Hüter des StadtarchivsHarald Bongart ist Bad Münstereifels wandelndes Lexikon

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Das Bad Münstereifeler Stadtarchiv ist ein Ort, der Papier und Pergament beherbergt – und voller Geschichte(n) steckt. Archivar Harald Bongart registriert, dass immer häufiger auch Ahnenforscher die gesammelten Werke nutzen.

Das Bad Münstereifeler Stadtarchiv ist ein Ort, der Papier und Pergament beherbergt – und voller Geschichte(n) steckt. Archivar Harald Bongart registriert, dass immer häufiger auch Ahnenforscher die gesammelten Werke nutzen.

Bad Münstereifel – Harald Bongart ist der Hüter der besonderen Schätze, die im Bad Münstereifeler Stadtarchiv schlummern. Es ist ein Ort, der Papier und Pergament beherbergt – und voller Geschichte(n) steckt. Die prall gefüllten Regale und Register zogen schon viele Historiker, Studenten und geschichtsaffine Menschen in den weiß getünchten Gewölbekeller des Rathauses. Immer häufiger nutzen auch Ahnenforscher die gesammelten Werke, um sich auf Spurensuche nach ihren Vorfahren zu begeben.

„Solche Anfragen nehmen zu“, weiß der Archivar und verrät auch warum. Denn früher durften nur die Nachfahren in direkter Linie – also Sohn, Tochter oder Enkel – personenbezogene Daten erfahren. Das hat sich 2009 durch eine Gesetzesnovelle geändert. So knüpften heute Menschen aus USA, Israel und Russland Kontakt in die Kurstadt, um mehr über die Wurzeln der Familie zu erfahren.

Dann wird nach dem Münstereifeler Personenstandsregister gegriffen und fleißig geblättert. Seit 1798 sind darin Geburten, Hochzeiten und Sterbefälle der einst ansässigen Familien erfasst. Diese Eckdaten bilden das Gerüst familiengeschichtlicher Forschung. Wo soll man nur beginnen, wird sich schon so mancher gefragt haben. Zum Glück gibt es Bongart.

Geschichte, Germanistik und historische Hilfswissenschaften hat der Bad Münstereifeler studiert. „Letzteres fand ich immer ganz besonders spannend, weil man da Sachen lernt, die man braucht, wenn man später mit Urkunden und Quellen arbeiten will.“ Zuweilen müssen auch alte und unbekannte Schriften entziffert werden. Der älteste überlieferte Text im Archiv stamme von 1339.

Schulchroniken, Ratsprotokolle und Aktenstücke

Jüngster „Neuzugang“ sei die Chronik der Effelsberger Volksschule. Wer im Archiv sucht, findet dort ebenso die Protokolle von Ratssitzungen, zahllose Aktenstücke seit der Stadtgründung, 200 Urkunden, 5000 Fotos und eben die Tausenden Karteikarten des Melderegisters.

Für Bongart steht aber fest: Die „Rosinen“ unter den Archivalien sind die Stadtrechnungen. Aus den scheinbar schnöden Steuerdokumenten lasse sich vieles ablesen: „Damit erfahren wir zum Beispiel alles über den Anbau des Rathauses und dass das Rathaus auch mal einen Turm und eine eigene Uhr hatte.“

Mit den Funden tun sich tragische wie glückliche Fälle auf. Unerwartet wurde Bongart sogar bei der Recherche in der eigenen Familienchronik fündig. Obwohl er selbst Historiker ist, hatte er lange seine eigenen Ahnen ruhen lassen. Was soll es bei den Ackersleuten schon Interessantes zu berichten geben, dachte er. Doch weit gefehlt. Er stieß auf den Mutscheider Bergarbeiter Johann Josef Schreiner, der bei einem Arbeitsunfall in den 1850er-Jahren starb – jedoch nicht in heimatlichen Gefilden, sondern in der Rescheider „Grube Wohlfahrt“. „Ich bekam somit einen unheimlich interessanten Einblick in die Geschichte des Bleierz-Bergbaus in der Mutscheid“, erinnert sich Bongart. Er konnte den Bogen von den Anfängen bis zum Erliegen des Wirtschaftszweigs spannen.

Auf der Suche nach neuen Erkenntnissen fügt er immer mehr Puzzlestücke zusammen. Wie bei der Geschichte von Johann Müller, dem berüchtigten Räuber aus Schönau. Mittlerweile konnte der Stadthistoriker sogar Tatorte im 18. Jahrhundert des Eifel-Schurken ermitteln und verifizieren.

„Wichtig ist, die Dokumente so abzulegen, dass man sie auch wiederfindet, wenn man sie dann braucht“, sagt Regionalhistoriker Bongart. Dem Bad Münstereifeler Archivar ist jedenfalls nichts zu viel, um die historischen Schätze für die Nachwelt zu erhalten. Vielleicht wollen die zukünftigen Generationen ja auch mal in der Zukunft nach uns und unserer Gegenwart forschen.

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