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Video des WirbelsturmsBilanz von Eifel-Tornado schlimmer als angenommen

Lesezeit 4 Minuten
Tornado dpa

Die Aufnahme aus einem Video zeigt den Tornado über Roetgen

Roetgen – Bei dem Tornado in der Eifel-Gemeinde Roetgen sind mehr Menschen verletzt worden als zunächst angenommen. „Fünf Menschen sind leicht verletzt worden, vier von ihnen wurden im Krankenhaus behandelt“, sagte ein Feuerwehrsprecher am Donnerstagmorgen. Am Mittwoch hatten die Einsatzkräfte nur von einem Verletzten berichtet.

Außerdem wurden nach Angaben der Feuerwehr bis zu 40 Häuser beschädigt, zehn davon seien derzeit unbewohnbar. Zunächst war von 30 betroffenen Häusern die Rede gewesen.

DWD bestätigt Tornado

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) bestätigte, dass es sich bei dem starken Unwetter in der Gemeinde mit rund 8500 Einwohnern um einen Tornado gehandelt hat. „Solche Windhosen sind zwar selten, können aber immer mal wieder aufkommen – selbst in Mitteldeutschland“, sagte eine DWD-Sprecherin am Donnerstag.

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Am Vormittag setzen 350 Einsatzkräfte die Aufräum- und Reparaturarbeiten fort. „Das ganze Ausmaß der Schäden wird jetzt erst deutlich. Aber hier hat jeder Roetgener geholfen, das war wirklich toll“, sagte der Feuerwehrsprecher weiter. Viele Bewohner der beschädigten Häuser seien bei Bekannten untergekommen. 

„Er ist durchgefegt“

Auf einem Video ist zu sehen, wie eine deutlich erkennbare Windhose über den Ort zieht. „Er ist durchgefegt, kurz und heftig“, beschrieb der Sprecher der Feuerwehr-Einsatzleitung den Sturm. Dieser habe sich danach schnell wieder verzogen. Schäden gebe es relativ konzentriert an zwei Straßen. Eine davon ist die kleine Straße Kuhberg: Die Schäden wurden von der Dunkelheit verschluckt. Nur wo Technisches Hilfswerk und Feuerwehr ihre Strahler hatten, wurde die Kraft der Zerstörung sichtbar. Ein knorriger, alter Baum ist mit seiner Krone in ein Dach geschlagen, ragte noch halbseitig geradezu gespenstig heraus.

Einigen Menschen sah man den Schreck noch an, wie der zierlichen Frau, die sich mit beiden Händen den Kopf hielt, ihn immer wieder ungläubig schüttelte. „Mein Mann und ich haben das zusammen aufgebaut. Jetzt wohnt mein Sohn drin“, sagte sie und schaute in die Dunkelheit. Kurz danach wurde im Schein von Strahlern ein abgedecktes großes Dach sichtbar. Gardinen wehten durch den Fensterrahmen. Der Sohn sei noch nicht zu Hause, sagte die Frau.

„Durch den Druck sind die Fensterscheiben kaputt gegangen“, stellte Glasermeister Sascha Jansen fest - und dies an mindestens 20 Häusern in der kleinen Straße. Der Wind habe das Glas in die Zimmer gedrückt. „So was habe ich noch nicht gesehen“, schüttelte er ungläubig den Kopf. Mit einem Glaser-Team sei er vor Ort. Aber das zweite Team sei schon unterwegs. „Mein Freund sucht Hilfe“, erzählte Axel Cziesla, vor dessen Haus wartend. Das Dach sei abgedeckt und müsste schnell provisorisch repariert werden. „Wenn es wieder regnet, ist alles hin.“ Kurz danach begann es kräftig zu hageln.

Betreuungsstelle in Grundschule errichtet

Die Roetgener halten zusammen, stellte Bürgermeister Jorma Klauss fest. Ein Hotelier habe kostenlos Zimmer und Logis angeboten, weil mehrere Häuser unbewohnbar seien. Natürlich habe der Sturm die 8600-Einwohner-Gemeinde hart getroffen. „Aber wir sind gefasst, bei uns bricht keine Panik aus“, sagte er. Auch die Häuser im Ort seien solide: „In der Eifel baut man stabil.“

In der Grundschule in Roetgen wurde eine Betreuungsstelle eingerichtet. Die Feuerwehr schätzte, dass etwa 30 Menschen vorübergehend eine andere Unterkunft bräuchten. Es sei aber davon auszugehen, dass in der Ortschaft an der belgischen Grenze viele von ihnen bei Verwandten oder Bekannten unterkommen könnten.

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Feuerwehr und Rettungsdienst waren mit mehr als 200 Kräften im Einsatz. Hinzu kamen rund 30 Polizisten. Der Deutsche Wetterdienst bestätigte, dass ein Gewitter über die Eifel gezogen sei. Ob der Sturm als Tornado einzustufen sei, müsse noch geprüft werden, sagte eine DWD-Meteorologin.

Dunkelziffer bei Tornados ist hoch

Unter Tornados verstehen Wetterkundler des Deutschen Wetterdienstes eine Luftsäule mit Bodenkontakt, die um eine mehr oder weniger senkrecht orientierte Achse rotiert und sich dabei unter einer tiefen Wolkenbasis befindet.

Weitere Voraussetzungen für das Entstehen sind laut DWD starke Temperaturgegensätze, aufsteigende Luft und die Zunahme der Windgeschwindigkeit. 2018 hatte der DWD deutschlandweit 17 nachgewiesene Tornado-Ereignisse registriert, davon 4 in NRW.

Die Dunkelziffer ist hoch, da Tornados nur durch Augenzeugen bestätigt werden können. Außerdem entstehen sie unvorhersehbar innerhalb weniger Minuten und sind oft ebenso schnell vorüber. Jeder Tornado ist gefährlich. Es kann dabei immer Todesopfer geben, warnen die Experten. (dpa)

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