Logistikzentrum Weilerswist600 weitere Mitarbeiter von „dm“ müssen in Quarantäne

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Hinweisschild auf das dm-Verteilzentrum in Weilerswist

Kreis Euskirchen – Im „dm“-Logistikzentrum Weilerswist sind weitere 600 Mitarbeiter in Quarantäne geschickt worden. Bisher waren lediglich 200 Mitarbeiter der Nachtschicht in der Palettenkommissionierung in häuslicher Absonderung. Als am Mittwoch fünf weitere Infektionen bekannt geworden waren, hatte das Gesundheitsamt des Kreises zunächst keine weiteren Maßnahmen für erforderlich gehalten, da sich diese Mitarbeiter bereits in Quarantäne befanden. Auch ging der Kreis davon aus, dass nur die Nachtschicht betroffen war. Das erwies sich als Trugschluss.

Gesundheitsamt des Kreises Euskirchen erforscht Infektionscluster

Da sich die Wohnorte der insgesamt 94 infizierten Mitarbeiter über viele Kreise und Städte erstrecken, forschte das Gesundheitsamt bei den dortigen Ämtern nach. Dabei stellte sich heraus, dass keinesfalls nur die Nachtschicht betroffen ist, sondern alle Schichtgruppen der Kommissionierung. Das Infektionscluster war folglich die Kommissionierungshalle.

Nach vorläufiger Analyse, so teilte der Kreis mit, sei bei 70 Prozent der positiv Getesteten die britische Corona-Variante festgestellt worden. Als unmittelbare Schutzmaßnahme seien daher jetzt alle 600 Mitarbeiter in den drei Schichten der Kommissionierung als ansteckungsverdächtig abgesondert worden. Aus diesem Grund seien im Gegensatz zur ersten Absonderung, bei der ja nur ein Teil der Belegschaft in Quarantäne musste, diesmal keine zusätzlichen Massentests vorgesehen, teilte der Kreis mit.

Christian Bodi, als Geschäftsführer verantwortlich für das Ressort Logistik bei „dm“, auf Anfrage der Redaktion: „In enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden vor Ort wurde entschieden, vorsorglich häusliche Quarantäne für insgesamt 800 Kolleginnen und Kollegen, die in den betreffenden Bereichen tätig waren, anzuordnen. Die Behörden haben wiederholt unsere vorbildlichen Hygienestandards bestätigt.

Wir nehmen diese sehr ernst und prüfen sorgfältig unser Konzept sowie die Umsetzung. Wir haben sofort reagiert und Maßnahmen ergriffen, um die Verfügbarkeit von Produkten in unseren dm-Märkten sicherzustellen. Die Versorgung der dm-Märkte kann durch Kolleginnen und Kollegen, denen keine Quarantäne verordnet wurde, weiterhin erfolgen. Zudem haben wir die Kapazitäten in unseren Verteilzentren in Waghäusel und Wustermark ausgeweitet.“

Die nächste Mutation ist da

Auch sonst war der Freitag aus Sicht des Kreisgesundheitsamtes kein guter Tag: Erstmals ist im Kreis auch die brasilianische oder südafrikanische Variante nachgewiesen worden. Das genaue Ergebnis soll eine weitere Sequenzierung ans Tageslicht bringen. Auch die britische Variante hat sich im Kreis bereits sehr verbreitet. Ihr Anteil am Infektionsgeschehen liegt im Kreis derzeit bei mehr als der Hälfte der Fälle.

Ab Montag droht dem Kreis weiteres Ungemach. Denn die Zahl der Infektionen steigt weiter rapide an. Nach 62 Neuinfektionen wurde am Freitag die Sieben-Tage-Inzidenz des Kreises vom Landeszentrum Gesundheit (LZG) mit 132,7 angegeben.

Noch am Donnerstag hatte das LZG den Wert mit 78,5 und am Mittwoch mit 83,5 angegeben. Die LZG-Werte von Mittwoch und Donnerstag, so hatte indes die eigene Berechnung der Redaktion ergeben, spiegelten wegen der inaktuellen Datengrundlage des LZG nicht das tatsächliche Infektionsgeschehen im Kreis.

Notbremse zu verhindern?

Zu dieser Erkenntnis ist am Freitag auch das LZG gekommen. Und das beschert der Kreisverwaltung nun ein arbeitsintensives Wochenende. In der NRW-Coronaschutzverordnung, die das Land am Freitag veröffentlichte, ist nämlich die in der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbarte „Notbremse“ enthalten. Die schreibt die Rückkehr in einen schärferen Lockdown vor, sobald ein Kreis oder eine kreisfreie Stadt an drei Tagen hintereinander eine Inzidenz jenseits der 100 aufweist.

Entscheidend dafür sind die täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums. Daher teilte der Kreis am Freitagnachmittag im ersten Anlauf mit, dass aktuell für den Kreis Euskirchen keine „Notbremse“ gelte und somit Geschäfte und sonstige Einrichtungen öffnen dürften. Denn laut LZG-Werten habe ja der Kreis am Freitag die 100er-Grenze erstmalig überschritten.

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Anderthalb Stunden später war die Welt eine andere. Zwischenzeitlich war auch das LZG auf den Trichter gekommen, dass die an den Vortagen herausgegebenen Zahlen nicht das wahre Infektionsgeschehen spiegelten. Damit liegt der Kreis nun ganz offiziell seit drei Tagen über der Inzidenz von 100 und ist somit ein Kandidat für die Notbremse.

Ob die am Montag wirklich gezogen werden muss, soll sich am Wochenende herausstellen. In Paragraf 16 der Coronaschutzverordnung gibt es eine völlig neue Regelung. Die ermöglicht es in Kreisen, die ein ausreichendes, flächendeckendes und ortsnahes Angebot für kostenlose Bürgertestungen haben, dass die Bürger Geschäfte und Einrichtungen weiter nutzen dürfen, wenn sie einen tagesaktuellen, negativen Schnell- oder Selbsttest vorweisen können. Das sieht man im Kreishaus als gegeben an und will noch am Wochenende eine entsprechende Befreiung von der Notbremse bei der Landesregierung erwirken.

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