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„Get the Fuck out of my House“Kandidaten stürmen Haus für Pro7-Show in Satzvey

Lesezeit 6 Minuten
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Die Teilnehmer stürmen das Haus in Satzvey.

Mechernich-Satzvey – Wer berühmt werden will, muss mitunter Einiges auf sich nehmen – und so manch steilen Anstieg bewältigen. Manchmal sind es aber auch nur zwölf Höhenmeter verteilt auf einer Länge von 400 Metern, die reichen, um eine TV-Karriere ins Wanken zu bringen – bevor sie überhaupt begonnen hat.

Einige der Kandidaten der TV-Show „Get the Fuck out of my House“, die der Fernsehsender Pro7 seit Samstag in Satzvey dreht, sind nach dem Weg von der Burg bis vor das Haus ganz schön ins Schwitzen geraten. Bewohner Jens konsultiert vor seinem Einzug sogar einen Arzt, um anschließend im Haus zu verschwinden und den Weg zur TV-Karriere wieder aufzunehmen.

Ohne Probleme schafft es Kandidatin Serap ins Haus – vielleicht liegt es an den schwarzen Plüsch-Schlappen, die sie mit knöchelhohen, roten Netzstrümpfen samt Schleife trägt. Kleider machen eben auch heute noch im TV Leute.

Mit Jens gehört sie zu den 100 Kandidaten, die in den kommenden drei Wochen in Satzvey in einem Einfamilienhaus leben, um bis zu 100.000 Euro kämpfen und sich dabei Tag und Nacht filmen lassen. Die Realityshow, die es so noch nicht in Deutschland im TV gegeben hat, ist eine Art Big Brother unter verschärften Bedingungen.

So gibt es beispielsweise für die Kandidaten nur vier Betten und ein Bad. Wenn alle Stricke reißen, nehme er eine leere Flasche und pinkele da hinein, sagt ein Kandidat während des Interviews mit einer Pro7-Moderatorin. Das wird etwa zwei Stunden vor dem Einzug mitten im Ort geführt und macht deutlich, auf welchem Niveau sich die Show bewegen dürfte. Sollte er gewinnen, wolle er das Geld in Film-Equipment investieren. Schließlich sei er eine Art Facebook-Star und habe mehr als 415.000 Follower – also Fans.

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Die Motivation, bei dem Projekt mitzumachen, sei aber eine andere. „Natürlich will ich meine Bekanntheit steigern. 90 Prozent der Menschen machen doch bei so etwas mit, um berühmt zu werden. Wer das nicht tut, macht sich etwas vor“, sagt er. Spannend für ihn sei es aber auch, herauszufinden, wie lange er es unter diesen Bedingungen im Haus aushalte. Zum Schluss des kurzen Drehs soll der junge Mal einmal im Sprint die Straße runter laufen. Gesagt, getan. Er hat beim Weg zum TV-Sternchen anscheinend keine konditionellen Probleme. Bei den Filmaufnahmen auf dem Weg ins Haus hält er sich im Hintergrund.

Es geht ja auch deutlich langsamer zu. Im Schritttempo machen sich die Kandidaten gegen 15.45 Uhr vom Burghof auf den Weg zu ihrer drei Wochen langen Wahlheimat. Dabei haben sie nur das, was sie am Köper tragen und eine Plastikbox aus einem großen schwedischen Möbelhaus mit weiteren Klamotten und ein paar Hygiene-Artikeln. Begleitet werden sie von einer Handvoll Kameraleuten. Immer wieder muss die Gruppe stoppen, da sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln gefilmt werden muss – mal nur die Gesichter, mal nur die Füße.

Das Ganze unter den interessierten Blicken einiger Satzveyer. „Ich hätte nicht gedacht, dass so ein Aufwand hinter so einer Sendung steckt“, sagt einer. Ihn störe es nicht, dass „Get the Fuck out of my House“ in seinem Ort gedreht werde. Andere Satzveyer sind davon weniger angetan. Sogar bei der Sitzung des Mechernicher Stadtrats war das Fernsehprojekt Thema und wurde kritisch diskutiert. Zuvor hatte die Stadt eine Baugenehmigung bis Anfang Juni erteilt.

