Kreis-SPD informiert in NettersheimGehört der Wolf in die Eifel oder nicht?

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Nach der Ausweisung des Wolfsgebiets wird in der Region kontrovers über den Umgang mit dem Tier diskutiert, wenn es denn in der Eifel heimisch wird.

Nach der Ausweisung des Wolfsgebiets wird in der Region kontrovers über den Umgang mit dem Tier diskutiert, wenn es denn in der Eifel heimisch wird.

  • Die Eifel ist offiziell Wolfsgebiet. Naturschützer freut das.
  • Viele Bürger sind jedoch besorgt und informierten sich bei einer Veranstaltung der Kreis-SPD.
  • Alle wichtigsten Erkenntnisse im Überblick.

Kreis Euskirchen – Wohl kaum ein Lebewesen polarisiert derart wie der Wolf. Da machte die Informationsveranstaltung, die die Kreis-SPD am Donnerstagabend in Nettersheim angeboten hatte, keine Ausnahme. Bereits im Vorfeld habe es zahlreiche Reaktionen gegeben, berichtete Markus Ramers, SPD-Kreisvorsitzender: „Ich habe noch nie erlebt, dass eine Ankündigung so emotional behandelt wurde.“

Rund 90 Besucher begrüßte er im Naturzentrum. Als Referenten hatte die Kreis-SPD sich den umweltpolitischen Sprecher ihrer Landtagsfraktion, André Stinka, Wolfsberater Frank Bohlem und Dr. Gudrun Maxam vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) eingeladen. Für die Tierhalter sprach Dr. Franz Weyermann vom Rheinischen Landwirtschaftsverband RLV. Dabei hatten diese kaum einen Interessenvertreter nötig, denn sie stellten einen großen und aktiven Teil des Publikums.

Viele Zuhörer zitierten Berichte über schlechte Erfahrungen in Wolfsgebieten im Osten Deutschlands. Immer wieder war die Forderung zu hören, dass der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden müsse. Der Äußerung Maxams, dass der Wolf in die Eifel gehöre, widersprach ein Zuhörer: „Wir sind jahrelang ohne Wölfe gut ausgekommen.“ Mahnende Worte waren von den Naturschützern zu hören: „Man kann den Wolf nicht für alles verantwortlich machen.“

Gebiete

Drei Wolfsgebiete sind bislang in NRW ausgewiesen. Das Gebiet Eifel-Hohes Venn wurde am 3. Juli eingerichtet und umfasst im Kreis Euskirchen die Gemeinde Hellenthal und die Stadt Schleiden sowie Monschau, Roetgen und Simmerath in der Städteregion Aachen. Dazu kommt eine Pufferzone, die auch Mechernich Blankenheim, Dahlem, Kall und Nettersheim einschließt. Weitere Wolfsgebiete sind am Truppenübungsplatz Senne und am Niederrhein in Schermbeck.

Der Wolf GW926m, der nach Rissen im Raum Mützenich im April und Mai durch Genanalysen identifiziert werden konnte, ist seitdem nicht erneut nachgewiesen worden. Weitere Genanalysen sind in Arbeit, etwa nach einem Fall in der Stadt Heimbach, wo am 14. Juli ein Schaf tot und eins verletzt aufgefunden wurden. Fünf Schafe sind dort verschwunden . (sev)

Herdenschutz

„Prävention wirkt.“ So verwies Maxam auf die Maßnahmen, die im Rahmen des Herdenschutzes gefördert werden. Dies bewiesen die in Sachsen gemachten Erfahrungen. Besitzer von Ziegen, Schafen und Gehegewild im Wolfsgebiet können das Material für den Bau von Zäunen zu 100 Prozent vom Land fördern lassen. Schutznetze für Wanderschäfer sind ebenfalls verfügbar. Im Kerngebiet ist auch die Anschaffung von Herdenschutzhunden förderfähig. Auch für Besitzer anderer Tierrassen ist eine Förderung möglich, wenn der Bedarf nachgewiesen ist. Dazu werden die Kosten von Rissen bei allen Nutz- und Haustieren erstattet. Dafür ist der Nachweis erforderlich, dass ein Wolf der Urheber ist. Vor allem die DNA-Analyse gilt dafür als Beweis. Die Proben dafür werden von Wolfsberatern genommen, die das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) ausgebildet und eingesetzt hat.

Ein Schafhalter widersprach Maxam. Erfahrungen von Kollegen aus Sachsen zeigten: „Da sind teilweise 20 Herdenschutzhunde notwendig. Und die fressen Ihnen die Haare vom Kopf.“ Risse gebe es trotz Schutzmaßnahmen und Zäunen.

