Spielen in der ScheuneErster Bauernhofkindergarten im Kreis Euskirchen startet 2021

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Die Kälbchen findet Tochter Klara van Kann, drei Jahre alt, wie wohl alle Kinder besonders süß. Sie gehören auf dem Milchvieh-Hof ihrer Eltern natürlich dazu.

Die Kälbchen findet Tochter Klara van Kann, drei Jahre alt, wie wohl alle Kinder besonders süß. Sie gehören auf dem Milchvieh-Hof ihrer Eltern natürlich dazu.

  • Oberhalb von Dahlem wird im nächsten Jahr der erste Bauernhofkindergarten im Kreis Euskirchen entstehen.
  • Das Landwirts-Ehepaar Michael und Verena van Kann hat den Zuschlag erhalten.
  • Die Kinder werden sich dort auf Teilen des Hofes, auf Feldern und im zugehörigen Waldstück aufhalten können.

Dahlem – Unmittelbar vor der Landesgrenze nach Rheinland-Pfalz, oberhalb von Dahlem, wird der erste Bauernhofkindergarten im Kreis Euskirchen entstehen. Das Landwirts-Ehepaar Michael und Verena van Kann hat den Zuschlag erhalten. Das bestätigte auf Anfrage Dahlems Bürgermeister Jan Lembach. Weitere Bewerber gab es demnach nicht.

Der Hof der van Kanns liegt in der Gemarkung Fuchskaul an der Straße, die von Dahlem in Richtung Stadtkyll führt. Auf dem Gelände wird bis zum Sommer kommenden Jahres in einer derzeit leer stehenden alten Scheune des Bauernhofes ein rund 100 Quadratmeter großes Areal für den ersten Bauernhofkindergarten im Kreisgebiet geschaffen. Die Kinder werden sich dort auf Teilen des Hofes, den Feldern und sogar im zum Hof gehörenden kleinen Waldstück aufhalten können.

Auf dem Hof der Familie van Kann oberhalb von Dahlem wird der kreisweit erste Bauernhofkindergarten entstehen.

Auf dem Hof der Familie van Kann oberhalb von Dahlem wird der kreisweit erste Bauernhofkindergarten entstehen.

Der in dritter Generation von Michael van Kann geführte Hof hat 100 Milchkühe inklusive Nachzucht und Grünland. „Das sind dort schon ideale Bedingungen“, so Lembach zur Entscheidung für diesen Standort. Denn die van Kanns bieten nicht nur den Bauernhof als Standort. Die 32-jährige Verena van Kann, die künftige Kita-Leiterin, ist zudem nicht nur ausgebildete Erzieherin. Sie hat vor zwei Jahren sogar ihre Bachelorarbeit an der Universität Bonn in Erziehungswissenschaft über Bauernhofkindergarten-Konzepte geschrieben.

Melkanlagen werden abgerissen

Das Angebot können van Kanns machen, weil im vergangenen November eine neue Scheune unterhalb der alten fertig gestellt wurde. So ist die wichtige räumliche Trennung zwischen dem landwirtschaftlichem Betrieb und der Kita gegeben.

Zunächst planen die Eheleute, sich die alte Scheune vorzuknöpfen. Dort sollen Einbauten wie die alte Melkanlage, Stallmauern und anderes mehr abgerissen werden. Unter Umständen bleibt ein – durch eine Mauer getrennter – Teil für die Kälberstallungen erhalten. Anschießend wird dort neu gebaut: Ein kleinerer Ruheraum wird entstehen und ein größerer Aufenthaltsraum. Die sanitären Anlagen, Strom und Heizung gehören natürlich auch dazu. Unterhalb dieser neuen Räume wird es künftig im oberen Teil der alten Scheune die „Spielscheune“ geben.

Was macht die Kuh? Verena van Kann wird das künftig den Kindern der neuen Kita auf ihrem Bauernhof erklären.

Was macht die Kuh? Verena van Kann wird das künftig den Kindern der neuen Kita auf ihrem Bauernhof erklären.

