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Krisensitzung wegen SturmgefahrSo geht es nach Zug-Absagen im Kreis Euskirchen weiter

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Die Zugleiter aus fünf Orten beratschlagten im Mechernicher Feuerwehrgerätehaus mit Vertretern der Feuerwehr, des Roten Kreuzes und der Stadt. Dann fiel die  Entscheidung. Die Sonntagszüge im Stadtgebiet  wurden aus Sicherheitsgründen abgesagt. 

Kreis Euskirchen – Bei vielen Jecken herrschte schon am Sonntag Stimmung wie am Aschermittwoch. Vielerorts fanden Krisensitzungen statt Jecken-Aufmärsche statt. Wochenlang hatten sich die Narren auf ihren Zoch gefreut, Kamelle und Geld gesammelt, Wagen gebaut und Kostüme geschneidert. Und dann das: D’r Zoch kütt – nicht.

Sturmgefahr! Aus den After-Zoch-Parties wurden Statt-Zoch-Parties. Doch selbst das war nicht überall möglich. Ein Überblick:

Mechernich

Beklommen war die Stimmung am Vormittag im Gruppenraum des Feuerwehrgerätehauses in Mechernich. Zu dem, was Ralf Eichen, Leiter des Löschzuges 5 der Stadt, mitteilte, lieferte der Sturm, der ums Gebäude wehte, den passenden Soundtrack.

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Angesichts der Wetterprognosen, die Sturmböen von mehr als 80 Stundenkilometern für den Nachmittag und den Abend vorhersagten, würden alle Karnevalszüge an diesem Sonntag im Mechernicher Stadtgebiet abgesagt, verkündete Eichen. Betroffen waren die Züge in Mechernich, Glehn, Wachendorf, Weiler am Berge und Weyer.

Getroffen wurde die Entscheidung in einer Sitzung mit den Zugleitern der fünf Orte sowie von Feuerwehr, DRK und der Stadtverwaltung, die durch Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und das Ordnungsamt vertreten war. Zum ersten Mal werde damit in Mechernich ein Karnevalszug wegen einer Sturmwarnung abgesagt, hieß es. Die bisher einzige Absage gab es 1991 – wegen des Golfkrieges.

„After-Zoch-Partys“ finden statt

„Dachziegel und Äste, die von den vorhergehenden Stürmen gelockert wurden, aber auch lose Teile in den Wagenaufbauten könnten Gefahren für Zugteilnehmer und Zuschauer bergen“, begründete Eichen die Entscheidung.

Allerdings würden die „After-Zoch-Partys“ in den Orten wie geplant stattfinden. Der Festausschuss Mechernicher Karneval (FMK) habe die Initiative ergriffen, erläuterte der Mechernicher Zugleiter Kevin Hembach. „Wir haben uns bis jetzt Sorgen gemacht. Und jetzt kommt die Trauer“, sagte er. Die Beteiligten würden das nicht gerne machen. „Besonders, wo wir beim FMK 60. Vereinsjubiläum haben“, ergänzte sein Bruder Marcel, Vizepräsident des Festausschusses.

Um 9.30 Uhr habe er sich mit der Mechernicher Feuerwehr getroffen, um über die deutlich gestiegenen prognostizierten Windgeschwindigkeiten zu sprechen, sagte Hembach: „Wir hatten mit den anderen Zugleitern aus dem Stadtgebiet Kontakt und haben dann zu einer gemeinsamen Sitzung eingeladen.“ Alle seien sich über die Absage einig gewesen.

Züge sollen nachgeholt werden

„Auch viele andere Städte und Karnevalshochburgen wie Köln haben Züge abgesagt“, sagte Bürgermeister Schick mit Blick auf die regionalen Nachrichtenseiten. „Die Wagenaufbauten sind jetzt alle für die Katz“, schilderte Felix Prinz aus Wachendorf die Folgen für die Vereine. Vereinzelt würden die Zügen vielleicht nachgeholt, doch das stehe im Einzelnen noch nicht fest. Auch wenn noch kein Termin genannt worden ist, für den Kernort Mechernich ist die Entscheidung bereits gefallen.

„Der Zug wird in Mechernich nachgeholt“, kündigte Kevin Hembach an. Das werde allerdings nicht zeitnah passieren, sondern wahrscheinlich im Frühjahr. „Mein Respekt für das FMK und die anderen Zugleiter, das war keine leichte Entscheidung, gerade im Jubiläumsjahr“, begrüßte Sascha Zuikerland, Gemeinschaftsleiter beim DRK, die Entscheidung. Da das DRK seit langem den Rettungsdienst für den Mechernicher Zug übernimmt, hatte Zugleiter Hembach auch dessen Vertreter in die Entscheidung eingebunden.

Auch in Weyer soll der Zug nachgeholt werden. „Wenn alles klappt, wollen wir in diesem Jahr noch einen Zug stattfinden lassen“, so Zugleiter Björn Wassong. Als Vorschlag sei der Pfingstsonntag ins Auge gefasst worden.

