In Hellenthal-GiescheidUnternehmer baut sich eine Burg

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Hoch über dem Preth-Tal entsteht in Giescheid dieses burgähnliche Bauwerk als Wohnhaus.

Hoch über dem Preth-Tal entsteht in Giescheid dieses burgähnliche Bauwerk als Wohnhaus.

Hellenthal-Giescheid – Die große Zeit des Burgenbaus erlebte die Nordeifel im Hochmittelalter, als die wehrhaften Bauten auf zahllosen Bergnasen errichtet wurden. Aber so ganz aus der Mode gekommen ist der Burgenbau noch nicht.

Aktuell entsteht beispielsweise so ein Bauwerk am Ortsrand von Giescheid, einem der höchsten Punkte der Eifel, hoch über dem Prethtal. Da erfüllt sich ein Privatmann seinen Aufsehen erregenden architektonischen Traum mit vier Ecktürmen samt Zinnen.

6000 Quadratmeter

Bauherr ist Dithmar Daude, Besitzer einer kleinen Firma in Nörvenich im Kreis Düren mit 28 Mitarbeitern im Elektronikbereich. Der 53-Jährige Stoppelbart-Träger ist verheiratet und Vater dreier Kinder sowie Funkamateur.

Als er vor Jahren nach einem geeigneten Baugrundstück suchte, stand fest: Das Grundstück muss wegen des Amateurfunks frei liegen, im Idealfall also ziemlich hoch. Genau so ein Grundstück von 6000 Quadratmetern Größe fand er mit seiner Frau Martina dann in Giescheid.

Für das Ehepaar Daude stand fest, dass das neue Haus trotz der klimatisch exponierten Lage in 650 Metern Höhe annähernd ein Null-Energie-Haus sein sollte: Also eines, das ausschließlich von Sonnenenergie beheizt werden kann. Nach langem Rechnen war klar: Als Heißwasserspeicher braucht man bei einem Haus von 200 Quadratmetern Geschossfläche zwei sehr große Wasser-Tanks.

Um die Kessel zu verstecken, platzieren Daudes sie in zwei Türme. Zur optischen Abrundung kamen dann zwei weitere Ecktürme an die anderen Bauwerkskanten. Sie sollen die Treppenhäuser aufnehmen. Das waren wohl die Anfänge der gänzlich unkonventionellen Idee zum Burgenbau. Dithmar Daude: „Nur ein Wassergraben und die Krokodile fehlen.“

Wassertanks in Rundtürmen

Das außergewöhnliche Anwesen soll der Altersruhesitz der Unternehmerfamilie werden. Das Haupthaus, das im Rohbau bereits seine Konturen zeigt, hat eine Grundfläche von 200 Quadratmetern und zwei Etagen über dem Keller. Dazu kommt noch eine niedrigere Halle, zwischen Haus und Halle entsteht der Burghof, der nach außen durch eine „Burgmauer“ abschließt.

Die beiden Rundtürme beiderseits der Halle sollen die Wassertanks aufnehmen. Konkret beabsichtigt Daude, dort zwei Eisenbahn-Kesselwagen von einem Tankvolumen von je 30 000 Litern senkrecht hinein zu stellen. Das Wasser soll durch Vakuum-Kollektoren auf dem Dach des Bauwerks so erhitzt werden, dass es in normalen Jahren ausreicht, um die Fußbodenheizung überall im Haus zu speisen. Dazu sind nur geringe Wassertemperaturen bis 30 Grad erforderlich. Wenn das nicht reicht, soll in strengen Wintern eine Luft-Wärmepumpe zugeschaltet werden.

Gasbetonsteine

Zwar lässt der Rohbau des Haupthauses bereits die Burgkontur erkennen, aber noch wirkt der annähernd weiße Stein befremdlich für eine Eifeler Burg. Daude ist nämlich „Selber-Bauer“, der immer nur in seiner Freizeit Stein auf Stein setzen kann.

Und weil er nicht Mauern kann, verwendet er Gasbetonsteine, die auch Laien leicht setzen können, da sie nur auf die Unterlage geklebt werden. Weil aber eine Burg aus Gasbeton partout irritierend wirkt, machte sich Daude auf den Weg nach Ostbelgien, um da den typischen rötlich-braunen Naturstein zu suchen, aus dem hierzulande die Burgen typischerweise gebaut wurden. Er wurde fündig und beauftragte zugleich Naturstein-Maurer – eine gemeinhin vom Aussterben bedrohte Berufssparte – mit der Außenverkleidung in Bruchstein. Im Herbst sollen diese Arbeiten beginnen.

Daude richtete sich die Baustelle so ein, dass er in der Regel ganz eigenständig und allein an seiner Burg arbeiten kann. Theoretisch hätte er sich beispielsweise für den Bau der Rundtürme ein aufwendiges Gerüst außen herum stellen können, das mit der Zeit immer höher über die drei Etagen einschließlich Keller hätte reichen müssen.

Alternativ verdübelte der Bauherr ein Stahlrohr senkrecht mitten im Turm und baute darum herum eine an einem Kettenzug hängende Arbeitsplattform. Er setzte jeweils drei Steine aufeinander, dann zog er selbst über den Kettenzug die Arbeitsplattform um drei Steine höher. So ließ es sich bequem bis oben mauern. Seit vier Jahren hat der Bauherr nun an seinem Traum gebaut.

Daude geht davon aus, dass der Bau in zwei Jahren fertig gestellt sein wird, in drei Jahren ist der Umzug in die neue Burg vorgesehen.

Von der Dachterrasse aus wird er dann einen der spektakulärsten Ausblicke über die Eifel genießen können. Bei klarem Wetter reicht die Sicht über die ganze Nordeifel bis zum Kraftwerk Weisweiler und östlich bis zur Hohen Acht: Wahrlich ein ungewöhnlicher Wohnsitz.

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