Bundesweit gibt es erst an die 50 Bauernhofkindergärten mit verschiedenen Trägermodellen, in Dahlem wird der erste im Kreis entstehen. Mit der Schaffung der neuen Räume für diese Einrichtung werden die Eheleute van Kann in Vorleistung gehen. Die Rede ist von einem wahrscheinlich sechsstelligen Euro-Betrag, den sie in das Projekt stecken. Refinanziert werden können die Kosten nach Angaben Lembachs unter anderem durch fest stehende Zuschuss-Sätze der Landesregierung für alternative Kindergartenmodelle. Abgesichert wird das ganze Vorhaben über einen Pachtvertrag mit der Gemeinde Dahlem, die Träger der Kita werden wird und Miete für die Nutzung zahlt. Die Miethöhe ist in solchen Verträgen mit privaten Anbietern in der Regel vorgegeben.

Nachhaltige Erziehung im Trend

Nicht nur die steigenden Einwohnerzahlen im Gemeindegebiet ermutigen die Verwaltung und das Landwirt-Ehepaar zu diesem Projekt. Nachhaltige, naturnahe frühkindliche Erziehung liegt im Trend, was auch die Einrichtung von Waldkindergärten unterstreicht. Das Angebot in der Gemeinde Dahlem werden zunächst bis zu 20 Kinder – ein eingruppiger Kindergarten – zu festen Tagen nutzen können. Ob die Gruppenzahl später erhöht wird, bleibe abzuwarten, heißt es.

Die Kinder werden so, wie es sinnvoll und im Tagesablauf des landwirtschaftlichen Betrieb möglich ist, den Alltag auf dem Bauernhof kennenlernen. Sie werden dabei nicht nur von Verena van Kann betreut, die bereits seit drei Jahren Ferienfreizeiten für Kinder auf ihrem Bauernhof anbietet. Sie wird mit weiteren Erzieherinnen ein Team bilden, das entsprechend den Anforderungen nach dem Personalschlüssel für solche Betreuungseinrichtungen aufgestellt wird.

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Van Kann war es auch, die vor zwei Jahren die Idee hatte, der Gemeinde einen Bauernhofkindergarten anzubieten: „Damals musste die Kita Dahlem erweitert werden. Es fehlte Raum, bis dann doch der Anbau kam.“ Dennoch gibt es schon mittelfristig einen akuten Mangel an Betreuungsplätzen im Gemeindegebiet. Jetzt kommt also die damalige Idee zurück.

Schnell hat sich die neue Option offenbar sowohl bei Erzieherinnen als auch vor allen Dingen bei Eltern, die am liebsten sofort ihre Kinder anmelden wollen, herumgesprochen. Zahlreiche Anfragen sind bereits bei Lembach eingegangen – doch sie alle muss er vertrösten. Die neue Kita wird erst zum August 2021, also mit dem Beginn des übernächsten Kindergartenjahres, an den Start gehen.

Kinderbetreuung im Kreis

Betreuungsbedarf besteht im Kreis Euskirchen für insgesamt 6468 Kinder. Davon sind 1320 Unter-Dreijährige und 5148 Über-Dreijährige. Diese Zahlen haben die Träger der Einrichtungen der Kreisverwaltung für den aktuell noch gültigen aktuellen Kindergartenplan 2018/19 gemeldet.

Ein Trend setzt sich demnach fort: Durch Zuzüge und höhere Geburtenraten ist die Zahl der Kinder im Kreis gestiegen. Also müssen in den Kommunen entsprechende Kapazitäten für die Betreuung geschaffen werden. 230 Kinder werden bereits mehr betreut als 2017. In zahlreichen Orten werden durch Neu- und Anbauten weitere Plätze geschaffen.

Nicht nur die Kommunen betreiben die Kindergärten und -tagesstätten im Kreis. Der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) hat 32, der Regionalverband Rhein-Erft-Euskirchen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) 24 Kindertagesstätten in seiner Trägerschaft. Dazu kommen kirchliche Träger und kleinere wie der Deutsche Kinderschutzbund.

Auch private Träger von Kitas gibt es im Kreis. Die Elterninitiative „Familienbande“ hat eine erste Kindertagesstätte in Zülpich eröffnet und plant eine zweite. In Schleiden hat der Waldorf-Waldkindergarten nahe des Schulzentrums im vergangenen Sommer seinen Betrieb aufgenommen und bietet 20 Plätze. Im August wird in Nettersheim ein weiterer Waldkindergarten eröffnet, in dem die Gemeinde 35 Plätze anbieten wird. (sli)

Bis dahin wollen van Kanns für die künftigen jungen Dauergäste auch das passende vierbeinige Hofpersonal aufgestockt haben. Vielleicht kommen neben Hofkatze und -hund auch noch ein paar Ziegen und Hühner dazu.

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