Euskirchen

In Roitzheim waren Prinz Wilfried I. (Toussaint) und Prinzessin Samantha I. (Toussaint-Jörg) untröstlich, beide hatten Tränen in den Augen. „Es war eine wunderschöne Reise, doch das Finale ist uns nicht gegönnt worden“, sagte der Narrenherrscher der KG Rözeme Pannejecke. Am Sonntagmittag hatten der Vorstand und die Tollitäten schweren Herzens beschlossen, den Roitzheimer Karnevalszug abzusagen.

„Die Sicherheit geht vor. Um 13.30 Uhr waren die Wetterprognosen einfach zu schlecht, wir hatten keine andere Wahl“, sagte Toussaint, für den die Teilnahme am Südstadtzug und am Rosenmontagszug in Euskirchen kein Trost sind. Für seine Tochter Samantha und ihn war der Zoch im Heimatdorf als absoluter Höhepunkt der Session fest eingeplant. Doch das Wetter machte den beiden und den vielen anderen Jecken, die auf Wagen und zu Fuß durch das Dorf ziehen wollten, einen Strich durch die Rechnung.

Kein Ersatzzug gewünscht

14 Gruppen hatten sich angemeldet, wie der Vizepräsident des Vereins, Harry Schulz, erzählte. Am Sonntag trat aber schon früh ein Krisenstab zusammen. „Seit 8 Uhr haben wir beraten“, so Schulz. Ausschlaggebend für die Absage seien Wettervorhersagen aus mehreren Quellen gewesen, die vor schweren Sturmböen gewarnt hätten.

Die Lust am Feiern ließen sich die Pannejecke und andere Karnevalisten aber nicht nehmen. Sie trafen sich – allerdings deutlich früher als an einem normalen Nelkensonntag – im Dorfsaal. „Nach der jetzigen Gemütslage wird es keinen Nachholtermin geben“, sagte dort Harry Schulz. Eine endgültige Entscheidung darüber sei aber noch nicht gefallen. Für das Prinzenpaar ist die Sache derweil klar, wie Wilfried I. betonte: „Wir wollen keinen Ersatzzug. Die Stimmung könnte nicht so sein, wie sie heute gewesen wäre.“

Euenheim ohne Zug und Party

Trauer auch in Euenheim: Das dritte Sturmtief innerhalb der vergangenen drei Wochen traf auch die Karnevalsgesellschaft Eueme Trööte, die ihren Sonntagszug durch den Ort absagen musste. „Wir haben lange überlegt, dann aber schweren Herzens im Vorstandskreis entschieden, den Zug aus Sicherheitsgründen abzusagen“, so KG-Präsident Peter Degen. Die Entscheidung fiel knapp zwei Stunden vor dem geplanten Zugbeginn und wurde über Facebook, Mundpropaganda sowie über Telefonate den elf Gruppen mit rund 300 Teilnehmern mitgeteilt.

Auch die vorgesehene Party im Festzelt fiel aus. Für Sonja Jostock vom Vorstand der Euenheimer ist dies eine Katastrophe. „Unserem Verein gehen Einnahmen im fünfstelligen Bereich verloren, die wir nicht auffangen können“. Die Idee, den Zug am Veilchendienstag um 15 Uhr nachzuholen, wurde am Sonntagabend verworfen. Die Teilnehmerzahl wäre zu gering gewesen.

Denn viele, die am Sonntag hätten mitgehen wollen, müssen am Dienstag wieder arbeiten. In Euenheim gingen die Anwohner zur Trotzstimmung über und feierten trotzdem ihren Karneval. Die hergerichteten Garagen dienten als Ambiente und eine Gruppe Zwerge, denen um die Mittagszeit noch das Dach des eigenen Zeltes weggeflogen war, zog zum Wohle der Kinder dennoch durch den Ort und versprühte ein wenig Zochjeföhl.

Heimbach

Auch in Heimbach wurde der Zoch abgesagt. „Das ist alles zu gefährlich“ sagte Bürgermeister Peter Cremer kurz nach der Entscheidung. Die Heimbacher Karnevalsvereine hatten sich vor der Absage mit dem Bürgermeister und den Sicherheitskräften beraten. Ein Problem sei gewesen, dass die Feuerwehr schon Einsätze fahren musste und deshalb nicht die Sicherung des Zuges garantieren konnte, sagte die Vorsitzende der Kinderkarnevalsgemeinschaft Heimbach, Annette Breuer-Paulmann.

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„Wir sind jetzt ein bisschen traurig“, fügte sie hinzu. Glücklicherweise gehe der Verein schon seit ein paar Jahren im Vlattener Zug an Veilchendienstag mit. So könnten die Kinder doch noch in einem Zoch dabei sein – und die Kamelle müssten nicht entsorgt werden.

Bürgermeister Cremer kündigte an, der Zug solle nachgeholt werden. Wann, das stehe aber noch nicht fest. Den Zug einfach an den noch folgenden Karnvelastagen zu veranstalten, ginge nicht, da es so schnell keine Genehmigungen vom Ordnungsamt geben könne, erklärte der Bürgermeister.

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