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EuskirchenFür Landwirte wäre ein zweiter Dürre-Sommer eine Katastrophe

Lesezeit 5 Minuten
Die Landwirtschaft litt 2018 erheblich unter dem Regenmangel: Nach wochenlanger Trockenheit wirbelte im Juli ein Landwirt bei Großbüllesheim eine mächtige Staubwolke auf.

Die Landwirtschaft litt 2018 erheblich unter dem Regenmangel: Nach wochenlanger Trockenheit wirbelte im Juli ein Landwirt bei Großbüllesheim eine mächtige Staubwolke auf.

Kreis Euskirchen – Unlängst warnte der Deutsche Wetterdienst vor den Folgen eines erneuten Dürre-Sommers wie in 2018. Land- und Forstwirtschaft sowie die Wasserversorger schauen dem noch gelassen entgegen – was sie beunruhigt, ist der schleichende Klimawandel.

„Der Weizen steht gut, Winterroggen steht gut und die Maissaat ist gut gelaufen“, sagt Landwirt Helmut Dahmen vom Antoniushof in Lorbach. Das muss auch so sein. Denn Dahmens Silos müssen nach dem Dürre-Sommer 2018 dringend aufgefüllt werden, damit die über 600 Kühe auch weiterhin genug zu fressen haben.

Dürre-Sommer 2018 mit bleibendem Eindruck

„Der letzte Sommer hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen“ so Dahmen. Etwa 2000 Tonnen, rund ein Drittel des Ertrags, verlor der Landwirt durch die Dürre. Immerhin, so schlimm wie 1976 war die Trockenheit nicht. „Da hat die Bundeswehr geholfen, Futter zu bringen“, sagt Dahmen, der in fünfter Generation den Hof führt.

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„Es ist definitiv nicht klar, was der Sommer bringt“, sagt Karsten Brandt, Klimatologe und Gründer der privaten Wetterdienstseite donnerwetter.de. Denn die klassischen Computermodelle könnten höchstens 14 Tage im Voraus sichere Prognosen liefern, so der Experte, der auch den Wetterpark am Weißen Stein in Udenbreth betreibt.

Anders sei das bei langfristigen Klimaveränderungen, die mit diesen Computermodellen ganz gut vorhersagbar seien. Durch den Klimawandel verschiebe sich die Zone mit wärmeren Temperaturen in Deutschland von Süd nach Nord. „Euskirchen ist mittlerweile bei Freiburg gelandet“, so Brandt. Es sei oft so, dass sich der Mensch relativ schnell Temperaturveränderungen anpasse, sagt Brandt: „Wälder können sich nicht so schnell anpassen. Langfristig ist die Temperaturveränderung ein Drama.“

Brandt bleibt bei einer Wetterprognose für den Sommer hingegen optimistisch. Der Winter sei deutlich feuchter gewesen als im Vorjahr. „Leichte, mäßige Regenfälle, keine Unwetter“, fasst er die positiven Wetterlagen für die Natur von Ende April und Anfang Mai zusammen. Insgesamt sei die Regenbilanz für 2019 um 30 Prozent höher als noch 2018. Ein Ausgleich für die knappen Wasserreservoirs in tieferen Bodenschichten sei das zwar nicht. „Es ist jedoch Quatsch, mit Katastrophenszenarien zu spielen“, so Brandt.

Sorge vor Dürre nichts Neues

Auch Landwirt Dahmen vom Antoniushof sieht die Situation noch gelassen. „Für mich als Landwirt ist die Sorge vor Dürre nichts Neues“, sagt er. Das Wetter bestimmt seinen Alltag. Mehrmals täglich schaut er auf seine Wetter-App. „Es ist schön, wenn es November wird und das Wetter mir egal ist“, sagt Dahmen. Denn dann ist die Ernte eingefahren und die Silos sind gefüllt. Im Vergleich zum Vorjahr habe sich die „Wassersituation“ verbessert, so Dahmen. Auch wenn ihm bewusst ist, dass im Unterboden aufgrund des trockenen Sommers 2018 kaum noch Wasserreserven schlummern.

