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GrossbaustelleErftmühlenbach trockengelegt

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Das Wasser des Mühlenbachs wird für die Dauer der Arbeiten durch eine Rohrleitung geführt.

Das Wasser des Mühlenbachs wird für die Dauer der Arbeiten durch eine Rohrleitung geführt.

Euskirchen-Kleinbüllesheim  – Im wahrsten Sinne des Wortes mit Hochdruck arbeitet der Erftverband in Kleinbüllesheim an der Verbesserung des Hochwasserschutzes. Im Ortskern wird die Gewässersohle des Mühlengrabens eingetieft, wie es im Fachjargon heißt. Gleichzeitig lässt der Verband das Bachbett verbreitern. Auf diese Weise wird die Abflusskapazität des Mühlengrabens verbessert. Nach starken Niederschlägen kann er künftig größere Wassermengen als bisher aufnehmen.

Die Arbeiten im Abschnitt zwischen Paulstraße und Kleinbüllesheimer Straße führt die Losheimer Baufirma Gebrüder Balter aus. Sie hat in der vergangenen Woche mit dem Einbau von Spundwänden begonnen. Sie bestehen aus bis zu 5,10 Meter lange Stahlbohlen, die ein Spezialfahrzeug mit einer Kombination aus Vibration und Pressdruck ins Erdreich treibt. Zuvor platzierte Bohrlöcher erleichtern der imposanten Maschine die Arbeit.

35 Prozent mehr Leistung

Die Spundwände entstehen an beiden Uferseiten. Sie werden später mit Beton verblendet und mit einem Geländer versehen. Das Bachbett wird dank der neuen Einfassung gut einen halben Meter breiter sein als vorher. Weil zudem die Gewässersohle tiefergelegt und das Gefälle erhöht wird, erhöht sich die Leistungsfähigkeit des Mühlengrabens alles in allem um 35 Prozent.

Diese Zahl nannten jetzt Volker Gimmler und Christian Bohm vom Erftverband. Die Arbeiten werden voraussichtlich bis zum Jahresende dauern; die aktuelle Kostenschätzung beläuft sich auf 400.000 Euro. 60 Prozent davon zahlt das Land Nordrhein-Westfalen aus Fördermitteln.

Die Arbeiten sind Bestandteil eines dreistufigen Ausbaukonzepts. In den Jahren 2009 und 2010 hatte der Erftverband bereits die Bachsohle jenseits der Kleinbüllesheimer Straße eingetieft, den Querschnitt vergrößert und das Gefälle erhöht, und zwar auf einem 185 Meter langen Stück. Außerdem entstand zwischen Kuchenheim und Euskirchen ein drei Kilometer langer Verbindungssammler. Dieser Mischwasserkanal transportiert das häusliche Abwasser und den Niederschlag, der in Kuchenheim und Weidesheim anfällt, zum Klärwerk Kessenich. So wird der Mühlenbach entlastet.

Der Abschnitt, der jetzt ertüchtigt wird, ist rund 40 Meter lang. Am rechten Ufer verläuft die Peterstraße, auf der gegenüberliegenden Seite steht die Pfarrkirche St. Peter und Paul. Weil sie denkmalgeschützt ist, waren im Vorfeld umfassende Abstimmungsgespräche mit den Denkmalbehörden notwendig. Der Erftverband erwarb auch einen Streifen Kirchenland. Auf dem Terrain zwischen Mühlengraben und Kirche mussten wegen der Bachbettverbreiterung zudem rund ein halbes Dutzend Bäume weichen. „Sie werden durch Neupflanzungen ersetzt“, sagte Volker Gimmler, der mit für die Planung verantwortlich zeichnete.

Sein Kollege Christian Bohm betreut die Ausführung vor Ort. Der Diplom-Ingenieur berichtete von einer Überraschung, die an der Sohle der alten Ufermauern zutage trat: „Dort gab es kein Fundament. Wo wir Steine erwartet hatten, rieselte Erde.“ Um in der Tiefe arbeiten zu können, hat der Erftverband den Mühlengraben trockengelegt. Zwischen Paulstraße und Kleinbüllesheimer Straße läuft das Wasser für die Dauer der Arbeiten durch ein mächtiges Rohr.

Fische vorher gerettet

Zuvor war besagter Abschnitt abgefischt worden. „Man erzeugt ein Stromfeld, das die Fische vorübergehend betäubt, so dass man sie einsammeln und in einen anderen Teil des Baches umsetzen kann“, erläuterte Diplom-Ingenieur Bohm das Verfahren, das Elektrobefischung genannt wird. Nicht nur die Natur, auch die von der Baumaßnahme betroffenen Menschen kommen zu ihrem Recht, wie Wilfried Claesgens ergänzte. Er ist Geschäftsführer der Schleidener Ingenieurgesellschaft Gotthardt und Knipper, die für Planung, Statik und Bauüberwachung verantwortlich zeichnet. „In den Wohnhäusern an der Peterstraße und in der Kirche sind hochsensible Schwingungsmessgeräte installiert worden“, sagte Claesgens. „Sie würden einen Alarm auslösen, wenn die Vibration, die beim Einbau der Spundwände entsteht, zu stark würde. So können wir Gebäudeschäden verhindern.“

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