Heftige Rüge für KreisverwaltungBaustopp am Windpark Dahlem IV gerichtlich verhandelt

Lesezeit 3 Minuten
Gerammelt voll war der Sitzungssaal im Aachener Verwaltungsgericht, als dort über die Klage des Nabu gegen den Kreis Euskirchen verhandelt wurde. Der hatte sich gezwungen gesehen, einen Baustopp gegen den Windpark Dahlem IV zu verfügen.

Gerammelt voll war der Sitzungssaal im Aachener Verwaltungsgericht, als dort über die Klage des Nabu gegen den Kreis Euskirchen verhandelt wurde. Der hatte sich gezwungen gesehen, einen Baustopp gegen den Windpark Dahlem IV zu verfügen.

Aachen/Dahlem – Der vorsitzende Richter Peter Roitzheim war sauer: „Akten müssen vollständig sein. Wenn das nicht der Fall ist, bin ich nicht amused.“ Denn ein entscheidendes Gutachten, der zentrale Punkt des Verfahrens um den Windpark Dahlem IV, habe gefehlt.

Und als dann im Aktenordner von Rainer Frontzek, Justiziar beim Kreis Euskirchen, plötzlich ein Gutachten auftauchte, das alle anderen Prozessbeteiligten nicht hatten, wurde es schon ein wenig peinlich. Hätte er gewusst, dass dieses Gutachten über den Schwarzstorch allgemein fehle, hätte er dieses schon längst dem Gericht zugestellt, verteidigte sich Frontzek.

Naturschutzbund gegen Euskirchen

Auf überaus großes Interesse stieß am Mittwoch in Aachen im Verwaltungsgericht das Verfahren des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) gegen den Kreis Euskirchen. Praktisch alle Sitze im Saal waren von interessierten Zuhörern besetzt. Beigeladen war das Unternehmen Windpark Dahlem (DunoAir), vertreten durch Projektleiter Thilo Wemmer-Geist.

Die Firma musste vor einem Jahr die Arbeiten am Windpark Dahlem IV abrupt einstellen, nachdem die Kammer einem Eilantrag des Nabu stattgegeben hatte. Der Kreis klagte zwar dagegen, doch das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit. Im Verfahren am Mittwoch sollten artenschutzrechtliche Fragen, insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs, geklärt werden.

„Bedingungen für das Gutachten suboptimal“

Intensiv wurde der Ornithologe und Biotop-Planer Jan-Roeland Vos zu dem Schwarzstorch-Gutachten befragt, das dem Gericht zunächst gefehlt hatte. Vos erläuterte, er sei eigentlich zu kurzfristig mit dem Gutachten beauftragt worden. „Die Bedingungen für das Gutachten waren suboptimal“, sagte er.

Früher sei man davon ausgegangen, dass Horste des Schwarzstorchs auf großen Eichen gebaut würden und ein bis zwei Tonnen schwer seien. Das Nest, das er habe begutachten müssen, sei aber wesentlich kleiner gewesen.

Er habe erfahren, dass dieser Horst vor mehr als zehn Jahren vier Jahre lang besetzt gewesen sei. Bei seinem Ortstermin habe er keine Schwarzstorch-Aktivitäten feststellen können. In seinem Gutachten habe er sich allerdings bewusst nicht klar fest gelegt, ob der Horst in den vergangenen Jahren benutzt worden sei. 

Vermutlich sei das nicht der Fall. Mittlerweile gebe es allerdings Erkenntnisse darüber, dass Schwarzstörche auch solche kleineren Horst vorübergehend nutzten. Er selbst sei beim Ortstermin nicht auf den Horst geklettert, um zu schauen, ob sich dort etwa frische Kotspuren befanden.

Das könnte Sie auch interessieren:

Befragt wurde auch Matthias Kaiser vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), der am 20. Dezember 2017 eine Stellungnahme zum Schwarzstorch-Problem abgegeben hatte. Er erläuterte, im Kreis gebe es rund zehn Schwarzstorch-Paare.

Es sei bekannt, dass die Tiere Wechselhorste nutzten. Er sagte, dass das Rotbachtal alleine kein essenzielles Nahrungsgebiet der Tiere sei, dies sei also kein Ausschlusskriterium für einen Windpark. Heftig in Frage gestellt wurde diese Aussage jedoch von Nabu-Anwalt Patrick Habor.

Kaiser bezweifelte außerdem, dass eine weitere teure Raumnutzungsanalyse Aufschluss über die Population geben könne. Diskutiert wurde auch, ob die für den Park gebauten Wege negativen Einfluss auf die Wildkatze haben könnten. Doch das scheint nicht der Fall zu sein.

Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht ausreichend?

Rechtsanwalt Patrick Habor sagte in seinem Plädoyer für den Nabu, die Umweltverträglichkeitsvorprüfung sei nicht ausreichend gewesen. Insbesondere sei sie widersprüchlich wegen divergierender Angaben im Schwarzstorch-Gutachten. Dies führe dazu, dass man keine klaren Angaben dazu machen könne.

Helena Lajer von der den Kreis Euskirchen vertretenden Maslaton-Rechtsanwaltsgesellschaft sagte, die Rüge des Gerichts zur mangelhaften Aktenführung des Kreises sei nicht zutreffend.

Denn die vermissten Unterlagen seien nicht Bestandteil des Verfahrens zu Dahlem IV, sondern der Vorprojekte Dahlem I bis III gewesen. Mängel in der Dokumentation seien durch die Stellungnahme von Matthias Kaiser vom Lanuv vom November 2017 geheilt worden.

Der Schwarzstorch sei nach der Erkenntnislage zum Zeitpunkt der Genehmigung hinreichend gewürdigt worden. Diesen Ausführungen schloss sich der Anwalt des Unternehmens DunoAir im wesentlichen an.

Das Urteil wird am kommenden Freitag, 28. September, gesprochen. Aktenzeichen: AZ 6 K 612/17

KStA abonnieren