Prozess in AachenCannabis-Plantage war wohl nicht die erste in Kuchenheim

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Die Polizei rückte am 19. Oktober 2020 in Kuchenheim zu einem Großeinsatz an. Die Beschlagnahmung der Cannabis-Plantage und des Waffenarsenals erstreckte sich über fünf Tage.

Die Polizei rückte am 19. Oktober 2020 in Kuchenheim zu einem Großeinsatz an. Die Beschlagnahmung der Cannabis-Plantage und des Waffenarsenals erstreckte sich über fünf Tage.

Aachen/Kuchenheim – Die Cannabis-Plantage, die die Polizei am 19. Oktober 2020 auf dem ehemaligen Molkerei-Gelände in Kuchenheim aushob, war nicht die erste ihrer Art, die dort betrieben wurde. Davon geht jedenfalls die Staatsanwaltschaft aus. Dies wurde am Dienstag bekannt, als am Landgericht Aachen der Prozess gegen zwei Frauen und drei Männer fortgesetzt wurde, denen bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zur Last gelegt wird.

Ein weiterer Angeklagter, ein 51 Jahre alter Kölner, soll sich der Beihilfe schuldig gemacht haben. Ihm werden außerdem Verstöße gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen.

Halle mehrfach für Cannabis-Zucht vermietet

Der Kölner ist Eigentümer der Lagerhalle, in der besagte Plantage mit 2324 Cannabis-Pflanzen sowie 2024 Stecklingen untergebracht war. Laut Staatsanwaltschaft hatte er das Gebäude 2019 schon einmal an eine Gruppe vermietet, die dort Cannabis anbaute. Nach zwei Ernten hätten die Betreiber den Drogenanbau aber im Mai 2020 eingestellt, „weil sie mit dem Ertrag nicht zufrieden waren“, wie der Anklagevertreter am Dienstag sagte.

Schon im Juni habe der Eigentümer die Halle aber erneut vermietet – an einen 34 Jahre alten Niederzierer und einen 32-Jährigen aus Essen, die nun beide in Aachen angeklagt sind, sowie einen dritten Mann, den die Justizbehörden gesondert verfolgen.

Der Essener warb nach Darstellung des Staatsanwalts drei Komplizen an, die mit Aufzucht und Pflege der Cannabis-Pflanzen betraut wurden und auch bei der für den 22. Oktober geplanten Ernte helfen sollten. Aus diesem Termin wurde aber nichts: Drei Tage vorher machten Polizei und Staatsanwaltschaft mit ihrer Razzia den Betreibern einen Strich durch die Rechnung.

Drei Helfer vor Ort festgenommen

Die Ermittler waren, unterstützt durch das Technische Hilfswerk, fünf Tage im Einsatz, um die Pflanzen und ein ebenfalls entdecktes Waffenarsenal sicherzustellen und das Equipment der professionell ausgestatteten Plantage abzubauen.

Die drei Helfer – zwei Frauen (55 und 62 Jahre alt) und ein Mann (60) – wurden vor Ort vorläufig festgenommen. Am Tag darauf wanderten sie in Untersuchungshaft. Der Angeklagte aus Niederzier wurde im Rahmen einer zügig eingeleiteten internationalen Fahndung in Ungarn verhaftet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte er versucht, sich mit falschen Papieren abzusetzen.

Der 32-jährige Angeklagte aus Essen ging der Polizei am 26. November ins Netz. Seither sitzt er in einer anderen Sache in Strafhaft, wie der Vorsitzende Richter Thomas Küpper sagte.

Details zu den Angeklagten im Prozess

Den Vermieter der Lagerhalle hatte die Polizei gleich zweimal vorläufig festgenommen, am 21. und am 26. Oktober. Er musste ebenfalls in Untersuchungshaft, kam jedoch nach einem Verschonungsverschluss am 20. November auf freien Fuß.

Am Dienstag äußerte er sich, wie auch die meisten anderen Angeklagten, noch nicht zur Sache, machte aber Angaben zur Person. Er ist gelernter Einzelhandelskaufmann und verdient sein Geld in erster Linie damit, dass er Immobilien kauft und renoviert und anschließend vermietet. Außerdem verleiht er Requisiten für Film- und TV-Produktionen.

Drei der Angeklagten wohnen in den Niederlanden, stammen aber allesamt aus Vietnam, darunter die beiden Frauen. Die Jüngere sagte, sie sei mit 14 Jahren aus ihrer Heimat nach Singapur geflohen, als ihre Eltern im Zuge politischer Unruhen enteignet worden seien. In den Niederlanden machte sie eine Ausbildung als Sekretärin, später arbeitete sie in der Gaststätte ihres Mannes. 2016 kehrte sie nach Vietnam zurück, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Deren Tod habe ihr „den Boden unter den Füßen weggerissen“, übersetzte ein vom Gericht engagierter Dolmetscher.

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Während die 55-Jährige die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt, hat ihre Mitangeklagte nach wie vor einen vietnamesischen Pass. Sie ist gelernte Erzieherin, durfte diesen Beruf in ihrer Heimat aber nicht mehr ausüben, nachdem ihr Mann das Land 1980 verlassen hatte. „Seine Flucht wurde als Verrat angesehen.“ In den Niederlanden arbeitete sie zunächst in einer Computerfirma, später in einer Fleischfabrik.

Der Angeklagte aus Niederzier ist ebenfalls ein Flüchtling, wie er vor Gericht sagte. Er kam als Zweijähriger mit seiner Familie aus der Türkei nach Deutschland, wo er unter anderem im Autohandel seines Bruders arbeitete und ein Restaurant betrieb, was ihm nach seiner Schilderung allerdings Schulden in Höhe von rund 25 000 Euro einbrachte.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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