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BezirkssportanlageLeichtathleten in Euskirchen mit Situation unzufrieden

Lesezeit 6 Minuten
Das Euskirchener Erftstadion gibt es seit fast 25 Jahren. Möglicherweise soll es Konkurrenz durch eine Bezirkssportanlage in der Euskirchener Heide erhalten.

Das Euskirchener Erftstadion gibt es seit fast 25 Jahren. Möglicherweise soll es Konkurrenz durch eine Bezirkssportanlage in der Euskirchener Heide erhalten.

Euskirchen – Wann zuletzt jemand auf der Matte der Stabhochsprunganlage im Erftstadion gelandet ist, weiß Hans-Werner Pütz nicht. Er weiß nur, dass die Anlage defekt ist und sich seit Jahren in einer Art unfreiwilligem Dornröschenschlaf befindet. Und das ist aus Sicht des Chefs der LGO Euskirchen/Erftstadt mehr denn je eine Katastrophe. „Wir brauchen eine funktionierende Anlage, um in der Zukunft konkurrenzfähig zu sein und hochkarätige Leichtathletik-Veranstaltungen anbieten zu können.“ Das sei nach der Gründung der Leichtathletikregion Südwest so wichtig wie nie.

„Wir könnten problemlos Stabhochsprung im Erftstadion anbieten“, so Pütz. Die LGO habe von der Sporthochschule in Köln eine ausrangierte Anlage angeboten bekommen. „Die Stadt hätte nur dreimal nach Köln fahren müssen. Sie ist aber nur zweimal gefahren“, so der LGO-Chef. Entsprechend unvollständig sei die Kölner Anlage im Erftstadion angekommen und aufgebaut worden. Aus neuer und alter Anlage habe man dann eine zusammengeschustert.

Stadt verweist auf Sportanlagen im Auel

„Die Schutzhüllen passen aber nicht komplett über die neuen Matten, und der Einstiegskasten passt auch nicht mehr zur Anlage. Es kam eins zum anderen“, so Pütz. Mittlerweile müsse die Anlage komplett ersetzt werden. Etwa 9000 Euro koste eine Stabhochsprunganlage, die zwar nicht das Beste vom Besten sei, aber über Jahre funktioniere.

Iris Wischnewski, Sprecherin der Stadt Euskirchen, berichtet: „Da unmittelbar nach dem Transport die Vollständigkeit der Anlage von der LGO nicht überprüft wurde, wurde erst einige Monate später beim Aufbau festgestellt, dass die Anlage unvollständig war.“ Doch die defekte Stabhochsprunganlage ist nicht das Einzige, was LGO-Chef Pütz auf die Palme bringt. „Wenn es für unsere Athleten in die heiße Wettkampfphase geht, ist regelmäßig das Stadion gesperrt, weil dann Ferien sind“, so Pütz: „Wenn wir dann dort trainieren wollen, müssen wir pro Woche 144 Euro bezahlen. Viel Geld für einen kleinen Verein.“

Die Stadt verweist darauf, dass die Athleten der LGO – und auch der anderen Vereine – in den Sommerferien in derSportanlage im Auel trainieren können. „Außer Hochsprung sind dort alle Leichtathletik-Disziplinen möglich“, berichtet Wischnewski. Sie schränkt aber ein: „Hürden gibt es dort auch nicht, aber die lassen sich problemlos von städtischen Mitarbeitern vom Erftstadion in den Auel transportieren.“

LGO Chef findet Angeobt indiskutabel

Für Pütz ist das Angebot eher indiskutabel: „Im Auel gibt es statt einer Tartan- eine Aschenbahn, die in einem unfassbar schlechten Zustand ist.“ Er vermisse das Fingerspitzengefühl der Verantwortlichen bei der Förderung des Spitzensports. Schließlich, so Pütz, leide nicht nur die LGO unter den suboptimalen Bedingungen, sondern auch der ETSC. Die Fußballer seien ebenfalls in den Ferien darauf angewiesen, trainieren zu können, da in den Osterferien der Grundstein für den Endspurt der Meisterschaft gelegt werde. Möchte der ETSC etwa in der ersten Woche der Osterferien den Kunstrasenplatz im Erftstadion nutzen, muss er pro Stunde 26 Euro zahlen.

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Für 13 Jugendmannschaften und ein Seniorenteam, die im Schnitt pro Mannschaft und Woche zweimal für anderthalb Stunden trainieren, sind das 1092 Euro. „Die Nutzungssatzung ist nicht mehr zeitgemäß. Alle ärgern sich, dass Kinder lieber vor der Spielkonsole sitzen, statt sich draußen aufzuhalten, und sperren dann in den Ferien die Sportplätze und Hallen“, so Pütz, der sich auch über den städtischen Umgang mit der Sportanlage im Auel wundert. Seit Jahren werde das Gelände stiefmütterlich behandelt. Es sei offensichtlich, dass die Stadt den Auel aufgegeben habe und ihn für eine Bezirkssportanlage opfern möchte. „Das kann ich nicht verstehen. Das Erftstadion und der Auel sind vom Bahnhof fußläufig zu erreichen und von Schulen umgeben“, berichtet Pütz: „Aber man möchte lieber eine Bezirkssportanlage im Niemandsland bauen, zu der die jungen Sportler gefahren werden müssen.“

