“ begonnen. Es geht um insgesamt 50 Grundstücke. Ein drittes Neubaugebiet in Schmidtheim („Auf der Komm“) ist in der Vorplanung.

Die Pläne haben die Kritiker um Anwohnerin Nicole Klein mobilisiert. Beide Areale sind zwar seit rund 20 Jahren als Bauerwartungsland bekannt, aber jetzt sollen mittelfristig die ersten Erschließungsarbeiten beginnen. „Immer mehr Neubaugebiete, das muss jetzt mal gut sein“, sagt Klein.

Sie und andere Demonstranten, die aus Dahlem, Baasem und Kronenburgerhütte kamen, werfen zudem der Mehrheitsfraktion CDU (13 von 21 Sitzen im Rat) vor, „dass sich einzelne CDU-Mitglieder Baugrundstücke gesichert haben, die sie aber nicht bebauen wollen“. Es steht der Vorwurf der Spekulation im Raum – obwohl seitens der Gemeinde eine Bauverpflichtung innerhalb von vier Jahren ab Kaufdatum eines Baugrundstücks besteht. Die Aussetzung dieser Auflage war vor einigen Jahren wieder aufgehoben worden.

„Nicht solchen Blödsinn verzapfen“

„Das müsst ihr beweisen und sonst nicht solchen Blödsinn verzapfen“, sagte Hans Josef Schmitt, Sprecher der CDU-Fraktion im Gemeinderat, erzürnt. Da er als einziges Ratsmitglied auf der Wiese am Dahlemer Ortsrand war, vertrat er gegenüber den Demonstranten die im Gremium gefassten Beschlüsse. Bürgermeister Jan Lembach (CDU) ist derzeit in Urlaub. Alle drei Parteien – neben der Union hat die SPD drei Sitze im Rat, die FDP zwei – hätten der Ausweisung der strittigen Neubaugebiete einstimmig zugestimmt, betonte Schmitt. Er gab Nicole Klein und ihren Mitstreitern den Tipp, am 13. September den Kandidaten zu wählen, „der euch gefällt.“

Bürgermeister-Kandidat

Tobias Pastori ist parteilos und wohnt mit seiner Familie in Hammerhütte. Er tritt bei der Kommunalwahl am 13. September gegen Bürgermeister Jan Lembach (CDU) an.

Er sei der Meinung, so der 30-Jährige, „dass die Bürger der Gemeinde eine offenere Kommunikation und mehr Zeit für Ihre Anliegen verdienen.“ Er meint den Widerstand gegen die geplante Glamping-Anlage in Kronenburgerhütte und die Neubaugebiete: „Die aktuellen Diskussionen zeigen mir, dass zu wenig Transparenz und Bürgernähe in unserer Gemeinde gelebt wird.“ (sli)

Ähnlich wie Schmitt reagierte auch Dahlems Ortsbürgermeisterin Marita Schramm, die sich auf Anfrage zu den Forderungen der Demonstranten äußerte. Sie wies zudem darauf hin, dass innerhalb des Gemeindegebiets der Ort Dahlem als Siedlungsschwerpunkt ausgewiesen sei, Kronenburg etwa für den Schwerpunkt Tourismus.

Doch es ging den Demonstranten offenbar nicht nur um zwei konkrete Baugebiete, sondern ein allgemeines, diffuses Misstrauen gegenüber den Gemeinderatsmitgliedern. Nicole Kleins Ansicht ist, „dass sie nicht die Interessen der Bürger vertreten“. Zudem wolle man keine weitere „Verstädterung Dahlems und den Erhalt landwirtschaftlicher Nutzfläche“. Schließlich sei es aus ihrer Sicht unklar, warum eine Gemeinde, deren Einwohnerzahl stagniere, derzeit sind es 4215, überhaupt 50 Neubauplätze brauche, so Klein.

„Wir brauchen die Leute, sie garantieren die Infrastruktur, die von allen Einwohnern mitbezahlt werden muss“, sagt dagegen Marita Schramm. Und Hans Josef Schmitt: „Gehen die Zahlen zurück, ist das alles gefährdet.“

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Nach rund eineinhalb Stunden war die offiziell angemeldete Demonstration, bei der sich auch die ÖDP-Landratskandidatin Camelia Dederichs aus Nettersheim „für das Engagement der Bürger“ interessierte, beendet. Der Widerstand der Aktivsten um Nicole Klein soll aber weitergehen – etwa mit einer am Samstag begonnenen Unterschriftenaktion, in der es um den „Erhalt der Landschaft“ geht und um Dahlem, das „bleiben soll, wie es ist“.

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