„Ich mochte das Gestalten“Peter Cremer geht nach 51 Jahren in den Ruhestand

Lesezeit 6 Minuten
Muss immer im Büro sein: Den blauen Locher hatte Peter Cremer in den 51 Jahren seiner Verwaltungstätigkeit stets auf seinem Schreibtisch stehen. In den Ruhestand würde er ihn auch gerne mitnehmen.

Muss immer im Büro sein: Den blauen Locher hatte Peter Cremer in den 51 Jahren seiner Verwaltungstätigkeit stets auf seinem Schreibtisch stehen. In den Ruhestand würde er ihn auch gerne mitnehmen.

  • 2014 zog Peter Cremer in das Bürgermeister-Büro in Heimbach, am 31. Oktober endet seine Amtszeit.
  • Insgesamt hat er dann 51 Jahre für die Verwaltung gearbeitet.
  • Im Gespräch mit Julia Reuß berichtet er über Höhepunkte und Tiefschläge.

Herr Cremer, sechs Jahre waren Sie Bürgermeister von Heimbach. Welche Bilanz ziehen Sie?

Cremer: Ja, welche Bilanz zieht man? Es war eine lange Zeit, nicht nur als Bürgermeister. Die ganzen 51 Jahre, die ich jetzt hier im Haus bin, waren sicherlich interessant und spannend. Als ich angefangen habe, damals war ich 17 Jahre alt, war gerade die Neugliederung mit Vlatten und Hergarten gewesen. In dieser Zeit, besonders während der Neugliederungsphase mit Nideggen, hat man als junger Mann in der Verwaltung viel über Kommunalpolitik gelernt.

Haben Sie anfangs immer in der gleichen Abteilung gearbeitet?

Nein, ich war in den verschiedensten Abteilungen: Etliche Jahre Sozialamt, viele Jahre Ordnungsamt und ab den 1980er-Jahren Bauamt. Bis zum Jahr 2002, damals war Altbürgermeister Hans Günther Pütz hier am Ruder. Er hat mich dann zum Fachbereichsleiter Planen und Bauen ernannt. Das habe ich zwölf Jahre gemacht. Diese Zeit war eigentlich genauso fruchtbar, vielleicht sogar ein stückweit fruchtbarer als die Zeit als Bürgermeister. Weil ich in Bert Züll, dem damaligen Bürgermeister, wirklich jemanden hatte, der vieles, was ich vorgeschlagen habe, mitgemacht hat. Nur bei der Sanierung des Stadtkerns, da wurde der Kollege Züll interessanterweise etwas zögerlich, und das Ganze hat sich ein bisschen verschlissen.

Wie kam es dann zu Ihrer Kandidatur fürs Bürgermeisteramt?

Als es „Wir suchen 2014 einen neuen Bürgermeister“ hieß, habe ich gedacht, dass die Stadtentwicklung eigentlich nicht richtig weitergekommen ist. Hinzu kam noch, dass ich mir gesagt habe: „Du hast bisher fünf Chefs verschlissen, jetzt wird es Zeit, dass du es selber machst.“ (lacht) Aber die Hauptmotivation war, die Stadtkernsanierung voranzutreiben.

Gegen CDU-Mann durchgesetzt

Mit 55,7 Prozent setzte sich der heute 68-jährige Peter Cremer 2014 bei der Wahl zum Bürgermeister durch. Und das, ohne für die CDU anzutreten. Die Christdemokraten hatten von Cremer verlangt, in die Partei einzutreten. Nur dann wollten sie ihn zum Kandidaten küren. Doch Cremer lehnte ab. Stattdessen ging er als parteiloser Kandidat ins Rennen, unterstützt von UWV, SPD und FDP. Die CDU wählte Theo Hüffel zu ihrem Kandidaten. Hüffel war bis dato Bürgermeister in Wachtberg bei Bonn und in Heimbach eher unbekannt. Im Gegensatz zu Cremer, der wohl auch wegen dieses Heimvorteils schlussendlich die Wahl gewann. (jre)

Das haben wir relativ schnell mit dem Integrierten Handlungskonzept aufgegriffen, wovon mit dem ersten Teil der Ruruferpromenade die ersten sichtbaren Zeichen zu sehen sind. Die anderen Bausteine – das Kulturtreibhaus oder die Fortsetzung des Ausbaus der Ruruferpromenade – sind derzeit in der Hochphase der Planung. Die Sanierung und der Umbau der Hengebachstraße werden sicherlich so schnell nicht realisierbar sein, weil das Thema Hochwasserschutz dranhängt.

Was waren in den sechs Jahren Höhepunkte?

Alles in allem kann ich eine durchweg positive Bilanz ziehen. Ich bin froh und dankbar, dass ich es gemacht habe und habe machen können. Wir haben einiges realisiert, wie beispielsweise die Sanierung der Grundschule für drei Millionen Euro oder auch die gute Abwicklung des Wasserinfozentrums, das nicht mehr zu halten war, mit der Ansiedlung der freien Schule. Dann ist das Integrierte Handlungskonzept zu nennen, wo förderbare Kosten von 6,5 Millionen Euro umgesetzt werden. Das sind schon gute Ergebnisse.

Und welche Tiefschläge haben Sie wegstecken müssen?