Tierhalter

„Wenn der Wolf kommt, dann geben wir die Tierhaltung auf.“ So äußerten sich gleich mehrere Wanderschäfer und Rinderzüchter im Publikum. Teils sehr emotional berichteten sie von Problemen, die sie in der Praxis mit den Präventionsmaßnahmen haben. „Wir brauchen 150 Netze, wer soll die denn schleppen?“, fragte ein Schäfer, der nach eigener Aussage rund 1000 Tiere in sieben Herden zur Landschaftspflege einsetzt. Die Ansiedlung des Wolfs bezeichnete er als ausgemachte Sache zwischen Jägern und Naturschützern.

Weyermann bemängelte, dass die Kosten für den Bau der Zäune vom Tierhalter getragen werden müssen. Ebenfalls nichts erstattet werde, wenn Probleme durch gestörtes Herdenverhalten auftreten oder eine seelische Belastung, wenn Tierhalter halbtote Tiere mit aufgerissenen Leibern fänden, führte er drastisch aus: „Das ist eine Zumutung für Tierhalter.“ Gerade den Schafhaltern müsse geholfen werden, die kämen kaum auf den Mindestlohn.

Landschaftspflege

Seltene Einmütigkeit zwischen RLV und Nabu herrschte, als es um die Bedeutung der Wanderschäfer für die Landschaftspflege ging. Ebenso unterstützten sie sich in der Forderung, die Flächen-Förderung durch die EU um eine Förderung der Tierhalter zu ergänzen. Unerwähnt blieb in der Veranstaltung, dass diese mit dem „Bundesprogramm Wolf“ für Wanderschäfer besteht. 1,05 Million Euro stehen zur Verfügung, um Wanderschäfer mit nur wenig förderungswürdiger Fläche beim Herdenschutz zu unterstützen. 36 Euro je Schaf können bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bis zum 31. August beantragt werden.

Politik

„Die Situation ist neu“, wehrte sich Stinka. Den Politikern war vorgeworfen worden, das Problem kleinzureden. Es gebe intensive Beratungen mit vielen Beteiligten, auch mit dem Chef des Schäferverbands. „Keine Regierung wird den Wolf ins Jagdrecht übertragen“, sagte er und warnte vor schnellen Lösungen.

Schutzstatus

Irritationen gab es über den Schutzstatus des Wolfs. Keiner könne etwas daran ändern, dass der Wolf geschützt ist, so Weyermann. Allerdings, so Maxam, könnten etwa in Italien und Spanien, wo der Erhaltungszustand der Art gesichert sei, auch Abschüsse genehmigt werden. Slowenien habe die Wolfsjagd bei seinem Eu-Eintritt eingestellt.

Für einen Blick über die Grenzen plädierte Weyermann. So werde in Frankreich, wo der Wolf einen ähnlichen Schutzstatus hat wie in Deutschland, jährlich ein Abschuss von etwa zehn Prozent der adulten Wölfe genehmigt. Auch monierte er die Zählweise der Tiere, die an Grenzen haltmache. „Wir betreiben Kleinstaaterei“, sagte mit Blick auf Wölfe, die Staatsgrenzen überqueren. „Wann ist ein Wolf deutsch, wann ist er belgisch?“, das sei die Frage.

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Die Veranstaltung

Die SPD im Kreis Euskirchen richtete diese Informationsveranstaltung aus. „Wir hatten den Plan schon im Juni, noch bevor das Wolfsgebiet ausgewiesen wurde“, sagte Thilo Waasem, stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Kreistag. Man sei in der Partei der Meinung gewesen, dass es aufgrund der Verunsicherung durch die Wolfsrisse in der Region eine Infoveranstaltung geben sollte. „Wir haben keine offizielle Stelle gesehen, die es machte, also machen wir es“, erklärte er.

Auch wenn im Frühjahr mehrere Wolfrisse in der Region zu verzeichnen waren, fand eine große Informationsveranstaltung im Kreis Euskirchen im März 2018 in Vogelsang statt, als dort die Wanderausstellung des Nabu zum Thema Wolf gezeigt wurde.

„Wir haben die Organisation von Infoveranstaltungen an die Bezirksregierung Köln weitergegeben“, teilte Wilhelm Deitermann, Pressesprecher des Lanuv, mit. Vanessa Nolte, Sprecherin der Bezirksregierung: „Es ist eine Wolf-AG eingerichtet worden, bei der alle Beteiligten an einem Tisch sind.“ Erst nach der Installation der AG sollte es Infoveranstaltungen geben. Aufgrund von Terminproblemen sei es aber zu Verzögerungen gekommen.

Für den 29. September werde in Vogelsang eine Informationsveranstaltung organisiert. (sev)

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