„Fassungslos und entsetzt“Streit über Wehrmacht-Denkmäler in Hellenthal geht weiter

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Eine Info-Tafel soll’s richten: Das Ehrenmal in Reifferscheid bleibt unverändert, aber künftig mit erläuternden Angaben.

Eine Info-Tafel soll’s richten: Das Ehrenmal in Reifferscheid bleibt unverändert, aber künftig mit erläuternden Angaben.

Hellenthal – Sein Wort hat Gewicht. Mit einer schriftlichen Stellungnahme, die er per E-Mail an die Ratsvertreter im Haupt- und Finanzausschusses gesandt hatte, bestimmte Karl Reger, der in dieser Legislaturperiode für Bündnis 90/Die Grünen als Sachkundiger Bürger im Rat tätig ist, die Diskussion über die Inschriften auf den Ehrenmalen. Eine Bürgerin aus dem Kreis Euskirchen hatte sich bei der Gemeinde über die Inschriften auf den Denkmälern in Reifferscheid und Oberreifferscheid offiziell beschwert und versucht, mit der Androhung Druck zu machen, sich an den Kreis- und den Landtag zu wenden und die überregionale Presse einzuschalten.

Trauer statt Dank?

„Unsern Dank“, so ist in Reifferscheid zu lesen, „Unseren Gefallenen und Vermissten zum ehrenden Gedenken“, so steht es in Oberreifferscheid auf dem Stein. „Wie kann es möglich sein, dass derartige Inschriften auf Kriegerdenkmalen immer noch zu lesen sind?“, schreibt die Beschwerdeführerin an die Gemeinde. Durch solche Denkmale werde suggeriert, dass der Krieg Anlass gebe, den Soldaten zu danken und ihnen Ehre zukommen zu lassen. „Nach wie vor bin ich darüber fassungslos und entsetzt“, heißt es im Schreiben. Ob es möglich sei, die Inschrift durch die Worte „In Trauer“ zu ersetzen, fragt die Verfasserin schließlich.

Gedenkstein verhüllt: Das Ehrenmal in Oberreifferscheid muss saniert werden, weil der Stein gerissen ist.

Gedenkstein verhüllt: Das Ehrenmal in Oberreifferscheid muss saniert werden, weil der Stein gerissen ist.

Unterstützt wurde ihre Ansicht von einer ausführlichen Stellungnahme des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der sich auf Bitten der Gemeinde Hellenthal mit den Inschriften befasste. Für eine Einordnung sei vor allem wichtig, wann das Denkmal für wen errichtet worden sei. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei das Bewusstsein für Kriegsverbrechen oder Opfer des Holocausts nicht ausgeprägt gewesen. „Mit dem heutigen Wissen ist eine historische Einordnung in Form einer Informationstafel und/oder eines ergänzenden Mahnmales, mit dem auch anderer Opfergruppen gedacht wird, geboten“, so die Einschätzung der Geschäftsstelle des Volksbunds.

Denkmal mit Sack verhüllt

Wenn das Ehrenmal in Oberreifferscheid zurzeit mit einem Sack verhüllt ist, dann hat das nichts mit der an die Gemeinde gerichteten Beschwerde zu tun. Der Stein sei gerissen gewesen und werde deshalb von der Dorfgemeinschaft restauriert, erklärte Ratsmitglied und Anwohner Willy Bauer auf Anfrage. Damit der Stein kein Wasser mehr ziehe, sei ein Dach darüber errichtet und zum Schutz bis zur Fertigstellung der Sanierungsarbeiten ein Sack über das Ehrenmal gezogen worden. (sev)

Karl Reger, als bewährtes Mitglied der Arbeitsgruppe „JuditH“ gänzlich unverdächtig jeglicher revisionistischer Geschichtsklitterung, lässt in seinem Schreiben kein gutes Haar an dieser Sichtweise. So würde dessen Überlegung, mit dem „Unser“ in der Inschrift auf dem Oberreifferscheider Findling sei die deutsche Bevölkerung gemeint, bestimmt nicht auf die Bewohner des kleinen Dorfes zutreffen, schreibt Reger. Vielmehr sei die Ausführung in den 1960er-Jahren innerhalb der Dorfgemeinschaft abgestimmt worden, die sich verpflichtet sah, an die Opfer der beiden Kriege zu erinnern. Das Ehrenmal in Reifferscheid, für dessen Entstehungszeit Reger die 1920er-Jahre annimmt, sei darüber hinaus ein Zeitzeugnis, das keinesfalls verändert werden sollte. „Niemand muss sich für das Monument entschuldigen“, mahnt Reger. Allerdings nennt er die Empfehlung, Informationstafeln aufzustellen, nützlich. Eine Änderung käme dagegen für ihn aus denkmalpflegerischen Gründen nicht infrage.

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Die Vertreter der Ratsfraktionen schlossen sich dieser Vorgabe an. „Die Denkmäler sind aus einer Zeit, als andere Worte gewählt wurden“ sagte Heinz-Bert Weimbs (SPD). Er könne die Beschwerde inhaltlich nachvollziehen, auch wenn er sie für übertrieben halte. Mit der Aufstellung von Informationstafeln erklärten sich auch die anderen Fraktionen einverstanden. Einstimmig verabschiedete der Ausschuss den Beschluss, die Inschriften nicht zu verändern.

Abschließend zeigte sich Bürgermeister Rudolf Westerburg verstimmt über die Drohung, mit der Thematik an die Presse zu gehen. „So ist keine sachliche Diskussion möglich“, sagte er.

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