Es gab ein paar Dinge, die ich angestoßen habe und die politisch nicht mitgetragen wurden. Wo, wie ich glaube, die Entscheidung sachlich nicht gerechtfertigt war, sondern mehr oder weniger dem vermeintlichen Druck der Öffentlichkeit geschuldet war. Das war etwa der Ausbau der Nebenanlagen an der Kermeterstraße in Hergarten. Der Landesbetrieb hat die Ortsdurchfahrt saniert, und da habe ich gesagt, das sei eine gute Gelegenheit auch die Nebenanlagen, also die Gehwege, zu erneuern. In einer Bürgerversammlung hat man sich vehement dagegen ausgesprochen, weil natürlich die Diskussion um Anliegerbeiträge aufkam.

Das könnte Sie auch interessieren:

Gleiches gilt für das Vorhaben, die Baulücke Vogtplatz zu füllen oder die Offenlegung des Heimbachs. Da hat man relativ schnell das Handtuch geworfen und gesagt: „Wenn da die Öffentlichkeit und die Bürgerschaft nicht mitmachen, dann machen wir das nicht.“ Das sind Dinge, die nicht so toll waren. Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass bei vielen, die sich zu Wort melden, die partikularen, also die eigenen Interessen immer mehr im Vordergrund stehen. Das Allgemeinwohl gerät dann etwas ins Hintertreffen. Und dann gab es den einen oder anderen Angriff auf meine Person, der nicht so prickelnd war. Aber da muss man, glaube ich, in solch einer Position mit fertig werden.

Was haben Sie als Bürgermeister besonders gerne gemacht?

Das Steuern und Leiten der Verwaltung. Ich mochte das Gestalten. Und was ich immer sehr gerne gemacht habe, waren die repräsentativen Aufgaben. Ich habe, glaube ich, 85 bis 90 Prozent der Termine, zu denen ich eingeladen war, selbst wahrgenommen. Ob das jetzt das Kindergartenfest war oder Vereinsjubiläen oder goldene Hochzeiten – dieser Kontakt mit den Menschen war mir immer sehr wichtig. Unter anderem auch deshalb, weil ich eine Vielzahl der 4400 Menschen in der Stadt persönlich kenne. Sehr gerne bin ich vor Weihnachten immer zu den Seniorenfeiern gegangen. Das hat mir immer unheimlich viel Freude gemacht – unabhängig davon, dass es meistens guten Kuchen gab. (lacht)

Gab es auch Dinge, die Sie nicht so gerne gemacht haben als Bürgermeister?

Nein, das kann ich so nicht sagen. Es gibt natürlich Aufgaben, die man nicht so gerne macht, aber das nutzt ja nichts. Ich habe nichts mit Widerwillen getan. Ich war aber auch Gott sei Dank nicht in der Situation, dass ich schwere Personalentscheidungen hätte treffen müssen.

Bereuen Sie etwas?

Nein, absolut nichts.

Wo haben Sie als Bürgermeister die meiste Zeit verbracht?

Die meiste Zeit habe ich sicherlich hier im Büro verbracht.

Man hat ja auch einen schönen Blick ins Grüne ...

Ja, das sage ich immer: Das ist das Bürgermeister-Büro mit dem schönsten Ausblick.

Haben Sie einen Gegenstand, von dem Sie sagen: Der muss immer im Büro sein?

Ja, dieser Locher! Den möchte ich auch gerne mitnehmen. Den habe ich 1969 zur Ausstattung meines Arbeitsplatzes bekommen – den hatte ich jetzt 51 Jahre. Das ist ein ganz besonderer Locher, weil er vier Lochstempel hat. Er gehört zu dem Ablagesystem, das wir seinerzeit hier geführt haben, einem analogen Dokumenten-Management-System.

Jetzt verlassen Sie Ihr Büro. Was haben Sie vor in Zukunft?

Das bin ich so oft gefragt worden. Ich habe einfach mal gedacht: Nichts. (lacht) Nein. Ich werde mich intensiv mit der Ortsgeschichte auseinandersetzten. Ich bin Vorsitzender des Geschichtsvereins, und das liegt mir sehr am Herzen. Und dann bin ich auch Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer der Heimbach-Wallfahrt und will das wieder etwas intensiver machen, daran arbeiten, dass die Heimbach-Wallfahrt wieder etwas nach vorne kommt. Ansonsten werde ich mit meiner Frau Angelika den dritten Lebensabschnitt einfach genießen.

Haben Sie denn noch Ratschläge für ihren Nachfolger?

Ratschläge eher nicht, das steht mir nicht zu. Wir haben mehrere Male zusammengesessen, und ich habe ihm viele Dinge stichwortartig mit auf den Weg gegeben. Aber ich bin nicht da, um Ratschläge zu geben. Ich kann nur Hinweise geben, worauf man ein Augenmerk legen sollte. Ansonsten müssen mein Nachfolger und der neue Rat ihre eigenen Wege finden, wofür ich allen eine glückliche Hand wünsche. Ich hoffe, dass das, was ich angestoßen habe, so fruchtbar ist, dass es irgendwann zu einem glücklichen Ende kommt. Und ansonsten: Es kommt jeden Tag etwas Neues.

KStA abonnieren