Dahmen setzt auf verschiedene Strategien angesichts zunehmender Wetterextreme. Zum einen hat er den Betrieb breit aufgestellt: Milchkuhhaltung, eine Biogasanlage, zwei Windräder und eine Photovoltaik-Anlage. Das senkt das Risiko, wenn der Ertrag seiner Felder einbricht. Zum anderen sei eine abwechslungsreiche Felderwirtschaft wichtig.

Und auf Pflanzen zu setzen, die der Trockenheit trotzen. Wie die Luzerne, die mit ihren tief reichenden Wurzeln weniger direktes Regenwasser verbrauche, so Dahmen. Zudem brauche die Pflanze wenig Dünger und sei durch ihren hohen Proteinanteil ein guter Ersatz für seine Kühe zu oft gentechnisch verändertem Soja-Schrot.

„Der letzte Sommer war ein Aufwacherlebnis“

Ähnlich sieht es Hans von Hagenow, Landwirt und Hauptverantwortlicher des biodynamischen Betriebs Haus Bollheim bei Zülpich. „Der letzte Sommer war ein Aufwacherlebnis“, sagt er. Die Ernte war unterdurchschnittlich – zumindest beim Gemüseanbau. Der Betrieb mit Hühnern, Kühen und Pflanzenzucht wappnet sich ebenfalls mit verschiedenen Einnahmequellen gegen die Folgen extremer Klimabedingungen.

Auch von Hagenow setzt auf Hülsenfrüchtler wie die Luzerne. Außerdem tüftelt der Betrieb an Hopfensorten, die mit den regionalen Begebenheiten zurechtkommen, so der Landwirt. Eine weitere Maßnahme: humushaltiger Boden, der Wasser besser speichere. Ein Geheimrezept gegen Wetterkapriolen hat von Hagenow aber auch nicht. „Wenn es ganz trocken ist, hat jeder Betrieb Probleme, egal, ob ökologisch oder konventionell – eine Wüste ist eine Wüste.“

Talsperren immerhin gefüllt

Immerhin: Die Talsperren des Wasserverbands Eifel-Rur (WVER) sind mit Ausnahme der Urfttalsperre und der Wehebachtalsperre bei Stolberg-Schevenhütte überdurchschnittlich gefüllt. Gebiete, deren Wasser aus Talsperren stammt, können also unbesorgt sein. Anders sieht es in der Region Düren aus. Der Wasserzweckverband Langerwehe nutzt Wasser aus Brunnen. Der Tiefstand durch häufige Dürreperioden macht sich bemerkbar, sodass neue Brunnen in Planung sind.

Die leeren Wasserspeicher in tieferen Bodenschichten sind auch in der Forstwirtschaft Grund zur Sorge. Zum Wasserstress kommt die Bedrohung durch den Borkenkäfer. „So eine Situation haben wir noch nicht erlebt“, sagt Christoph Böltz, Forstamtsleiter in Nettersheim.

Es fehlt an Mitarbeitern und Gerät

Eine voll versorgte Fichte könne einem Borkenkäferangriff trotzen, indem sie Harz ausschüttet. „Bei schlechter Wasserversorgung schafft der Baum das nicht“, erklärt Böltz. Der Wald sei im „Stress“, so Böltz, die schlechte Wasserversorgung habe ihm stark zugesetzt, Blattverlust und Baumsterben waren die Folge. Das Fällen kranker Bäume oder die Behandlung mit Insektiziden brächten kaum etwas.

Auch fehle es an Mitarbeitern und Gerät. Überlegungen wie das Anpflanzen von resistenteren Esskastanien, die am Mittelmeer heimisch sind, seien auch nur ein Tappen im Dunkeln. „Der Wald reagiert langsam“, sagt Böltz. Bis eine Lösung gefunden ist, könne es schon zu spät sein. „Wir können nur hoffen, dass die Bäume Widerstand leisten, denn wir können nichts tun“, so das Resümee des Forstwirts.

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