Höhere Tierarzt-KostenDiskussionen über neue Notdienstpauschale

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Tierärztin Elfi Kannengießer (l.) und Tierarzthelferin Madita Schuberth versorgen eine Verletzung an Emils Pfote.

Tierärztin Elfi Kannengießer (l.) und Tierarzthelferin Madita Schuberth versorgen eine Verletzung an Emils Pfote.

  • Der tierärztliche Notdienst soll Tierhaltern bald an Wochenenden und Feiertagen eine Pauschale von insgesamt 59,50 Euro abverlangen.
  • Die Umsetzung dieser Verordnung lässt aber noch auf sich warten.
  • Denn im Bundesrat wurden Änderungen angemahnt.

Kreis Euskirchen – Das neue Jahr hat auch eine einschneidende Veränderung für Tierhalter gebracht – ganz gleich, ob sie einen Hund oder eine Katze haben, oder gar einen Viehbestand von mehreren Hundert Großtieren. Wer an Wochenenden oder Feiertagen den tierärztlichen Notdienst in Anspruch nehmen muss, der soll künftig erst einmal eine Notdienstpauschale von 50 Euro plus Mehrwertsteuer, also insgesamt 59,50 Euro, bezahlen. Dazu kommen noch die erhöhten Gebührensätze der Tierarztpraxen an Wochenende.

Allerdings lässt die Umsetzung der viel diskutierten Verordnung noch auf sich warten, denn im Bundesrat wurden Änderungen angemahnt, die nun vom Bundeskabinett noch einmal beraten und beschlossen werden müssen, so ein Sprecher der Tierärztekammer Nordrhein. Die Einführung der Notdienstpauschale ist erst dann rechtskräftig, wenn sie vom Gesetzgeber beschlossen und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist. Das sei aber noch nicht der Fall, hat die Tierärztekammer Nordrhein die Tierarztpraxen auch im Kreis Euskirchen informiert.

Klinikstatus aufgegeben

Bei den Tierärzten wird die vom Gesetzgeber und der Bundestierärztekammer ausgehandelte Notdienstpauschale durchaus positiv gesehen. Bert Hülsmann, Kleintierarzt in Mechernich, weist darauf hin, dass der Notdienst in Tierarztpraxen ein extremes Zuschussgeschäft für die Praxis- oder Klinikinhaber sei. „Als Tierarzt im Notdienst muss man für schwierige Operationen immer einen zweiten Kollegen oder eine Kollegin in Bereitschaft halten, dazu eine Praxis- oder OP-Helferin, ganz gleich, ob man weiß, dass man im Notdienst gebraucht wird oder nicht“, so Hülsmann.

Hilfsfonds für bedürftige Tierhalter vorgeschlagen

Für viele Rentner, deren Hund oder Katze sich am Wochenende verletzt haben oder urplötzlich erkrankt sei, sei die Notdienstpauschale, die demnächst eingeführt werde, nicht bezahlbar, mahnt Reiner Bauer, Vorsitzender des Tierschutzvereins Mechernich: „Welch armer Rentner, der sein Tier liebt, kann sich das noch leisten?“

Etliche Tiere würden leiden müssen, weil der Besitzer lieber bis zu den normalen Öffnungszeiten der Tierarztpraxen warte, befürchtet der engagierte Tierschützer. In den vergangenen Jahren hätten sich jeden Monat fünf bis sechs Hilfesuchende ans Tierheim gewandt, weil sie sich außerstande sahen, Tierarztrechnungen zu begleichen. Das werde mit Einführung der Pauschale wohl deutlich zunehmen.

Bauer schlägt vor, im Kreis einen Hilfsfonds für bedürftige Kleintierhalter einzurichten, der aber „nicht von Tierschutzvereinen verwaltet werden sollte, sondern von einer unabhängigen Person, die über die Verwendung des Geldes im Bedarfsfall entscheiden soll“. So werde vermieden, dass zwischen den Tierschutzvereinen Streit entstünde.

Über das konkrete Vorgehen mit dem Fond müsse noch beraten werden, sagte Bauer. (bz)

Die vom Bundesrat verabschiedete Notdienstpauschale solle den Kliniken und Praxen ermöglichen, den Notdienst aufrechtzuerhalten oder wieder einzurichten, denn viele Tierkliniken könnten den Notdienst nicht mehr wirtschaftlich leisten und müssten deshalb sogar ihren Klinikstatus aufgeben, so Hülsmann. Im Übrigen richteten sich die Behandlungskosten nach der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) und der Ausstattung der Praxen.

Hermann-Josef Junker, Tierarzt in Hellenthal, verweist darauf, dass auch die Berufskollegen, die Nutztierbestände überwachen, an diese Vorschriften gebunden seien.

Es gebe aber die Möglichkeit für Landwirte, über Betreuungsverträge die regelmäßige Behandlung von ganzen Beständen finanziell zu regeln. „Das sind dann quasi Pauschalverträge“, so Junker, der auf die Behandlung von Großtieren spezialisiert ist.

Social Media überflutet

In Sozialen Netzwerken laufen derweil die Kommentarrubriken voll. So fragen Hundehalter, wie sich die Notdienstpauschale auf ihre Tierarztrechnung auswirkt, wenn sie eine Tierarztpraxis besuchen, die bislang schon normale Sprechstunden freitags zwischen 18 und 21 Uhr angeboten hat. Diese Praxen, so die geplante Verordnung, können auf die Erhebung der Notdienstpauschale für die Dauer der üblicherweise angebotenen Sprechzeiten verzichten.

Gesetzesweg

Die Notdienstpauschale darf zwischen 18 Uhr und 8 Uhr an Wochenenden (freitags ab 18 Uhr bis montags 8 Uhr) sowie an gesetzlichen Feiertagen berechnet werden.

Die Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung der Tierärzte tritt erst mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Das ist noch nicht geschehen. Daher gibt es aktuell noch keine Notdienstgebühr. (bz)

Die Notdienstpauschale kann aber auch eine regulierende Wirkung haben, denn mancher Tierhalter, so die Erfahrung von Tierärzten, nutze die Samstage, um seinen Hund oder seine Katze beim Tierarzt vorzustellen, obwohl das Tier nicht plötzlich erkrankt und gar ein Notfall sei, sondern lediglich, um eine Impfung vornehmen oder einen Pickel begutachten zu lassen. Das könne man auch an normalen Werktagen. Damit blockiere man den tierärztlichen Notdienst für die echten Notfälle.

Beratung am Telefon

Die Kaller Tierärztin Elfi Kannengießer nimmt t am Notdienst-System teil und kann die Argumentation der Kollegen verstehen. Wenn sie Notdienst habe, sei sie gehalten, binnen 20 Minuten in ihrer Praxis zu sein, um dort verletzte, vergiftete oder lebensbedrohlich erkrankte Tiere zu behandeln. Sie habe auch festgestellt, dass man zwei Drittel der sogenannten Notfall-Anrufe durch telefonische Beratung entschärfen könne.

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Wenn sie in Bereitschaft für den tierärztlichen Notdienst sei, helfe sie bei echten Notfällen sehr gerne. Nach einem Notdienstwochenende gehe für sie aber auch in der Folgewoche der normale Praxisbetrieb weiter. Und das sei dann schon anstrengend, wenn man als Notdienst am Wochenende für einfache Fälle in Anspruch genommen werde, die man eigentlich im regulären Dienst behandeln könne.

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