4,5 Millionen Euro für neue Anlage

Nach Informationen dieser Zeitung ist die Anlage in der Euskirchener Heide geplant. „Zur möglichen Lage einer Bezirkssportanlage werden wegen der laufenden Grundstückserwerbsangelegenheiten keine öffentlichen Aussagen getroffen“, lässt Wischnewski mitteilen. Zahlenspiele gibt es aber bereits: Auf Wunsch der CDU-Fraktion wurde eine grobe Kostenstruktur für eine Bezirkssportanlage in der Dimension des Auels erstellt.

Die Anlage würde über zwei große Kunstrasenplätze, zwei Kleinspielfelder (Tartanbelag), eine 400-Meter-Laufbahn, weitere Leichtathletikanlagen, Flutlicht sowie Parkplätze und Umkleidekabinen verfügen. Geschätzte Kosten ohne Grunderwerb: 4,5 Millionen Euro. Für zwei Platzwarte kämen jährlich 90.000 Euro hinzu. Finanziert werden soll das Ganze, indem die Sportanlage im Auel in Bauland umgewandelt wird.

Ein Verfechter der Bezirkssportanlage ist Jan-Uwe Brand von Stadtsportverband: „Wir können nicht jedem Dorf einen Kunstrasenplatz bauen, aber wir können mit einer Bezirkssportanlage jedem Fußballer ermöglichen, auf einem Kunstrasen zu spielen.“ Brand war auch vor einigen Jahren dabei, als ein Sportstätten-Entwicklungsplan erstellt worden ist. „Das war eine Bestandsaufnahme. Es ging darum, wie viele Vereine es gibt, wie viele Mitglieder sie haben und wie viele Mannschaften am Spielbetrieb teilnehmen“, so Brand.

Weniger Jugendmannschaften

Die Zahlen seien mitunter alarmierend gewesen. „In zehn Jahren ist die Zahl der Jugendmannschaften um 90 gesunken“, so Brand. Entgegen der Empfehlungen des Sportentwicklungsplans seien die Kunstrasenplätze in Flamersheim, Wüschheim-Büllesheim und Stotzheim von der Politik verabschiedet worden.

Ein Umstand, den er nicht nachvollziehen könne. „Der Sportplatz ist nicht mehr der Mittelpunkt des Dorfs. Vereine haben mittlerweile einen anderen Stellenwert“, so Brand. Ein Kunstrasenplatz sei auch nicht mehr das Allheilmittel gegen den Mitgliederschwund: „Wenn jeder Verein einen Kunstrasenplatz hat, hebt sich die Sogwirkung doch wieder auf.“

LGO-Chef Pütz sieht das ähnlich und wundert sich darüber, dass viel Geld in die Ertüchtigung der Leichtathletikanlagen auf dem Stotzheimer Sportplatz gesteckt wird. Im Hinblick auf die geplante Bezirkssportanlage in Euskirchen sei das Vorhaben der Politik ohnehin kontraproduktiv. Die für dieses Jahr geplanten Mehrkampf-Veranstaltungen in der Leichtathletik-Region Südwest werden zwischen Euskirchen und Zülpich aufgeteilt, weil es in Zülpich – im Gegensatz zum Euskirchener Erftstadion – eine funktionierende Stabhochsprunganlage gibt.

Die Leichtathletikregion Südwest

Im Leichtathletikverband Nordrhein gibt es seit dem 1. Januar statt 14 Kreisverbänden nur noch vier Regionen. Die bisherigen Kreise Kleve, Rhein-Lippe und Duisburg/Mülheim verschmelzen zur Region Nord. Die bisherigen Kreise Heinsberg, Aachen, Düren und Euskirchen bilden künftig die Region Südwest.

Zur Region Mitte gehören die derzeitigen Kreis-Verbände Essen, Niederrhein-West, Düsseldorf/Neuss und Bergisches Land – allerdings ohne Leverkusen. Die Hochburg wird der Region Südost zugeordnet. Dazu zählen die Kreisverbände Oberberg, Köln/Rhein-Erft und Bonn/Rhein/ Sieg. Für den jüngeren Nachwuchs sind Teilgebiets-Titelkämpfe vorgesehen. Kinderleichtathletik-Veranstaltungen sollen weiter regional stattfinden. Einig waren sich alle, dass die Vereine Keimzelle der Talententwicklung bleiben.

In allen 32 kreisfreien Städten und Landkreisen am Nordrhein werden lokale Beauftragte benannt. Drei ihrer Aufgaben: das Kampfrichterwesen, der Schulsport und die Beobachtung des Zustands der Trainingsstätten. Der Euskirchener Hans-Werner Pütz hat in der Region Südwest den Posten des Wettkampfwarts übernommen.

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