Bis 25.000 Borkenkäfer pro BaumExperten erwarten zwei Befallswellen in der Eifel

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Nach dem Borkenkäfer-Befall ist die Rinde dieser Fichte abgeplatzt.

Nach dem Borkenkäfer-Befall ist die Rinde dieser Fichte abgeplatzt.

Eifelland – Manches Ungemach kündigt sich nur durch kleine Vorzeichen an. Im Fichtenbestand südlich von Schmidtheim sind es hauchfeine Harzfäden, die in mehreren Metern Höhe an den Stämmen zu sehen sind. Sie verraten dem erfahrenen Förster Bernhard Ohlerth, was die Stunde geschlagen hat: „Dort oben sind die Käfer in den Baum eingedrungen.“

Es war das Männchen des Buchdruckers, das dort oben ein Loch gebohrt hat – eine der beiden Borkenkäferarten, die den Forstleuten Kopfschmerzen bereiten. Der Käfer hat in die Rinde eine sogenannte Rammelkammer gefressen, in die er mit seinen Duftstoffen ein Weibchen lockte. Das Weibchen setzte die zerstörerische Arbeit im Cambium, der für die Ernährung des Baums so wichtigen Rindenschicht, fort. Es baute dort die Brutgänge, wo die Eier abgelegt wurden. Drei Generationen Käfer konnten sich im vergangenen trockenen und warmen Jahr voll entwickeln.

In etwa 1,50 Meter Höhe, dort, wo Ohlert die Rinde abnehmen kann, ist der Baum noch gesund, die Krone ist grün. Doch anders, als im Herbst angenommen wurde, gehen die Fachleute nun nicht mehr davon aus, dass der Borkenkäfer ausschließlich im Boden überwintert. 20 bis 50 Prozent der Käfer, so die aktuellen Zahlen, bleiben im Baum und verbringen dort die kalte Jahreszeit. In drei verschiedenen Ebenen verstecken sie sich und sind für das Auge unsichtbar. Neue Untersuchungen haben Zahlen von durchschnittlich 25.000 Käfern pro Baum in solchen stehenden Bäumen ergeben. Deshalb muss die Fichte gefällt und aus dem Wald entfernt werden.

„Das ist eigentlich eine gute Nachricht, dass die Käfer noch in den Bäumen sind“, so der Nettersheimer Gemeindeförster Wolfgang Schmieder. Denn anders als beim Waldboden als Winterquartier können die Förster auch im Winter die erkrankten Bäume aus dem Wald bringen. „Bisher wurde angenommen, bis Ende Oktober müsste alles aus dem Wald, weil dann der Käfer in den Boden gegangen ist. Jetzt haben wir mehr Zeit“, erläuterte Schmieder. Christoph Böltz, Leiter des Regionalforstamtes bestätigt das. „Jeder befallene Baum, der aus dem Wald kommt, ist ein Gewinn“, sagt er.

Es sind nicht die abgestorbenen Bäume, die Sorgen bereiten. Sie stellen keine Gefahr mehr dar, da die Käfer aus ihnen ausgeflogen sind. Deshalb sollen sie auch nicht gefällt werden, um die begrenzten Kapazitäten der Sägewerke nicht zu belegen. Es sind die Bäume mit grüner Krone, die aber Krankheitszeichen vorweisen, die schnell aus dem Wald sollen.

Bei 16,5 Grad Celsius, so der derzeitige Wissensstand, werden die Borkenkäfer wieder aktiv. Böltz erwartet für den Zeitraum April bis Mai zwei Befallswellen. „Die Bäume werden schneller warm, deshalb werden die Käfer, die in den Bäumen geblieben sind, eher schwärmen“, so Böltz. Eine zweite Welle folge, wenn auch die Böden die Temperatur erreichen.