Die ist bei einer solchen Nutzungsänderung – ein Drehort ist eben kein Wohnhaus im eigentlichen Sinne – unerlässlich. „Seit Wochen stehen zahlreiche Autos der Produktionsfirma und des Fernsehsenders in den Straßen und blockieren die Parkplätze der Anwohner“, klagt eine Anwohnerin.

Bänder samt Plastikkarte 

Dass die TV-Produktion bei manchen Satzveyern nicht auf Gegenliebe stoße, sei den Verantwortlichen noch nicht zu Ohren gekommen. „An uns sind keine Klagen herangetragen worden. Wir sind hier willkommen. Schließlich begrüßt man uns hier mit gutem Wetter“, versichert eine Pro7-Sprecherin.

Im weiteren Gespräch mit dieser Zeitung berichtet sie, dass sie selbst bei dem Format auf keinen Fall mitmachen würde. Wer dieser Tage in Satzvey zum Sender oder der Kölner Produktionsfirma „Ufa Show and Factual“ gehört, ist unschwer an den wichtig machenden Bändern samt Plastikkarte zu erkennen. Manch einer trägt zudem noch modische T-Shirts samt „Security“ oder „Crew“ Aufdruck: Die sind dann wirklich wichtig.

Wichtig ist auch der Mitarbeiter, der sich bereits gegen Mittag auf dem Stuhl am Garteneingang des Hauses niedergelassen hat. Allerdings interessiert der sich für das Treiben rund um die Burg nur bedingt. Er blättert lieber in einem Magazin. „Ich soll darauf achten, dass niemand versucht, auf das Grundstück des Hauses zu gelangen“, erklärt er.

Geht es nach einer Anwohnerin ist seine Arbeit unnötig. „Wer will denn freiwillig in so ein Haus und Teil einer solchen Sendung sein“, sagt sie. Sie werde sich die Show im Fernsehen auf keinen Fall anschauen. Als Zaungast kann sie das Treiben in Haus und Garten des Anwesens nicht mitverfolgen. Rund um das Haus ist ein Zaun mit schwarzem Sichtschutz aufgebaut – und der wird auch noch bewacht.

Als erstes wählen die Kandidaten einen Chef

Die 100 Kandidaten der Pro7-Show „Get the Fuck out of my House“ sind in das Haus Am Mühlenberg in Satzvey angezogen. Dort werden sie bis zum 24. Mai Tag und Nacht von Kameras beobachtet. Allerdings werden nicht alle Teilnehmer bis zum Ende dabei sein. Gleich zu Beginn wählen die Kandidaten einen Chef, der mit den Worten „Get the Fuck out of my House“ (etwa: Hau ab aus meinem Haus) andere Bewohner rauswerfen kann.

Das ist mitunter aber nicht zwingend notwendig, denn unter den verschärften Bedingungen des Zusammenlebens werfen etliche Teilnehmer von sich aus das Handtuch. Schließlich gibt es für die 100 Bewohner nur eine Toilette, vier Betten und einen Kühlschrank, der nicht immer brechend voll sein wird.

Allerdings geht es in den gut drei Wochen nicht nur um die Interaktion im Haus. Die Kandidaten müssen auch unterschiedliche Aufgabe erfüllen. Die Hauptaufgabe jedes Einzelnen ist es, am besten bis zum Ende im Haus zu bleiben. Dann winkt ein Gewinn bis zu 100.000 Euro. Im Gegensatz zu „Big Brother“ wird die Sendung nicht live ausgestrahlt.

Wann „Get the Fuck out of my House“ auf Pro7 zu sehen sein wird, steht nach Angaben einer Sprecherin des Senders noch nicht fest. Die Rede ist von der zweiten Jahreshälfte. (tom)

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