Gegen Sufis in der EifelVager Verdacht führte zur Gewalt

Lesezeit 3 Minuten
Sötenich vor zehn Jahren: Fenster und Türen der Osmanischen Herberge brachen Antiterror-Spezialisten der Polizei auf.

Sötenich vor zehn Jahren: Fenster und Türen der Osmanischen Herberge brachen Antiterror-Spezialisten der Polizei auf.

Kall-Sötenich/Schleiden – Die Sufis gelten als die friedfertigsten Muslime überhaupt. In Deutschland betreiben sie die ehemalige Gaststätte Hamelmann als Begegnungszentrum der Kulturen und Religionen.

Weltbekannte Sufi-Musiker traten dort bereits auf. In diesen Frieden brach vor zehn Jahren, morgens um 9 Uhr am 27. Juni 2003, die Polizei mit Antiterror-Spezialisten und brachialer Gewalt zur Durchsuchung ein.

Türen eingetreten

Die in schwarze Gesichtsmasken und Kampfanzüge gekleideten und schwer bewaffneten Spezialisten brachen gewaltsam die Eingangstür zur Osmanischen Herberge auf sowie ein Fenster, das von der Straße her in den Festsaal der religiösen Gemeinschaft führt. Alle Türen zu den Räumen des Restaurants und zu den Hotelzimmern wurden eingetreten, obwohl der inzwischen herbeigeeilte Hausmeister anbot, sie mit dem Schlüssel zu öffnen. Nachdem das SEK das Gebäude gesichert hatte, rückten die Beamten des Staatsschutzes nach, um sämtliche Räume des Anwesens penibel zu durchsuchen.

Parallel liefen im Zusammenhang mit der Aktion Durchsuchungen in Schleiden-Oberhausen, Hellenthal-Hollerath und im nahen ostbelgischen Elsenborn an. Die maßgeblichen deutschen Köpfe des Sufi-Ordens, allen voran der Oberhausener Peter Hassan Dyck, wurden vorläufig festgenommen.

Am Flughafen verhaftet

Kein Geringerer als Generalbundesanwalt Kay Nehm hatte die spektakuläre Aktion in der Eifel veranlasst. Abends bestätigte seine Sprecherin Frauke Katrin Scheuten der Presse, dass sich die Aktion „gegen Personen richtete, die der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verdächtigt werden“.

Zugleich flimmerten die Bilder vom Einsatz der Spezialkräfte wegen Terror-Verdachts zur besten Sendezeit über die bundesrepublikanischen Mattscheiben. Die Sicherheitsbehörden hegten damals den Verdacht, dass ausgerechnet die Sufis Anschläge geplant hätten. Die Durchsuchungen sollten Beweise sichern und mögliche Straftaten im Vorfeld verhindern.

Auch die in Schleiden-Oberhausen liegende Privatwohnung des Leiters der Osmanischen Herberge, Peter Hassan Dyck, sowie zwei andere Objekte wurden durchsucht, zwei Bewohner wurden ebenso festgenommen wie mehrere Flugreisende, die auf dem Flughafen Düsseldorf nach einem Zypern-Urlaub landeten.

Erklärung blieb aus

Beteiligt waren dabei diverse Sicherheitsbehörden: Staatsschutz in Bonn, Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und Spezialeinheiten der Polizei. Unter anderem hatte das BKA einen Sprengstoffhund mit in die Eifel gebracht. Die äußere Absicherung übernahm eine Bonner Hundertschaft. Die Nachbarn schauten meist ratlos dem befremdlichen Treiben zu, manche meinten auch sehr voreilig, sie hätten es ja schon immer gewusst... Aber wenig später waren alle Festgenommenen wieder auf freiem Fuß, von den Verdachtsmomenten war nichts als heiße Luft geblieben. Peter Hassan Dyck machte sich zum Sprecher der Opfer dieser Staatsaktion, er forderte den Generalbundesanwalt zu einer offiziellen Entschuldigung auf. Eine Erklärung für das Vorgehen, das die Sufis offenbar zu Unrecht an den Pranger stellte, blieb aus.

Verwirrter gab Hinweise

Zeitsprung. Einige Tage später in Schleiden beim Fest „Ochs am Spieß“ in der Innenstadt. Da sprach ein Mann den Autor dieser Zeilen an. Er hatte das unwiderstehliche Bedürfnis zu erzählen. Er erzählte, er sei der Auslöser der Staatsaktion gewesen.

Er habe im Zustand psychischer Verwirrung den Sicherheitsbehörden eine Geschichte erzählt, wonach maßgebliche deutsche Sufis einen unmittelbar bevorstehenden Bombenanschlag gegen den Flughafen Düsseldorf planten.

Den Ermittlern waren die psychischen Probleme des Informanten bekannt. Aber ohne Nachschau konnten sie nicht entscheiden, ob die Erzählungen einen realen Kern hatten oder nicht. Nachher waren natürlich alle schlauer.

In der Eifel gab es in den Folgejahren sehr viele Sympathiebeweise für die Osmanische Herberge und ihre Leute seitens der Bevölkerung, von den Kirchen, den Schulen, den Grünen, vom Flüchtlingsrat Euskirchen und vielen anderen.

KStA abonnieren