Frauenhaus EuskirchenMonika Geusen-Trösser verabschiedet sich nach 29 Jahren

Lesezeit 4 Minuten
Mit 63 Jahren geht Monika Geusen-Trösser nach fast drei Jahrzehnten, in denen sie in der Frauenberatung tätig war, nun in den Ruhestand.

Mit 63 Jahren geht Monika Geusen-Trösser nach fast drei Jahrzehnten, in denen sie in der Frauenberatung tätig war, nun in den Ruhestand.

Euskirchen – Zum 1. Oktober 1991 stellt der Verein „Frauenhaus Euskirchen“, aus dem später „Frauen helfen Frauen“ hervorgeht, seine ersten beiden Mitarbeiterinnen ein. Sie teilen sich eine ABM-Stelle und bilden das erste Beratungsteam für Frauen im Kreis Euskirchen, die Hilfe und Unterstützung bei Problemen unterschiedlichster Art suchen.

Exakt 29 Jahre danach verabschiedet sich Monika Geusen-Trösser in den Ruhestand. Als „Mitarbeiterin der ersten Stunde“ hat sie sowohl die Frauenberatungsstelle als auch die Vereinsarbeit bei „Frauen helfen Frauen“ mitaufbauen und die frauenspezifische Netzwerkarbeit im Kreis tatkräftig mitgestalten können.

Vom Hinterhof in die Gerberstraße

„Anfangs boten wir die Beratung in einem Haus im Hinterhof der Wilhelmstraße, dritter Stock, an“, erinnert sich Monika Geusen-Trösser. „Das war kein toller Ort für Frauen, die Gewalt erfahren hatten.“ Der Verein beschließt, präsenter zu werden, zieht schließlich mit der Beratungsstelle um zur Hochstraße, von da in die Berliner Straße und schließlich in Räume an der Gerberstraße.

Früher habe sie sich oft rechtfertigen müssen. Die Notwendigkeit der Frauenberatung oder eines Frauenhauses seien häufig in Zweifel gezogen worden. Der Wind, der den engagierten Frauen um die Ohren blies und der die Existenz häuslicher oder sexualisierter Gewalt im Kreis Euskirchen als Ausnahmephänomen abtat, wurde mit den Jahren kontinuierlich schwächer.

„Heutzutage ist die Arbeit, die in den Einrichtungen von ’Frauen helfen Frauen’ geleistet wird, voll anerkannt und etabliert“, sagt die Sozialarbeiterin, die gerade 63 Jahre alt geworden ist. Auch die permanente Unsicherheit, ob die Einrichtungen weiterhin die nötigen Zuschüsse von Land und Kreis bekommen, sind passé. In diesem Jahr sei die Finanzierung einer halben Stelle für Verwaltungstätigkeiten genehmigt worden. „Womit wir uns noch weiter professionalisieren.“

Schicksale, die im Gedächtnis bleiben

„Ich habe gelernt, dass ich die Frauen, die zu uns kommen, nicht retten kann“, so Geusen-Trösser. Viele seien trotz massivster Übergriffe zurück in die gewaltbelastete Beziehung, was sie als junge Frau gelegentlich frustriert habe. „Man kann in einer solchen Beratungsstelle nur Angebote machen, einen sicheren Ort bieten und die Frauen an die Hand nehmen. Die Entscheidungen fällen, die Schritte gehen – das müssen sie ganz alleine.“

Die Beratung bei Trennung und häuslicher Gewalt prägten den Arbeitsalltag von Monika Geusen-Trösser. Die Schicksale, mit denen die Sozialarbeiterin dabei konfrontiert wurde, blieben zum Teil im Gedächtnis. „Manchmal denke ich an bestimmte Frauen und frage mich, was sie wohl machen, ob sie noch leben.“ Es sei ihr auch schon passiert, dass sie zufällig ehemalige Klientinnen in der Öffentlichkeit getroffen habe und sehen konnte, wie schlecht es ihnen gehe. „Das tut dann schon weh“, gesteht die 63-Jährige.

Ausgleich verschaffte sich Monika Geusen-Trösser innerhalb des Teams mit „unterschiedlichsten Finanzsachen, Antragstellungen, Verwendungsnachweisen oder Verhandlungen mit dem Kreis“. Sich mit Zahlen und Formularen zu befassen, sei pragmatisch gewesen und manchmal eine angenehme Abwechslung. In ihrer Freizeit allerdings sei Yoga seit 20 Jahren das Mittel der Wahl, um abzuschalten und Seelenhygiene zu betreiben. „Davon habe ich einiges mit in die Arbeit genommen – den achtsamen Umgang mit anderen und sich selber zum Beispiel.“

Ein Abschied mit Vorfreude

Leider sei auch fast 30 Jahre nach ihrem Einstieg in die Frauenberatungsstelle die Arbeit kein bisschen weniger nötig geworden. Gewalt an Frauen sei immer noch an der Tagesordnung. „Das 2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz war ein Höhepunkt in meiner beruflichen Tätigkeit, aber es reicht bei Weitem nicht aus“, resümiert die Sozialarbeiterin. So bemängelt Geusen-Trösser beispielsweise, dass der Schutz von Frauen und Kindern in der Praxis dem Umgangsrecht gewalttätiger Väter immer wieder untergeordnet werde.

Monika Geusen-Trösser hat ihren Übergang in die Rente geschickt eingefädelt: Seit 2019 hat sie sukzessive Stunden reduziert. Der Übergang ist für alle Seiten fließend. Die Kolleginnen aus der Beratungsstelle werden die Frau der ersten Stunde vermissen, vor allem ihre grundpositive Lebenseinstellung, ihre Neugier, ihren Pack-An sowie ihre Inspiration, wie es seitens der Kolleginnen heißt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sie selbst verabschiedet sich mit Vorfreude auf das, was sie in Zukunft erwartet: eine Enkelin in Frankreich, ein Mann, mit dem sie reisen will, ein geliebter 94-jähriger Vater, ein großer Garten und sehr viele gute Bücher.

KStA abonnieren