Sägewerke

Reichlich Arbeit haben die Sägewerke durch das anfallende Käferholz. Im Harperscheider Werk ist die Starkholzlinie in der Nacht zum Donnerstag ein Raub der Flammen geworden. Christoph Böltz befürchtet dadurch aber keine Auswirkungen auf die Entsorgung des Käferholzes. „Das Unternehmen IBH verfügt über ein großes Werk im belgischen Vielsalm.“ Außerdem habe der Landesbetrieb Wald und Holz seine Verträge und gehe davon aus, dass die auch so erfüllt werden. (sev)

So katastrophal wie bei vielen seiner Kollegen ist bei Bernhard Ohlerth die Lage nicht. Sein Revier, der Forstbetriebsbezirk Udenbreth, ist das höchstgelegene im Rheinland. „Es zeigt sich, dass die Marke von 400 Höhenmetern eine Grenze darstellt“, so Ohlerth. Darunter seien die Schäden viel gravierender. „Die Fichte fühlt sich wohl ab 1000 Millimeter Niederschlag pro Jahr“, erläutert er. Im trockenen Sommer sei es in den Niederungen für die Bäume nicht möglich gewesen, sich mit Harzfluss gegen die Schädlinge zu wehren. Rund 1500 Festmeter Käferholz seien es bei ihm gewesen, wovon noch 500 Festmeter verarbeitet werden müssten. Viel schlimmer ist die Lage laut Böltz immer noch in den großen Waldrevieren in Euskirchen und Bad Münstereifel. „Da ist noch eine Menge Käferholz im Wald“, sagt er. Genaue Zahlen habe er aktuell nicht. „Es ist eine bundesweite Kalamität, deshalb ist die Nachfrage nach Harvestern derzeit groß“, erklärt er weiter.

Und der Bedarf wird nicht kleiner, wie Ohlerth erläutert: „Bis nach Weihnachten konnten wir eine Entwicklung feststellen, das hatten wir noch nie.“ Es seien Krankheitszeichen bei Bäumen festzustellen gewesen, die kurz vorher noch gesund schienen. Dann platzte plötzlich die Rinde von den Bäumen, die in den Kronen noch grün sind. Das stellt die Forstleute vor neue Probleme. Denn eigentlich müssten all diese Rinden eingesammelt und entsorgt werden, um die darin überwinternden Käfer zu entsorgen. „Wir müssen einen Weg finden, damit umzugehen“, fordert Ohlerth. Verbrennen sei im Wald immer schwierig und – wie der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln – nur mit Genehmigung des Forstamtes möglich.

Der Borkenkäfer ist nicht die einzige Gefahr, die dem Wald droht. Aus der Ferne zeigt Ohlerth auf den Rand einer Waldparzelle, den sogenannten Trauf, in dem sich kranke Bäume zeigen: „Wenn ich die jetzt wegnehme, kann es sein, dass ein Sturm reingeht und die ganzen Bäume umweht.“ Deshalb habe er mit dem Waldbesitzer entschieden, die Bäume stehenzulassen.

Nationalpark

Als Waldgestalter durchaus willkommen ist der Borkenkäfer im Nationalpark Eifel. Diese Aussage gilt jedoch nur für das Innere des Schutzgebiets. Florian Krumpen, Fachgebietsleiter Biotop- und Wildtiermanagement der Nationalparkverwaltung, verweist darauf, dass in den Randgebieten des Nationalparks in einer 500 Meter breiten Zone der Borkenkäfer bekämpft wird, um den benachbarten Wirtschaftswald zu schützen.

Bereits beendet sind die aktuellen Fällarbeiten in den Nationalpark-Bezirken Hetzingen und östlicher Kermeter, teilt die Nationalparkverwaltung in einer Presseerklärung mit. Derzeit werden befallene Fichten im Grenzbereich des Bezirks Dedenborn entfernt.

Auch wenn der Borkenkäfer im Frühjahr wider zu schwärmen beginnt, so kündigt die Nationalpark-Verwaltung bereits an, werde man die Randbereiche weiterhin streng auf Befall kontrollieren. Nötigenfalls werden dann weitere befallene Fichten entnommen.

Die Bekämpfung der Borkenkäfer in einer 500 Meter breiten Zone sei nicht nur in den Grundsätzen des Nationalparks Eifel festgeschrieben, sondern gehöre zu den Handlungsgrundsätzen aller Nationalparke in Deutschland. (sev)

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